aufmerksam, glaubhaft

Worüber würdest du dich freuen, wenn du ein armes Kind wärst?

Bei uns im Gottesdienst gibt es jeden Sonntag ein „Wort an die Kinder“. Sie werden altersgerecht angesprochen, erfahren Aufmerksamkeit und Wertschätzung seitens der Erwachsenen und verlassen anschließend den Gottesdienstraum für ein eigenes Kinderprogramm.
Heute übernahm ich relativ spontan sowohl einen Teil der Moderation als auch das „Wort an die Kinder“. Als Gesprächsanlass nahm ich das Paket für „Weihnachten im Schuhkarton“, das ich gepackt hatte und im Anschluss abgeben wollte.
„Weihnachten im Schuhkarton“ ist eine Initiative, die dazu einlädt, bedürftigen Kindern in Osteuropa und Asien ein Paket zu senden. Für drei unterschiedliche Altersgruppen gibt es Empfehlungen, welche Gegenstände benötigt werden und welche nicht eingepackt werden dürfen (aus Gründen der Sicherheit und Logistik, um Gläubige anderer Religionen zu respektieren oder um Kinder aus Kriegsgebieten nicht zu ängstigen). Je nach Religion vor Ort wird die Weihnachtsgeschichte als Heft beigelegt oder nicht. Die Pakete werden regional gesammelt, kontrolliert, beanstandete Gegenstände (wie Second-Hand-Kleidung, Gummibärchen mit Gelatine oder Kriegsspielzeug) entfernt und mit LKWs auf den Weg gebracht.
Da noch bis zum 15.11.2016 Päckchen gepackt werden können, teile ich heute mein „Wort an die Kinder“, das sich als Impuls sicher auch für andere Kirchengemeinden und Kindergottesdienste eignet.

Weihnachten im Schuhkarton

„Hallo Kinder, kommt doch mal zu mir nach vorn auf die Treppenstufe. Ich habe euch heute ein Paket mitgebracht. Und einen großen Beutel. Wer von euch nimmt bitte den Karton? Ich habe nämlich nicht so viel Platz auf meinem Schoß.
(Übergebe einem Kind, das gern den Karton halten möchte, den bunt beklebten Schuhkarton)
Jetzt schau mal in das Paket rein. Ist da was drin? Nee, das ist leer. Ich möchte mit euch heute ein Paket packen. Für ein Kind, das in einem anderen Land lebt und dessen Familie nur sehr wenig Geld hat. Stellt euch vor, ihr seid ein Kind in einem fernen Land. Mama und Papa müssen immer arbeiten, und obwohl sie so viel arbeiten, verdienen sie nur ganz wenig Geld. In dem Land ist es im Winter sehr kalt, und der eisige Wind pustet bis ins Haus rein. Das Haus ist nicht so gemütlich und warm wie bei uns, weil gute Häuser viel Geld kosten. Und das hat die Familie nicht. Bei der Familie gibt es nur so langweiliges Essen wie Reis und Kartoffeln, manchmal ein bißchen Gemüse. Aber keine Schokolade und keinen Kuchen, das ist zu teuer. Wenn ihr dort ein Kind wärt, hättet ihr nur wenig Spielzeug. Und das müsstet ihr euch mit den Geschwistern immer teilen. Wenn das Spielzeug kaputt geht, gibt´s erstmal kein neues. Wenn ihr wachst und die Hose zu kurz wird, oder der Pulli zu klein, dann müssen Mama und Papa extra arbeiten, um Geld für Klamotten zu verdienen. Und wenn in der Schule der Bleistift ganz klein geschrieben ist und die Filzstifte verbraucht, dann ist das Pech. So ist das Leben bei einer armen Familie. Da habt ihr das hier richtig gut, wenn wir mal drüber nachdenken.
Jetzt überlegt mal: Wenn ihr so ein armes Kind wärt, worüber würdet ihr euch freuen?
In diesem Beutel habe ich alle möglichen Dinge drin, die das Kind gut gebrauchen kann. Ihr sagt mir einfach eure Ideen und mal gucken, ob ich das ins Paket packen kann. Das Paket ist ganz in echt für ein Kind, das mache ich nachher zu und gebe es ab.

(Die Kinder nennen ihre Vorschläge, ich moderiere. Passende Gegenstände hole ich aus dem Beutel, gebe sie dem jeweiligen Kind, lasse sie einmal „untersuchen“ und den Gegenstand in den Karton legen. Vorschläge, zu denen ich nichts griffbereit habe, kommentiere ich wertschätzend und sage kurz, warum ich sie nicht dabei habe (Zu groß für einen Schuhkarton, nicht für den weiten Weg bis an den Zielort geeignet, habe selbst nicht dran gedacht, usw.) Sobald die Ideen weniger werden, lege ich den Beutel in die Mitte und die Kinder können reingreifen. Ich nenne, was sie herausholen, und warum das Kind diese Gegenstände braucht.)

Vielen Dank für eure Hilfe. Wir haben zusammen eine Überraschung für ein Kind vorbereitet. Jetzt kommt das Paket zu einer Sammelstelle und wird dort in einen Laster gepackt, damit es auf die Reise gehen kann. Es sind noch zwei Wochen Zeit, bis das letzte Paket abgegeben werden soll. Vielleicht habt ihr ja Lust, zusammen mit Mama und Papa praktische und schöne Sachen einzukaufen und auch einen Karton zu packen. Dann bekommt von uns nicht nur ein Kind ein Paket, sondern zwei oder drei oder vier Kinder können sich freuen.“

Weitere Impulse für Kindergruppen:

Frühjahrsputz im Herzen
Wie leben wir Christen Gemeinschaft?
Danke-Konfetti für Erntedank
Fasching: Wollen wir echt sein oder Masken tragen?
Pfingsten: Den Heiligen Geist kindgerecht erklären

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Buchempfehlung: „Regretting Motherhood: Wenn Mütter bereuen“ von Orna Donath

Ich habe keinerlei Kinderwunsch, entsprechend finden „unkonventionelle Diskussionen“ über „ungewöhnliche“ Lebensentwürfe, Familienpolitik und Geschlechterrollen bei mir meist Interesse und Wohlwollen. Natürlich gibt es auch Themen, die ich in Bezug auf Kinderwunsch und -erziehung schwierig finde. Da ich mich jenseits des „Du bist jung und gesund, gebär Kinder für Deutschlands Zukunft und um endlich deine Bestimmung als Frau zu finden“-Diktats bewege, sehe ich vieles offener als andere.
Entsprechend hat mich die Diskussion über „Regretting Motherhood“ (also Frauen, die bereuen, Kinder bekommen zu haben), überhaupt nicht schockiert: Ich finde es völlig naheliegend, dass es Mütter gibt, die nach der Geburt des ersten Kindes glücklich sind – genauso wie Mütter, die mit ihrer neuen Rolle hadern und nicht derart im veränderten Alltag aufgehen, wie es die Klischees darstellen. Würde ich schwanger werden, würde ich es jede einzelne Sekunde bereuen, sobald sich der blaue Strich auf dem Schwangerschaftstest zeigt. Da ich das hundertprozentig weiß, passe ich auf, dass es niemals dazu kommt.
Doch was, wenn Mütter dachten, sie würden sich über Nachwuchs freuen und sich dann in einer ganz anderen Wirklichkeit wiederfinden?

