aufmerksam, glaubhaft

Weisheit teilen

Erneuere auch unser Herz
und gib uns den Geist
der Klarheit und des Muts
denn das Gesetz des Geistes
der uns lebendig macht in Christus
hat uns befreit
von dem Gesetz der Resignation

Lehre uns die Kraft
der kleinen Leute zu spüren
und keine Angst mehr zu haben
wenn wir widersprechen

Erneuere auch unser Herz
und lass uns wieder miteinander reden
lehre uns zu teilen statt zu resignieren:
das Wasser und die Luft,
die Energie und die Vorräte
zeig uns, dass die Erde dir gehört
und darum schön ist

Dorothee Sölle

 

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aufmerksam, feminin

Glücklich ohne eigene Kinder – für Frauen weiterhin ein Standpunkt, der mit viel Kritik bestraft wird

„Nach wie vor wird von Frauen gerade in Deutschland erwartet, sich der Mutterrolle ganz hinzugeben, ihr zumindest eine Zeit lang oberste Priorität einzuräumen und andere Ziele weit hintenan zu stellen. Mädchen und Frauen merken in unserer Gesellschaft früh, dass Kinderkriegen eine Abwägungssache ist: zwischen Autonomie einerseits und der Gefahr jahrelanger Mehrfachbelastung und Selbstaufgabe andererseits. (…)
Aber das verträgt sich natürlich nicht mit der Mär vom Mutterinstinkt, den Frauen natürlicherweise haben sollen. Und wenn sie dem nicht selbstlos nachkommen, gelten sie als selbstsüchtig, gefühlskalt und irgendwie nicht normal. Die „Natur“ scheint dabei keine Freundin der Frau zu sein, denn sie wird rhetorisch immer gegen ihr Recht auf Entscheidungsfreiheit über ihr eigenes Leben in Stellung gebracht. (…)
Vielleicht werden den freiwillig kinderlosen Frauen auch deshalb die angeblich tickenden Uhren vorgehalten: Wenn man ihnen schon keine sonstigen Anreize schaffen kann, will man ihnen nun Angst machen, dass sie aufgrund ihrer „Natur“ psychologische Schäden erleiden, wenn sie keine eigene Familie gründen wollen. Unsere Gesellschaft, so scheint es, lauert fast spöttisch auf das späte Bedauern der Kinderlosen: „Du wirst es später mal bereuen.“ Diesen Satz hören Frauen wie ich so häufig, explizit und implizit, dass es schwer ist, ihn nicht zu verinnerlichen und sich zu fragen, ob vielleicht tatsächlich etwas nicht stimmt. (…)
Männern wird zugestanden, dass sie ihrem Bedürfnis nach Selbstentfaltung in verschiedener Weise nachkommen und deshalb Kinderlosigkeit verkraften können. Die kinderlose Frau hingegen gilt als tragisch und einsam. Oder als Opfer der Emanzipation, das seine natürlichen Bedürfnisse einfach nicht mehr sehen kann.
Für kinderlose Frauen gibt es gesellschaftlich gesehen keine positiven Role-Models. Als Gegenmodell zur Mutter gibt es nur die verhärmte, gefühlskalte Karrierefrau (was natürlich lächerlich ist, schon allein wenn man bedenkt, wie wenig Frauen es immer noch in Führungspositionen gibt). Aber davon mal abgesehen: Das Bild von der spröden Frau im grauen Kostüm hinterm Schreibtisch passt weder zu mir noch zu den Frauen, die ich kenne. Für uns ist ein Leben ohne Kind so selbstverständlich, dass wir uns noch nicht einmal bewusst dagegen entschieden haben. Die Frage hat sich für mich und meine kinderlosen Freundinnen einfach nie gestellt.
Studien zeigen, dass kinderlose Paare im Durchschnitt zufriedener als Eltern sind. Sie weisen oft einen stärkeren inneren Zusammenhalt auf, da sie mehr gemeinsame außerhäusliche Aktivitäten unternehmen und der intellektuelle und emotionale Austausch größer ist. Ihre Beziehung ist oft gleichberechtigter als die von Ehepaaren, denn normalerweise ist es immer noch die Frau, die ihr Leben mehr an die neuen Herausforderungen anpassen muss. Es gibt gute Gründe, Kinder zu bekommen – es gibt allerdings auch gute Gründe dagegen.(…)
In Wahrheit lässt einem Kinderlosigkeit eher mehr Raum, sich sozial und gesellschaftspolitisch zu engagieren. Und statt sich in die Familie zurückzuziehen, schaffen viele Kinderlose heute neue Formen des solidarischen Zusammenlebens, die unsere alternde Gesellschaft dringend braucht. (…) Sie machen so auch ihre Unzufriedenheit über die herkömmlichen Familienkonzepte und Geschlechterverhältnisse nach außen deutlich, denn sie schaffen Alternativen abseits der gewohnten Kleinfamilie, die dann auch wieder das Zusammenleben mit Kindern ermöglichen – es müssen ja nicht immer zwingend die biologisch eigenen sein. (…) Denn Kinder, um die man sich im eigenen Umfeld kümmern kann, gibt es schließlich genug – und die Eltern sind oft für Unterstützung sehr dankbar.
Es gibt viele Möglichkeiten, als Frau zu leben. Je mehr Formen von Weiblichkeit sichtbar und „normal“ werden, um so mehr kann es Frauen nützen. Und zwar allen Frauen.“
Sarah Diehl