 

 

Haus am Deich

 

Orna Donath, eine israelische Wissenschaftlerin, hat 2008 erstmals begonnen, „dem Unausgesprochenen Raum zu geben“. Denn das etwas so Naturgegebenes wie die Mutterschaft die Frauen mit vielen Ambivalenzen und auch Ablehnung der eigenen Rolle erfüllt, durfte bis vor Kurzem einfach nicht gesagt werden. Weil es nicht gibt, was es nicht geben darf. In „Regretting Motherhood: Wenn Mütter bereuen“, dem vertiefenden Buch zur Studie, schreibt sie:

Welches Land ich auch betrachtete, das Bild blieb immer dasselbe: Frauen gebären, ziehen Kinder groß, nehmen die ungeheuren Mühen der Mutterschaft auf sich, aber dass sie diese bereuen könnten, kommt kaum jemals zur Sprache. (…)
Die durchgängige Botschaft lautet: Wenn du über 30 bist, wird dein Zeitfenster für die Gründung einer Familie allmählich kleiner. Du glaubst vielleicht immer noch, dass dich das nichts angeht, aber du täuschst dich; der Wunsch danach wird dich irgendwann überfallen, aber dann wird es zu spät sein: >Das wirst du noch bereuen!<
Wenn eine Gesellschaft die Nichtmutterschaft als einen gefährlichen und höchst bedauernswerten Zustand darstellt, kann sie damit einen Rahmen festlegen, der die Erlebniswelt von Frauen begrenzt, ohne Rücksicht darauf, dass deren subjektive Erfahrungen viel komplexer sind und weit darüber hinausgehen, als diese simple Behauptung erkennen lässt. Und während dieses Verwirrspiel aus Drohungen und Warnungen permanent gegen viele Frauen eingesetzt wird, wird die Kehrseite der Medaille verschwiegen: Die Stimmen derer, die ihre Mutterschaft im Nachhinein bereuen, bleibt ungehört, und weil sie nicht gehört werden, wird einfach angenommen, dass es sie nicht gibt.(…)
Ob der Partner manifesten, latenten oder unsichtbaren Druck ausübt, oft bleibt der traditionelle gegenderte Status quo erhalten, nach dem vor allem Männer profitieren, wenn der ursprüngliche Wunsch der Frau, nicht Mutter zu werden, unsichtbar oder ungehört bleibt und andere Familienmitglieder sich mit ihren Vorstellungen durchsetzen. Ihr Wünsche bleiben unausgesprochen oder ungehört, während der Partner zum >Familienboten< wird, der die >kanonische Geburtsbotschaft< überbringt. Hier geht es also um die direkten Machtverhältnisse in der Partnerschaft; da werden zuweilen sogar ungeborene Kinder als Machtmittel und Verhandlungsargument eingesetzt, sodass es zu Entscheidungen kommt, die die Beziehung aufrecht erhalten und die Kontinuität sichern. (…)
Dass diese Erfahrung weder gesehen noch verstanden wird, geht auf die gebetsmühlenartige Wiederholung der gesellschaftlichen Botschaft zurück: Frauen, die nicht durch das schwanger werden, was man gemeinhin unter Vergewaltigung (also körperlicher Gewaltanwendung) versteht, wurden es aus freier Entscheidung, nach ihren Wünschen und Vorstellungen. (…)
Frauen willigen gegen ihren Willen ein, wenn sie zu gegebener Zeit gezwungen sind, pragmatisch zwischen einer aus ihrer Sicht schlechten Option – schwanger werden und ein Kind bekommen – und einer noch schlechteren Option wählen müssen, nämlich Scheidung oder Obdachlosigkeit, Schmähung durch die Familie oder die Gemeinschaft oder finanzielle Abhängigkeit.“

 

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Mutterschaft ist keine Privatsache. Mütter stehen permanent und restlos in der Öffentlichkeit. Tagtäglich bekommen Mütter zu hören, dass sie alles, was eine Mutter braucht, von Natur aus mitbringen und somit instinktiv wissen, was zu tun ist. Doch gleichzeitig wird ihnen von der Gesellschaft genau vorgegeben, wie sie die Beziehung zu ihren Kindern zu gestalten haben, um als „gute Frau“ und „gute Mutter“ zu gelten, also als Mensch und als moralische Instanz.
Dabei schreibt das gängige Modell, das das öffentliche Bild von einer Mutter in heutigen westlichen Gesellschaften prägt, die Versorgung der Kinder fast ausschließlich der Mutter zu. Dieses vorherrschende Modell verlangt von Müttern, sich vollständig auf ihr Kind zu konzentrieren, sich emotional-kognitiv einzubringen und eine zeitaufwändige Betreuung zu leisten. Diesem Bild zufolge sind Mütter von Natur aus aufopfernd, arbeiten fortwährend an sich, um immer besser zu werden, und widmen sich mit endloser Geduld derart ergeben der Fürsorge anderer, dass sie darüber beinahe vergessen müssen, dass sie selbst auch noch eine Persönlichkeit und eigene Bedürfnisse haben. (…) Dieser Erwartung zufolge liebt die „gute Mutter“ jedes ihrer Kinder bedingungslos und ohne Einschränkung (sonst ist sie „unmoralisch“); sie ist anmutig wie eine Madonna, wenn nicht sofort nach der Geburt, dann wenigstens mit den Jahren; und wenn eine Mutter auch nicht auf Rosen gebettet ist, so ist es für sie doch Ehrensache, die Strapazen, die ihre Lage nun einmal mit sich bringt, freudig auf sich zu nehmen, schließlich handelt es sich um ein notwendiges, unvermeidliches Übel auf ihrem Lebensweg. (…)
Es zeigt sich, dass die Reglementierung von Muttergefühlen, wie sie hier deutlich wird, mit kulturellen Vorstellungen von Zeit- und Erinnerungsregelementierungen in Verbindung gebracht wird, denn Müttern wird nicht nur diktiert, wie sie fühlen sollen, sondern auch noch, woran sie sich erinnern und was sie vergessen sollen.“

 

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Während sich viele Mütter in der ersten Zeit nach der Geburt unterschiedlichen Herausforderungen gegenübersehen, die nach und nach weniger werden können, wenn sie die Situation zum Besseren entwickelt, beschreibt Reue eine emotionale Haltung gegenüber der Mutterschaft, die sich im Laufe der Zeit nicht ändert und auch nicht bessert. (…)
Es gibt zahlreiche Zeugnisse darüber, dass die Mutterschaft die physische und mentale Gesundheit von Freuen beeinträchtigen kann: Krankheiten, Depressionen, Erschöpfung, emotionale Krisen, körperliche Schäden und der Verlust des gesellschaftlichen Status sind nur einige Beispiele für die Erfahrungen, die Frauen sogar noch Jahre nach der Geburt ihrer Kinder machen. Doch obwohl diese Zusammenhänge schon seit geraumer Zeit bekannt sind und ständig um neue Erkenntnisse dazu erweitert werden, sind sie nicht in der Lage, die mythische Vorstellung zu untergraben, dass Mutterschaft – selbst wenn sie mit einer Krise beginnt – irgendwann unvermeidlich zur Anpassung und letztlich zu einem Happy End führen wird. (…)
Mütter bleiben zu Hause, Väter können gehen, wann immer sie wollen.
>Väter spüren die Anstrengungen, aber bei ihnen ist es noch viel akzeptierter, dass sie die Flucht antreten. Studien belegen, dass Väter nach der Geburt eines Kindes plötzlich deutlich mehr Überstunden machen und sich neue Hobbys suchen – um abends und am Wochenende möglichst wenig verfügbar zu sein. Das betrifft natürlich nicht alle. Aber sie spüren, wie anstrengend es ist, wenn da plötzlich ein Kind ist. Sie versuchen, sich selbst rauszunehmen. Das ist sozial akzeptiert. Wenn die Mutter hingegegen sagt: „Ich mache heute Yoga , morgen gehe ich mit Freundinnen etwas trinken“ – da würde sich jeder wundern, was mit der los ist.< „

 

 

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aufmerksam

Eintritt frei: Kostenlose Veranstaltungen in Hamburg

Zarte Rose

 

Jetzt habe ich in den letzten Wochen diversen Personen von den „Kulturlotsen“ erzählt und während eines Seminars (als Teilnehmerin) einen Stehgreif-Vortrag darüber gehalten, weil es mir gerade passend schien, und habe mein eigenes Blog dabei völlig außer acht gelassen. Passiert.

Also, die „Kulturlotsen“ sind ein Verein ehrenamtlicher Interessierter, die auf ihrer Website kostenlose Veranstaltungen in Hamburg sammeln. Mit der Hilfe vieler HamburgerInnen, die über ein Formular selbst Events melden können. Diese werden geprüft, um fehlende Informationen ergänzt und online gestellt. Für alle Generationen sind Konzerte, Ausstellungen, Lesungen, Führungen, Filme und vieles mehr im Angebot.
Ziel ist, Menschen mit wenig Geld den Besuch von Veranstaltungen zu erleichtern, indem nur kostenlose Angebote veröffentlicht werden. SeniorInnen, die mit geringer Rente auskommen müssen und gerne in Gesellschaft sind werden ebenso angesprochen wie Kinder mit Migrationshintergrund, die selten Zugang zu kulturellen Angeboten haben. Auch Menschen mit Behinderungen werden mit möglichst vielen Informationen zum Thema „Barrierefreiheit“ versorgt, um ihnen die Teilnahme zu ermöglichen.

Warum schreibe ich darüber?
Zum Einen, weil ich diesen Verein großartig finde, der sich für die Personengruppen im reichen Stadtstaat Hamburg einsetzt, denen der Zugang zu Kultur oft schwer gemacht wird. Unnötiger Weise, wie das breite Angebot an kostenlosen Möglichkeiten zeigt.

Zum Anderen, weil jeder Verein von Mitarbeit lebt: Durch Menschen, die kostenlose Veranstaltungen melden. Durch Menschen, die hinter den Kulissen redigieren. Und durch Menschen, die zu denen gehören, die etwas abgeben können und den Verein finanziell unterstützen.
In diesem Sinne lade ich herzlich dazu ein, diese sinnvolle Möglichkeit von „Kultur für alle“ zu fördern.

 

Üppige Rose

aufmerksam, glaubhaft

Was ich von Bornholmerinnen gelernt habe

Der Urlaub ist vorbei, schöne Erinnerungen und einige Kleinigkeiten, die in die Satteltaschen passten, haben wir mitgebracht. Auch einige Lektionen, die ich heute teilen möchte:

Heckenrose

Spleens ausleben – und es genießen!
Auf Bornholm werden ganzjährig Weihnachtsdekorationen verkauft. Auf jedem Markt stehen ältere Damen und bieten diverse Engel, Trolle und Nisse an: Gefilzt, gehäkelt, genäht und gestrickt. In Svaneke verkaufte eine Frau mit größter Selbstverständlichkeit Weihnachtsmäuse, aus Stoff genäht, mit goldenen Ohren. Ebenso „Heleåretsmuse“, also Ganzjahresmäuse, mit genauso goldenen Ohren. Also. Wer nun immernoch keine handgemachten Mäuse haben wollte, war selbst schuld! Jede Keramikwerkstatt, jede Glasbläserei, alle haben eine Weihnachtsecke. Denn wer weiß, ob wir rechtzeitig vor dem Advent noch einmal vorbei kommen, um uns mit Nissen und Rauschgoldengeln einzudecken? Eben. Also wird das entsprechende Sortiment unterm Sonnenschirm auf dem Dorfplatz vorrätig gehalten. Hier wird die Sevicementalität wirklich gelebt!
Es gibt sogar ganzjährige Weihnachtsgeschäfte. DAS nenne ich einen konsequenten Spleen.

Helligdomsklipperne

Mittelmaß wertschätzen
Oft sind wir den vollmundigen Versprechen der Touristenwegweiser gefolgt, die wöchentlich aktuell erscheinen. Mit dem Rad fuhren wir Tagestouren von dreißig bis sechzig Kilometer über die Insel, um all die „Attraktioner og oplevelser“ zu entdecken, die so überzeugend angepriesen wurden. Es waren ganz wunderbare Ausflüge, aber vor Ort dachten wir oft „Im Ernst? DAS soll großartig sein?!?“ Ab der zweiten Woche pfiffen wir auf all die beworbenen Veranstaltungen, sie wurden unseren Erwartungen eh nicht gerecht. Und nachdem eine ganz supertolle Fahrradroute sich als miese Strecke entpuppte, die selbst in Tansania besser befahrbar gewesen wäre, ist endgültig klar: Eigenlob stinkt auf Bornholm überhaupt nicht, alle finden sich und ihre Angebote super. Was zu der Vermutung verleitet, dass die BornholmerInnen entspannter und zufriedener sein müssten als wir perfektionssüchtigen Deutschen.
Ehrgeiz bringt uns voran, aber oft auch näher der Erschöpfung, als nötig wäre.