 

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Wer den Artikel, dessen Auszüge ich hier teile, gerne weiter verfolgen will und wen die Argumentationslinien über die Renten-Diskussion, das Egoismus-Klischee, den Umwelt-Aspekt des Themas und weitere Thesen interessieren:
Die Brigitte Nr. 23 vom 22.10.2014 (aus deren Dossier die Zitate stammen) ist zwar nicht mehr im Handel zu erwerben, aber in vielen Bücherhallen und Bibliotheken vorhanden.
Aktuell ist der Artikel auch online lesbar.
Das Buch von Sarah Diehl zu diesem Thema ist hier zu finden.

aufmerksam, glaubhaft

Buchempfehlung: „Dienstanweisung für einen Unterteufel / The Screwtape Letters“ von C. S. Lewis

„Dank unserem Vater in der Tiefe ist dein Patient ein Dummkopf. Es braucht nur einer von diesen Nachbarn (in der Kirchenbank) falsch zu singen, quitschende Stiefel zu tragen, ein Doppelkinn haben oder merkwürdig gekleidet zu sein, und schon wird dein Patient ganz leicht zu der Auffassung kommen, dass ihre Religion aus diesem Grund etwas Lächerliches an sich haben müsse. (…) Arbeite also hart an der Enttäuschung oder Ernüchterung, die den Patienten während seiner ersten Wochen als Glied der Kirche mit Sicherheit erwartet. (…) Haben sie erst einmal diese anfängliche Dürrezeit erfolgreich hinter sich gebracht, werden sie viel unabhängiger von Emotionen und sind darum viel schwerer in Versuchung zu führen.“

Wormwood ist ein junger Unterteufel, der sein erstes Opfer, genannt „Patient“, der Hölle und damit „unserem Vater in der Tiefe“ zuführen soll. Leider hat der Patient vor Kurzem Gott kennengelernt und interessiert sich aktuell in den Augen der höllischen Kräfte zu sehr für ein Leben, das authentisch und sinnvoll ist. So versucht sein Onkel Screwtape mit Hilfe von Briefen, ihm nützliche Ratschläge zu geben, wie dieser Mann langfristig zu Grunde gehen kann.

„Wie du es auch anstellst, es wird sowohl Güte als auch Bosheit in der Seele deines Patienten vorhanden sein. Der große Trick besteht darin, die Bosheit auf seine unmittelbaren Nächsten auszurichten, denen er jeden Tag begegnet, und ihn die Güte in weite Ferne schleudern zu lassen, zu Leuten, die er nicht kennt. Auf diese Weise wird die Bosheit völlig real, während die Güte weitgehend imaginär bleibt.“

„Dienstanweisung für einen Unterteufel“ ist ein Klassiker des Literaturprofessors C. S. Lewis, der viele weitere bekannte Bücher geschrieben hat (z. B. „Die Chroniken von Narnia“). Er beschreibt die Kräfte der Zerstörung als kleine Geschehnisse und Gedanken, die unablässig die betroffene Person ablenken, verunsichern, abstumpfen und langfristig lebensmüde werden lassen. So hilft dieses Buch, im Alltag das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen und stets das im Leben vor Augen zu behalten, was wirklich zählt:

„Der Feind möchte, dass (JedeR) am Ende so frei von jeder Befangenheit zu seinen Gunsten ist, dass er sich über seine eigenen Begabungen ebenso frei und dankbar freuen kann wie über die Begabungen seines Nächsten – oder auch über einen Sonnenaufgang, einen Elefanten oder einen Wasserfall.
Er möchte, dass jeder Mensch letzten Endes fähig ist alle Geschöpfe (auch sich selbst) als herrlich und großartig zu erkennen. Ihre animalische Selbstliebe möchte er so schnell wie möglich abtöten, aber sein langfristiger Plan, fürchte ich, läuft darauf hinaus, ihnen eine neue Art von Selbstliebe zurück zu geben – eine Barmherzigkeit und Dankbarkeit gegenüber allen Menschen, einschließlich ihrer selbst. Wenn sie wirklich gelernt haben, ihre Nächsten zu lieben wie sich selbst, wird ihnen erlaubt werden, sich selbst zu lieben wie ihre Nächsten.
Denn wir dürfen niemals jenen abstoßendsten und unerklärlichsten Charakterzug unseres Feinde vergessen: Er liebt wirklich diese haarlosen Zweibeiner, die er geschaffen hat, (…).“

 

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„Die Menschen leben in der Zeit, aber unser Feind hat sie für die Ewigkeit bestimmt. Darum will er, glaube ich, dass sie sich vor allem auf zwei Dinge konzentrieren, nämlich auf die Ewigkeit selbst und jenen Punkt in der Zeit, den sie Gegenwart nennen. Denn die Gegenwart ist der Punkt, an dem Zeit und Ewigkeit sich berühren.“

aufmerksam, glaubhaft

Gut genug

 

Gut genug zu sein ist ein Fest für die Seele. Es ist wie Zu-Hause-Ankommen. Du atmest tief durch, die Tür fällt hinter dir ins Schloss, du hast genug getan. Du darfst du selbst sein.
Es ist jener Augenblick, wenn die nette innere Stimme nach vorn tritt und sagt:
„So ist es gut, das reicht so, wie es ist. Okay so!“
Es ist, als würden wir uns selbst mit den Augen eines guten Freundes (oder Gottes) ansehen, der uns liebt, auch wenn er um unsere Fehler weiß.
Der milde Blick des „gut genug“ bereichert das Leben. Denn sehr selten ist etwas nur gut oder nur schlecht. Aber wir sind daran gewöhnt, nach bester Qualität zu schauen. Jede neue Fernsehshow, jedes Automodell, jeder neue Mann im Leben schwebt zwischen Top oder Flop. Hit oder Niete. Weil aber top sehr selten ist, floppt das Leben so vor sich hin.
„Gut genug“ ist auch der Vorschlag, das Leben nicht zwischen „hammergeil“ und „derb scheiße“ zu vergeuden.

 

Psychologe Oskar Holzberg, aus „Die Sommer-Brigitte 2014“

 

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aufmerksam

Kindermund: Verschwendung verhindern

Szene aus meinem Alltag als Logopädin

Mit einem Mädchen im Kindergartenalter übe ich das richtige Schluckmuster. Als Hausaufgabe soll sie beim Abendbrot die erste Scheibe Brot mit Konzentration korrekt schlucken, danach darf sie ihren Hunger stillen, ohne weiter aufpassen zu müssen (später ist natürlich das Ziel, dass sie die gesamte Mahlzeit korrekt schluckt).
Eine Woche später berichtet das Mädchen, dass sie die erste Scheibe wirklich „mit Aufpassen gegessen“ habe, aber danach nicht weiter geübt habe, denn:
„(…) Ich wollte ja nicht das ganze Brot mit Arbeit verschwenden.“

aufmerksam

Cosmea: Blume meines Herzens

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Die Cosmea ist, zusammen mit Phlox, mit sehr großem Abstand meine absolute Lieblingsblume -warum auch immer. Vielleicht, weil es mich an viele Sommer in Skandinavien sowie den Garten meiner Eltern erinnert.
Leider gibt es Cosmeen nur selten im Blumenladen zu kaufen. Wenn überhaupt, dann entdecke ich sie frisch auf dem Wochenmarkt. Insofern bleibt ihr Status als rare Lieblingsblume gut erhalten – umso mehr, da wir leider keinen Garten haben, um sie anzupflanzen. Zufällig (Danke, Gott!) hatte der örtliche Blumenmann auf dem Wochenmarkt einen großen Eimer voll Cosmeen aus den Vierlanden mitgebracht, sodass ich ihm ein Bund abkaufte und sie hier ohne jedes Beiwerk in einer meiner Lieblingsvasen aus dem Antiquariat aufstellte.

 

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Zusammen mit charmanter Dekoration in Grau-Weiß, Sammelstücken aus verschiedenen Jahren, ergibt sich ein schönes Arrangement.