Kleiner Fuchs

Das Glück im Naheliegenden finden
Bornholm hat wirklich eine faszinierende Natur zu bieten: Küsten mit malerischen Kiefernwäldern und feinstem Sandstrand wechseln sich mit breiten Dünenlandschaften und lieblichen Buchten ab. Auf der anderen Seite der Insel ragen raue Klippen viele Meter aus aufgewühlten Wellen hinauf, während nebenan abwechslungsreiche Schären einen der vielen Leuchttürme umgeben. Verwunschene Wälder, wilde Moore, hügelige Heidegebiete und vorzeitliche Täler mit tiefen Schluchten lassen sich erwandern. Diverse historische Dörfer, einmalige Rundkirchen, Felszeichnungen aus der Steinzeit und alte Mühlen gibt es zu entdecken. Obendrauf eine Vielzahl an KünstlerInnen in ihren offenen Ateliers, sodass wirklich jeder Geschmack bedient wird. Wer jedoch „nur“ ein Fahrrad hat, kommt bei Gegenwind und schlängeligen Radwegen nicht so zügig voran, wie gewünscht. Kurz: Es ist viel Muskeleinsatz nötig, um die schönsten Ecken zu entdecken. Und immer gibt es diverse Möglichkeiten, die nicht umgesetzt werden, weil die Stunden am Tag und die Kraft nicht ausreichen. Dann zufrieden zu sein, auch wenn einige Punkte auf der Erlebnisliste offen bleiben, bedeutet eine Willensentscheidung. Umso schöner ist es, festzustellen, dass unser „Privatstrand“ nahe des Ferienhauses der tatsächlich beste der Insel ist: Wunderschöne Natur, klares Wasser, kräftige Wellen, feiner Sand, und stundenlang blieben wir fast ganz allein. Das stand in keinem Reiseführer und ist doch der Ort der schönsten Stunden gewesen. Hier haben wir am meisten gelacht, uns ausgepowert und entspannt. Oft liegt das Glück so nah…

Privatstrand

Hyggelig über alles
Bekanntermaßen lieben die DänInnen alles, was „hyggelig“ (gemütlich) ist. Und was nicht bereits gemütlich ist, wird gemütlich gemacht. Was dann nicht gemütlich ist, wird einfach als solches deklariert. Ich zumindest habe bis heute nicht verstanden, was an der zugigen Surfschule gemütlich sein soll, die am streng nach fauligen Algen riechenden Balka-Strand liegt. Das durchschauen wohl nur BornholmerInnen…. Jedenfalls finde ich es in Deutschland oft genug überhaupt nicht gemütlich. Liebloses Design, zugige Flure, öde Büros verbessern wohl kaum die liebste Beschäftigung der Deutschen: Produktivität mit Effektivität. Bisher habe ich mich in jedem Unternehmen in jedem Meetingraum verloren gefühlt und gefroren. Blanke Wände plus viel Dunkelgrau plus strenge Sitzordnung plus fiese Klimaanlage laden so richtig zu angeregtem Austausch ein. Weder Ämter noch Schulen, Altenheime und Kindergärten müssen abweisend aussehen und den Charme von Kasernen haben. Wer findet das landesweit eigentlich so wichtig, dass es kein Entrinnen gibt?
Ein bisschen Lächeln im Bus und lockerer Small-Talk mit Fremden beim Einkaufen hellen das Miteinander deutlich auf – sogar in Deutschland. Wie wär’s mit einer Runde „Hygge“?

Rönne

Inklusion ist normal, kein super-soziales Extra
Wir kamen von einer Runde mit dem Rad ins Zentrum von Rønne gefahren. Schon von Weitem hörten wir laute Musik vom Store Torv. Ich dachte zuerst, es sei die örtliche Realschule, deren Jugendliche sich an den Mikros ausprobieren. Als wir auf dem Weg zu einem „Frozen Skyr“ an der Bühne vorbei kamen, stellte ich fest, dass es sich um Menschen mit Behinderungen handelte. Sie spielten gemeinsam mit BetreuerInnen bei bestem Wetter auf dem zentralen Platz der Stadt vor den Augen vieler ZuschauerInnen. Die Stimmung war hervorragend, auch wenn es eher lärmig als musikalisch klang.
Davon unabhängig entdeckte ich, dass JEDE winzige Dorfkirche auf Bornholm eine Induktionsschleife für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit haben. Jede – kleine – Dorfkirche. Nicht wie in Deutschland, wo jeder hundertste Veranstaltungsort mit viel Trara und Bohei sich der Inklusion widmet, indem sie Türschwellen abbauen, Fahrstühle einbauen und Induktionsschleifen einrichten. Und sich danach jahrelang wahnsinnig sozial und großzügig „den Alten und Behinderten“ gegenüber fühlen.

Tag der offenen Gärten

Auf kreative Lösungen mit wenig Kosten verstehen die DänInnen sich, hier ein Bild vom „Tag der offenen Gärten“.

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Herzlich willkommen zum „Club der ausgestiegenen Logopädinnen“

Neulich habe ich einen Artikel über „das wahre Leben der Logopädinnen“ geschrieben. Die Reaktionen von Logopädinnen darauf zeigen, dass ich einen Nerv getroffen habe und unsägliche Zustände auch andere Sprachtherapeutinnen aus ihrem Beruf vertrieben haben. Ich persönlich kenne mehr Logopädinnen, die aufgegeben haben, als Logopädinnen, die auch nach einer Vielzahl von Berufsjahren engagiert tätig sind.
Die Reaktionen von Nicht-Logopädinnen zeigen, dass kaum jemand glauben möchte, dass es in niedergelassenen Praxen (und dort arbeitet die große Mehrzahl der Sprachtherapeutinnen) tatsächlich so prekär aussieht.

In diesem Zusammenhang kam mir der Gedanke, für all jene Sprachtherapeutinnen den „Club der ausgestiegenen Logopädinnen“ zu gründen: Und sei es rein virtuell allein der Gedanke einer Interessengemeinschaft. Tatsache ist, dass Logopädinnen weiterhin vorrangig aus akademischen Kreisen stammen, aber der Beruf nicht akademisiert ist (darum kämpfen wir seit mehr als hundert Jahren…). Somit hat die Logopädin, die ihren Beruf schweren Herzens hinter sich lässt, zwei Makel in den Augen der PersonalerInnen, auf die sie nun trifft:
Erstens ist eine Berufsfachschule für Logopädie nicht die Art von Bildung, die Unternehmen gerne sehen. Völlig egal, wie viele Unterrichtseinheiten wir von Medizin über Psychologie bis hin zu Rechtskunde hatten: Niemand ahnt die Breite des Wissens und niemand lässt sich davon überzeugen.
All die Kompetenzen, die eine Logopädin im Praxisalltag entwickeln muss, sind ebenfalls im Lebenslauf schlecht darstellbar:
Organisationstalent (sonst bestelle ich für Dienstag um 14.30 Uhr zwei PatientInnen gleichzeitig ein und für Mittwoch um 11.45 Uhr versehentlich niemanden, was eine Menge Ärger und unbezahlte Arbeitszeit gibt), Büromanagement (sonst würde ich all die Anmeldungen nie aufnehmen und Rückrufe vergessen, auch Ärzte bekämen ihre Therapieberichte zu spät, von der Abrechnung der ärztlichen Verordnungen ganz abgesehen) sowie eine umfassende Menschenkenntnis, weil von SozialhilfeempfängerInnen bis PrivatpatientInnen alle Gesellschaftsgruppen innerhalb weniger Stunden durch das Behandlungszimmer laufen.
Zusätzlich viel Spontanität, da kaum eine Therapiestunde so abläuft, wie geplant, denn täglich steht der „Faktor Mensch“ im Mittelpunkt. Alle anderen Kompetenzen und Voraussetzungen habe ich hier beschrieben.

 

Wie soll nun eine Logopädin, die ihren Job hinter sich gelassen hat und als begeisterte Quereinsteigerin im Bewerbungsgespräch sitzt, erklären, was sie alles kann? Die meisten Personen denken bei Logopädie an „sprachförderndes Bauernhof-Spielen“ und „intensives Baustellen-Buch-Vorlesen“. Tatsache. Kaum jemand kennt die Komplexität des Berufs, entsprechend schwierig ist es, aus der „logopädischen Ecke“ herauszukommen: Es wird uns schlicht nichts zugetraut. Was daran liegt, dass die Logopädinnen keine Lobby haben und der Bundesverband der Logopädinnen ein gleichzeitig chaotischer und zickiger Hühnerhaufen ist. Sorry, hier muss ich sämtliche Klischees bestätigen.

Insofern: Auf zum „Club der ausgestiegenen Logopädinnen“! Wir ermutigen uns und finden individuelle Wege, die Kompetenzen der Therapeutenlaufbahn mit neuen beruflichen Ideen zu verknüpfen! Wir kennen die Misere aus dem Effeff, niemand muss sich hier rechtfertigen! KeineR kommt mit dem dämlichen Satz „Ich dachte, Logopädin ist ein schöner Beruf!“ Ja, Ladies, es ist ein spannender Beruf. Aber weder rentabel noch mit Perspektiven gesegnet. Schluss mit dem Zaudern, wir schmeißen hin und nehmen neue Möglichkeiten in den Blick!

Wer macht mit?

Für alle Interessierten habe ich da mal etwas vorbereitet… 😉

aufmerksam, glaubhaft

Das wahre Leben der Logopädinnen

Nachdem ich heute genau ein Mal zu viel den Satz Aber ich dachte, Logopädin ist so ein schöner Beruf!“ gehört habe, kommen hier Insider-Informationen für alle Mädchen, Frauen und Umschülerinnen, die mit diesem Berufswunsch liebäugeln. Auch alle treusorgenden Mütter, die ihrer Tochter einen sozialen Beruf mit Teilzeitoption für die ersten Elternjahre wünschen, erfahren hier die wichtigsten Fakten zum Arbeitsalltag. Ebenso Damen aus der Berufsberatung, die immer noch nicht wissen, was Logopädinnen wirklich tun. Da 98% der Sprachtherapeutinnen Frauen sind, verwende ich grundsätzlich die weibliche Form (die 2% männlichen Logopäden sind interessanter Weise fast alle in Leitungspositionen, im Gegensatz zum Gros der weiblichen Kolleginnen).
Vorab zu mir: Ich habe über sechs Jahre als angestellte Logopädin in zwei niedergelassenen Praxen in Hamburg gearbeitet. Im Krankenhaus habe ich ein Praktikum absolviert, jedoch war ich dort nie angestellt. Insofern beziehen sich meine Aussagen alle auf einen Job als Mitarbeiterin in einem Praxis-Team: In Krankenhäusern, Reha-Einrichtungen, Kindergärten, Frühförder-Zentren usw. gelten sowohl andere Grundlagen der Arbeitszeiten (Anwesenheit statt Anzahl der geleisteten Therapie-Einheiten) und der Bezahlung (nämlich nach Tarif!).
Als fröhlicher und positiver Mensch mag ich das Wort „Ja“ und formuliere daher meinen Bericht aus dem wahren Leben einer Logopädin so wie eine Stellenausschreibung.
Wenn du (oder Sie) jeden Satz mit „Ja“ beantworten kannst, ist Sprachtherapie tatsächlich die passende Tätigkeit.

Hast du Abitur? Wenn nicht, werden dich die meisten Berufsfachschulen ablehnen, weil sie zwar theoretisch Kandidatinnen mit Realschulabschluss akzeptieren, tatsächlich aber nur Abiturientinnen mit gutem Notendurchschnitt nehmen. Alle Arten von Studium verlangen selbstverständlich ebenfalls nach einem guten Abitur.

Bist du bereit, ein Freiwilliges Soziales Jahr (oder einen Bundesfreiwilligendienst) zu absolvieren? Wenn nicht, werden dich die meisten Berufsfachschulen ebenfalls nicht nehmen – die Universitäten schon.

Bist du in der Lage, für die Berufsfachschule jeden Monat mehrere hundert Euro für deine Ausbildung auszugeben, die nur zum Teil durch ein Schüler-Bafög aufgewogen werden? Die Semestergebühren an Universitäten solltest du ebenfalls recherchieren.

Bist du sprachbegabt? Gehst du offen auf fremde Menschen zu? Kannst du mit allen Generationen umgehen? Bist du sehr, sehr geduldig? Kannst du freundlich und durchsetzungsstark zur gleichen Zeit sein? Kannst du dich flexibel neuen Gegebenheiten anpassen (Dies bedeutet im Alltag zum Beispiel, kurzfristig in einem anderen Raum zu arbeiten, gar keinen eigenen Raum zum Arbeiten zu haben, spontan Kolleginnen zu vertreten, dich schnell in neue Themen einzuarbeiten, Pläne zu Gunsten von Patientenwünschen komplett zu verwerfen und aus dem Stegreif den Inhalt der Therapiestunde komplett umzustellen). Berätst du gerne Menschen, ggf. in einfachstem Deutsch und sehr langsam? Hast du viel Phantasie und kannst intuitiv die Bedürfnisse des Menschen vor dir über deinen eigenen Stundenplan setzen? Kannst du auch mit behinderten Menschen arbeiten und hast wenig Ekelgefühle? Bildest du dich gern fort und magst die Philosophie des „Lebenslangen Lernens“? Liebst du Teamsitzungen? Kommst du mit hochnäsigen Privatpatienten, die dich wie die letzte Putzkraft behandeln, ebenso zurecht wie mit Sozialhilfeempfängern, die dich für eine realitätsferne Akademikerin halten? Kommst du mit wenig Geld aus, kannst also sparsam leben? Erträgst du es, wenn deine Freundinnen aus deinem Abiturjahrgang Karriere machen und du keine Chance dazu hast?

Bist du bereit, im Alltag nur für geleistete Therapiestunden bezahlt zu werden:
Nicht für Zeiten, in denen Patienten einen Termin hatten, aber nicht kamen. Während du die Stunde vorbereitet hast und anwesend bist. Viele Praxen haben hier sehr ausgefeilte Regeln, unter welchen Umständen ein kurzfristig abgesagter Termin für dich dennoch als Arbeitszeit zählt (indem du in dieser Zeit die Chefin entlastest o.ä. KEINE dieser Regelungen ist erlaubt! Rechtlich gesehen MUSST du als Angestellte für Anwesenheit bezahlt werden, was aber keine Praxis in Hamburg oder im Umland tut.)
Nicht für Telefonate mit Eltern zur Terminabsprache oder Rückrufe, weil die Oma gerade vergessen hat, wann sie den Enkel bringen soll, während beide Eltern arbeiten (Bitte stell dir dies in tausend Varianten vor – du telefonierst ständig, erreichst kaum jemanden und bekommst dafür keine Arbeitszeit berechnet).
Nicht für Arztberichte (die Pauschale seitens der Krankenkasse für das Schreiben des gesetzlich notwendigen Berichts ist ein Witz, ganz abgesehen davon, dass sie im Portemonnaie deiner Chefin ankommt und nicht bei dir).
Nicht für Telefonate mit Förderlehrerinnen, Ergotherapeutinnen, Personen im Sozialamt oder sonstige Personen, die mit einem deiner kleinen Patienten arbeiten und von dir Informationen wünschen. Das Gleiche gilt in Abwandlung für erwachsene Patienten, da wollen dann die Angehörigen, die Pflegerinnen und die Neurologin Informationen von dir.