 

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Zauberhafte Blüten sind auch bei Holunderblütchen zu entdecken.

aufmerksam, glaubhaft

Täglich betet das Murmeltier

Bei uns in der Kirche haben wir einen freundlichen älteren Mann, der seit Jahren in jedem Gottesdienst das Gleiche betet – mit minimalen Abweichungen. Dazu sei gesagt, dass wir neben Gebeten, die von vorn von den PastorInnen und Gemeindemitgliedern gesprochen werden, auch Gebetszeiten haben, in denen wir vor Gott still sind und laut oder leise beten – wer laut betet, tut dies von ihrem / seinem Platz aus, beendet das Gebet mit „Amen“ und die Gemeinde unterstützt das Gebet ebenfalls mit „Amen“.
Nun betet dieser alte Herr jeden Sonntag laut und dankt Gott für diesen herrlichen Morgen (unabhängig von Wetterlage und politischer Situation), für die Möglichkeit, sich in aller Freiheit im Gottesdienst zu versammeln und dafür, dass Gott auch „in all unsern Schwääächen und Gebreeechen uns naaaahe ist“.
Noch vor einigen Jahren habe ich innerlich mit den Augen gerollt, wenn dieser alte Herr sein Gebet sprach, das zwar frei formuliert ist, aber dem wöchentlichen Gebet der letzten zehn Jahre auf´ s Haar gleicht: Die Schwääächen und Gebreeechen waren mir wohl bekannt, und ich hätte mir allzu oft gewünscht, dass jemand anderes aus der Gemeinde betet und damit die stille Zeit abwechslungsreicher wird. Später habe ich mir vor Augen gehalten, dass er ist, wie er ist, und so von Gott geliebt wird – an ihn sind die Gebete schließlich gerichtet, nicht an mich.

Neulich am Sonntag wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie wertvoll das Gebet dieses Mannes ist:
Es ist wertvoll, unabhängig von der eigenen Laune, dem Wetter und der Wirtschaftslage Gott „für diesen herrlichen Tag“ zu danken. Wir haben mehr Grund zum Danken als zum Jammern, also lasst uns dessen bewusst sein!
Es ist wertvoll, sich vor Augen zu halten, dass Religionsfreiheit ein schwer erkämpftes und in unseren Zeiten umkämpftes Gut ist! Lasst uns den Gottesdienst genießen, statt ihn pflichtbewusst abzusitzen! All die Menschen, die unter Verfolgung und den Auswüchsen eines Regimes leiden und sich nur heimlich unter großer Gefahr zum Gottesdienst treffen können, brauchen unser Gebet.
Es ist wertvoll, von anderen Menschen an „Schwääächen und Gebreechen“ erinnert zu werden, auch wenn es uns selbst gut geht – erstens wird niemand von uns langfristig von Krisen verschont und da ist es hilfreich, zu wissen, an wen ich mich wenden kann: An Gott und an FreundInnen, die für mich einstehen, wenn meine Hoffnung und Zuversicht nicht bis Morgen reicht. Und zweitens gibt es immer jemanden in unserem Bekanntenkreis, die oder der eine schwere Zeit erlebt und von uns Unterstützung verdient. Leider ist in unserer Gesellschaft Leistung, Fitness, Schönheit und Prestige wichtiger als die Weisheit der Vergänglichkeit. Es täte uns gut, öfter darüber nachzudenken – auch darüber, dass wir unsere Gesundheit geschenkt bekommen und sie nicht verdient haben.
In diesem Sinne danke ich für diesen herrlichen Morgen, für Gottes Gegenwart und für die Religions- und Meinungsfreiheit, dank derer ich dies schreiben kann.

aufmerksam

Getrödelt – gefunden – gefreut: Barocker Rahmen

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Dieser Rahmen, den ich von Privat erstand, ist natürlich nicht aus dem Barock – hat aber barocke Formen. Er wurde mir als „aus Holz“ angepriesen, was er aber definitiv nicht ist: Er wiegt fast nichts.
So alt, wie er erscheint, kann er unmöglich aus leichtem Kunststoff sein, denn den gibt es erst seit einigen Jahrzehnten. Das Gewicht ist derart gering, dass ich auf eine Art Pappmaché tippe, die in eine Form gegossen und gepresst wurde: Seit dem 15. Jahrhundert ist Pappmaché  in Europa bekannt, auch wenn dieser Rahmen sicher aus dem letzten Jahrhundert stammt…
An die Wand gehängt, lassen sich darin lose baumelnd einzelne alte Glashänger schön in Szene setzen – oder, als Stilbruch, könnte man eine Postkarte mit Tape an der Wand fixieren und den Rahmen als Umrandung nutzen (was mir geschmacklich definitiv nicht liegt, aber es wäre eine Möglichkeit).

 

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Weitere Schätze vom Flohmarkt gibt es bei Getrödelt – gefunden – gefreut.