Findest du es korrekt, nachdem du deine Ausbildung mit einem erklecklichen Betrag pro Monat selbst bezahlt hast, als ausgebildete Logopädin 12,- Euro pro Stunde zu verdienen? Auch, wenn du weißt, dass die zwölf Euro der Betrag vor der Steuer sind. Von diesem Stundenlohn, der als Summe deinen Monatslohn (dein Gehalt) ergibt, zieht der Staat Steuern ab, die Krankenkasse bekommt ihren Teil, Renten- und Sozialversicherung ebenfalls, auch unsere Nachbarn in den neuen Bundesländern (falls du in Westdeutschland lebst, zahlst du den sogenannten Solidaritätszuschlag). Das bedeutet, das nur ein gewisser Teil deines Lohns tatsächlich auf deinem Konto ankommt. Du verdienst also noch nicht einmal zwölf Euro die Stunde, sondern eher den Mindestlohn, wenn du auf dein Konto schaust. Doch, gelegentlich erhöhen die Krankenkassen den Stundensatz, das bezahlt dir die Chefin aber nicht aus.
Findest du es ebenfalls gut, dass du auch nach diversen Jahren im Beruf und vielen Fortbildungen immer noch zwölf Euro verdienst? Eventuell dreizehn Euro, aber ich kenne keine Logopädin, die es in einer Praxis als Angestellte so weit gebracht hat.
Nein, Weihnachtsgeld reißt es nicht heraus, weil es das nur selten gibt. Und wenn, ist es zwar ein Schein, aber kein allzu großer.
Wenn du mit diesen finanziellen Aussichten nicht zufrieden bist, solltest du in einer Einrichtung arbeiten, die nach Tarif bezahlt: Ein Krankenhaus oder ein Kindergarten zum Beispiel. Dann bekommst du wahrscheinlich auch mehr Urlaub, was ebenfalls viel wert ist. Allerdings gibt es davon deutlich weniger Stellen als in niedergelassenen Praxen, so leid es mir tut. In Kliniken solltest du zudem im Schichtdienst arbeiten und Wochenenddienste übernehmen wollen – andernfalls wollen die Verantwortlichen eine andere Bewerberin.

Ist dir jede Form von Karriere egal?
Es gibt genau drei Arten, nicht „nur eine normale Logopädin“ zu sein:

a) Du machst dich selbstständig und wirst deine eigene Chefin.
Wenn es gut läuft, kannst du andere Logopädinnen einstellen. Bedenke aber, dass du jede Art der Gesundheitsreform, der Wirtschaftslage und der Schulreformen hautnah zu spüren bekommst. Warum? Die Krankenkassen zahlen für die Therapien, die du leistest. Im Nachhinein. Sollten die Krankenkassen zwischendurch die Regeln ändern, und das ist ihre Lieblingsbeschäftigung, bleibst du auf deinen geleisteten Therapiestunden sitzen, die nie vergütet werden. Oder zu einem anderen Satz. Die Wirtschaftslage interessiert dich insofern, als dass du Miete, Strom, Büromaterialien und dergleichen mehr bezahlen musst. Da sogar eine selbstständige Logopädin knapp rechnen muss, könnte es sein, dass sich deine Arbeit nach Zahlung der Fixkosten kaum lohnt. Die Schulreformen interessieren besonders die Hamburgerinnen, weil durch die gebundenen Ganztagsschulen kaum Kinder Zeit haben, die Logopädin zu besuchen. Kurz, du wärst zwar Chefin, müsstest dich aber permanent an sich verändernde und verschärfende Gegebenheiten anpassen.
Liebst du es, Bewerbungsgespräche zu führen? Deine Angestellten werden ständig wechseln, weil sie schwanger werden oder woanders bessere Bedingungen zu finden glauben.

b) Du bist zwar angestellt, vertiefst dich aber so intensiv in ein medizinisches Störungsbild (also eine Krankheit) oder ein therapeutisches Verfahren, dass du zur Spezialistin wirst.
Das kostet dich sehr viele Fortbildungen, die du wahrscheinlich nur zum Teil von deiner Chefin finanziert bekommst. Es kostet dich ebenfalls viel Freizeit, weil du abwechselnd mit Seminaren und Fachliteratur beschäftigt bist. Wenn du Glück hast, wirst du damit über die Stadtgrenzen hinaus als Spezialistin bekannt. Die Krankenkasse wird dir das aber nie bezahlen. Nie. Du wirst genau den gleichen Stundensatz wie deine Kolleginnen bekommen, weil es der Krankenkasse egal ist, wie fundiert und spezialisiert du arbeitest. Natürlich könntest du die Krankenkasse mit wilden Tricks so richtig besch…en, um die krassesten Therapieverfahren abzurechnen. Da dich das deine Existenz kosten kann – lass es lieber.

c) Du lässt dich bei einem Träger einstellen, der nicht nur nach Tarif bezahlt, sondern sogar die Möglichkeit eröffnet, dass du die logopädische Abteilung leitest.
Kennst du dich mit Mitarbeitermotivation aus? Leitest du gern andere an und hast Lust auf ständig neue Praktikantinnen, die unterwiesen werden sollen? Liebst du Akten, Dokumentationen und Bürotätigkeiten? Schleimst du dich gern bei höheren Ebenen ein, damit das Management keine Stellen kürzt oder andere Maßnahmen beschließt, die die Arbeit in deiner Abteilung empfindlich verschlechtern? Super, dann solltest du diesen Weg wählen. Wesentlich mehr Gehalt solltest du aber nicht erwarten. Es geht nur um Ehre, wie immer.

Karriere im klassischen Sinn machst du also in keinem Fall, aber du hast Gestaltungsmöglichkeiten, wie dein Alltag aussieht.

Träumst du davon, krank zu werden und mit Fieber jede Patientin einzeln anzurufen, um zu sagen, dass du leider erkrankt bist und die Logopädie heute ausfählt? Liebst du es, mitten im Magen-Darm-Infekt Personen, die kaum deutsch sprechen, zu erklären, wer du bist und dass sie heute nicht kommen sollen?
Wie, das soll jemand anderes in der Praxis übernehmen – eine Kollegin oder die Bürokraft, die es in durchaus vielen Praxen gibt. Nein nein, die Bürokraft ist so mit dem Qualitätsmanagement beschäftigt, dass sie dir unmöglich helfen kann. Und deine armen Kolleginnen sind doch selbst in der Mittagespause mit Telefonaten und Berichten beschäftigt, genau wie du, wenn du gesund bist. Die haben auch Wichtigeres zu tun.

Herzlichen Glückwunsch, du hast es geschafft!
Na, wie viele „Ja“s hast du gesammelt?
Wenn du wirklich immer noch Logopädin werden möchtest, mach´ ein Praktikum und frag eine Sprachtherapeutin deines Vertrauens so richtig nach dem Alltag aus. Vieles von dem, was ich geschildert habe, wird sich ähneln. Anderes hörst du zum ersten Mal und ergänzt deine Sicht. Eventuell gerätst du an eine Person, die alles ganz anders darstellt und dir das Blaue vom Himmel holt – dann sei vorsichtig, es ist wahrscheinlich nicht wahr. Der Beruf als solcher ist abwechslungsreich und sehr intensiv. Letztlich sind es die Arbeitsbedingungen, die viele Logopädinnen nach einigen Jahren zum Aufgeben zwingen. Wenn dich meine offene und schonungslose Darstellung nicht geschreckt hat, solltest du loslegen. Bloß, weil fünf Jahre nach dem Examen nur noch 30% der Logopädinnen als solche arbeiten, kann dein Leben dennoch ganz anders verlaufen.

Wenn ich dich gründlich verschreckt habe, bin ich erleichtert, dass nicht noch mehr junge Frauen völlig selig diesen Beruf ergreifen und nach drei bis sechs Jahren frustriert und ausgebrannt aufgeben. Ich war eine fähige Therapeutin und haben vielen PatientInnen helfen können. Bis auf wenige Ausnahmen habe ich mit allen PatientInnen gern und mit Herzblut trainiert. Mit Menschen arbeiten ist wunderbar, ich liebe es nach wie vor. Bloß ob es ein klassischer sozialer Beruf sein soll und du wirklich im Gesundheitswesen arbeiten möchtest, solltest du dir gründlich überlegen. Es gibt so viele Möglichkeiten, als sprachbegabte und soziale Frau glücklich zu arbeiten und anständig bezahlt zu werden.
Packen wir es an!

aufmerksam, glaubhaft

Zu Besuch im Flüchtlingsheim

Seit einigen Wochen findet in „unserem“ Flüchtlingsheim, das in Luftlinie ca. 200 m von uns entfernt liegt, einmal pro Woche der „Kinderclub“ statt. Ehrenamtliche spielen mit den Kindern, sammeln Spenden und verteilen sie. Bisher hatten wir gutes Wetter, sodass ich mit einigen Mädchen draußen sportlich aktiv war: Springseil schwingen und „Teddybär, Teddybär, dreh dich um“ gefühlte hundert Mal singen, Frisbee werfen, Fußball spielen. Neben vielen guten Erlebnissen gehören dort ganz andere Umgangsformen der Erwachsenen gegenüber den Kindern dazu – für mich schwer zu ertragen, aber ich bin nur Gast.

An dieser Stelle möchte ich teilen, welche Unternehmungen geplant und durchgeführt werden, um andere Ehrenamtliche zu inspirieren. Über weitere Ideen freue ich mich!

Für die Kinder

– Angebote zum Spielen, Basteln, Malen. Drogerien spenden dafür benötigte Mittel wie Papier, Stifte, Knete, wenn sie darum gebeten werden.

– Vorlesen und gemeinsames Anschauen von Büchern mit den Kleinkindern. Hier ist es besonders schön, wenn die Mütter mitmachen und den Kleinen Sicherheit vermitteln. Gleichzeitig entsteht ein besserer Kontakt auch zu den Eltern, als wenn sich Ehrenamtliche und Eltern nur flüchtig auf dem Gelände sehen.

–  Bei gutem Wetter sportliche Gruppenangebote zwischen den Häusern der Unterkunft, um Energie abzubauen und Koordination sowie Fitness aufzubauen: Fußball, Federball, Volleyball (klappt auch mit einem aufgeblasenen Wasserball ohne Netz), Frisbee, Seilspringen, Hüpfekästchen, Tauziehen, usw. Da manche Flüchtlingsunterkünfte auf Sportplätzen oder neben Schulen entstehen, lässt sich erfragen, ob am Wochenende die Turnhalle genutzt werden darf: Damit die Kinder aus den engen Räumen der Unterkunft kommen und auch die Erwachsenen Frust und Angst durch Sport abbauen.

– Hausaufgabenhilfe in den Fällen, wo es keine Ganztagsschule gibt: Schließlich können die Eltern ihren Kindern nicht helfen, wenn diese beim Lernen nicht weiterwissen.

– Kartenspiele, die sich auch nonverbal und mit wenig sprachlichen Mitteln spielen lassen: Beispielsweise Memory, einfach Quartette (keine mit komplexen Merkmalen von Kampfjets und zu erklärenden Sportautos) oder Uno. Andere Spiele wie Make´n´Break, Jenga und ähnliche garantieren gemeinsamen Spaß jenseits sprachlicher Grenzen. Auch Interaktives wie Pantomime (einen Begriff ausdenken oder als Zettelchen ziehen und vorspielen, die anderen raten, was gemeint ist) ist möglich. Schlechte Erfahrungen haben wir mit elektronischem Spielzeug gemacht, da es sehr begehrt ist und viel Streit darum entsteht. Oft machen die fiepsenden Geräusche der Spielzeugspenden zusätzlich die Mitarbeiter im Kinderchaos wahnsinnig. Bei Spenden lohnt es sich, darauf zu achten, dass mehrere Kinder tendenziell friedlich damit spielen können…

– Bei uns spendeten die Viertklässler der örtlichen Schule ihre Ranzen für die einzuschulenden Flüchtlingskinder. Schultüten wurden in der hiesigen Kirche gebastelt und gerecht (!) gefüllt – alle bekamen das Gleiche und mussten nicht erleben, dass deutsche Kinder dicke Schultüten tragen und sie selbst gar nichts. Generell lassen sich Aktionen der Schulen für das örtliche Flüchtlingsheim organisieren: Von bunten Briefen, die überbracht werden, über gemeinsame Aktionen bis hin zu einem „Wandertag“ ins örtliche Flüchtlingsheim, wo die Kinder den Mitschülerinnen zeigen, wie sie leben.

 

Erwachsene

– Lustigerweise fand die AG „Spaziergänge“ kaum positive Annahme, da die teilnehmenden Frauen nicht den Sinn von „Spazierengehen“ verstanden und laut Aussage der Mitarbeiterinnen schon nach kurzer Zeit ausruhen wollten. Davon unabhängig finde ich die Idee, mit den Flüchtlingen zusammen die Umgebung zu erkunden, sehr gut. Bis auf wenige junge Männer aus Afrika (Eritrea?) sind kaum Flüchtlinge außerhalb „unserer“ Unterkunft unterwegs, die Frauen am wenigsten. Rechtlich ist bei Ausflügen mit Kindern zu bedenken, dass dies eine ausdrückliche Rücksprache sowohl mit den Angestellten vor Ort als auch mit den Eltern erfordert.

– Gemeinsames Kochen sowohl deutscher als auch „heimischer“ Gerichte. Diese Idee finde ich hervorragend, weiß aber nicht, ob sie in unserem Fall schon umgesetzt wurde und wenn ja, wie das Echo war.

– Begleitung auf Ämter und zum Arzt. Oft reicht es nach Aussagen der Zuständigen in der Verwaltung, wenn der Besuch beim Amt begleitet stattfindet: Dann erfährt die Begleitperson, worum es sich handelt und kann diese Informationen an die Heimleitung weitergeben. Auch werden Flüchtlinge, die von Deutschen begleitet werden, oft wesentlich positiver seitens der Ämter behandelt. Dass Verfahren verschleppt werden, weil die betroffene Person keine Ahnung hat, was von ihr erwartet wird, passiert so deutlich weniger.

– Deutschkurse dort, wo noch keine offiziellen angeboten werden oder zu wenig Plätze vorhanden sind. Wenn der offizielle Deutschkurs zwei Stunden pro Woche stattfindet, ist ebenfalls ehrenamtliche Hilfe nötig, damit es vorwärts geht.

– Sportliche Angebote, um nahe der engen Unterkünften (aber nicht darin) Druck abbauen zu können. Jogging, Fußball, Angebote in einer Sporthalle, die vom entsprechenden Verein zu bestimmten Zeiten zur Verfügung gestellt wird: Vieles ist ohne Mittel und mit wenig Aufwand möglich. Gezielte Angebote nur für Frauen sind eine Möglichkeit, dass sich nicht nur Männer dabei beteiligen.

 

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So sehr wir Deutschen eine umfangreiche Ausstattung lieben:
Es geht auch ohne.

aufmerksam, glaubhaft

Die Welt und wir

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Alles, was das Böse zum Siegen braucht,
sind gute Menschen, die nichts tun.

Edmund Borke, brit. Staatsmann

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Kompass

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Wir sind nicht nur verantwortlich für das,
was wir tun,
sondern auch für das, was wir nicht tun.

Moliere

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Kompass2

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Viel ist schon gewonnen,
wenn nur eineR aufsteht und NEIN sagt.

Berthold Brecht

aufmerksam, glaubhaft

Wofür das Herz schlägt

Vor einigen Wochen habe ich während der ehrenamtlichen Renovierung eines Freizeitheims drei junge Flüchtlinge aus Eritrea kennengelernt. Mich beschäftigt das Flüchtlingsthema in Wellen – meist dann, wenn ich damit unmittelbar zu tun habe. Neben all den anderen fürchterlichen Geschehnissen auf dieser Welt (verhungernde Kinder, weibliche Beschneidung, Sexsklavinnen, Ehrenmorde und getötete indische Säuglingsmädchen) ist die Flüchtlingsproblematik in meinen Augen eine der größten Tragödien der Gegenwart.
Umso wichtiger ist es mir, den Flüchtlingen in meiner Umgebung zumindest für den Moment der Begegnung Respekt und Gastfreundschaft zu erweisen. So organisierte ich spontan einen afrikanischen Liederabend, in der Hoffnung, dass die drei den Mut finden, uns Lieder aus ihrer Heimat beizubringen – meine drei Lieder auf lingala, swahili und zulu waren nämlich alles an Repertoire, das ich auswendig weitergeben konnte. Leider waren die anwesenden KonfirmandInnen begeisterter als die Eritreer, aber einen Versuch war es wert… Einer der drei zeigte uns daraufhin ein sehr langes Lied über das Leben Jesu auf seinem Mobiltelefon auf tigrinya, immerhin.
Mit einem von ihnen unterhielt ich mich viel während der Arbeiten auf dem Gelände über das Leben in Deutschland. Langsam und mit minimalem Wortschatz, damit wir uns verständigen konnten. Besonders die Frage nach einem eigenen Auto beschäftigte ihn sehr… Alle drei lud ich ein, abends in der begrenzten Freizeit zwischen zwei Gebetszeiten mit mir am nahegelegenen See spazieren zu gehen – den hätten sie sonst nie entdeckt. Sie bewunderten den (noch kahlen) deutschen Wald und bedauerten jedes Opfer des letzten Sturms einzeln. Während dessen versuchte ich ihnen zu erklären, welche Beeren an welchen Büschen wachsen und wann – die klimatische Variante von vier Jahreszeiten blieb bis zum Schluss unerklärlich. Ebenso die Höhe einer durchschnittlichen Monatsmiete in Hamburg, was ebenfalls eine Frage während unserer Unterhaltung war.
Trotz der wahrscheinlich traumatischen Erlebnisse während der Flucht wirkten die drei sehr treuherzig. Sie bedankten sich für alles, schlugen tapfer jedes der fremden Lieder in dem ihnen unbekannten Liederbuch auf und verfolgten täglich aufmerksam jede der vier ihnen unverständlichen Gebetszeiten.
Die Begeisterung des Jüngsten, im Gartenteam eine elektrische Heckenschere ausprobieren und mit Ohrschützern in der Nähe des Schredders helfen zu dürfen, war unglaublich. Wenn ich verschwitzt über das Gelände stiefelte, um etwas zu trinken und an eine kurze Pause zu denken, sagte er stets: „Mude? Ich nicht mude (müde)!“ -und lud mich ein, in der Schubkarre sitzend zurück zum Mulchberg zu fahren, um dort Nachschub zu holen (Da mein Körper zu sehr schmerzte, um in einer rumpeligen Schubkarre fahren zu wollen, wurde daraus nichts…).

Zurück zu Hause habe ich noch oft an sie gedacht und enthusiastisch von ihrem Leben erzählt – einfach, weil es so unglaublich ist, was in anderen Teilen der Erde vor sich geht und (gefühlt) niemand hier in Deutschland weiß. Und genauso, unter welchen Bedingungen Flüchtlinge in unserer Nähe leben. Hätte mir eine Freundin von Flüchtlingen aus Weiß-der-Geier-wo und den dortigen Lebensumständen erzählt, wäre es mir wohl ebenso egal gewesen wie es meinen Freundinnen (weitestgehend) egal war. Während ich am vergangenen Sonntag mit einem jungen Mann aus Eritrea mitgefiebert habe, der beim Hamburg Marathon gegen einen Kenianer verlor, wurde mir deutlich, dass letztlich alles von der Begegnung abhängt:
Menschen weisen so lange andere Menschen ab und verweigern ihre Hilfe, bis sie mit einander ins Gespräch kommen. Und sei es mit Händen und Füßen. Auf Augenhöhe.
Hätte ich diese drei Eritreer nicht getroffen, wäre mit das Schicksal der verfolgten Christen sowie der Hunger vor Ort ebenfalls gleichgültig gewesen. Auch so konnte ich nicht viel tun – außer das Gespräch suchen, zum gemeinsamen Spiel am Abend einladen und im Nachhinein eine Mail mit Ideen zum Deutschlernen an den Herrn schicken, der ihnen ehrenamtlich deutsch beibringt.

aufmerksam, glaubhaft

Weisheit teilen

Erneuere auch unser Herz
und gib uns den Geist
der Klarheit und des Muts
denn das Gesetz des Geistes
der uns lebendig macht in Christus
hat uns befreit
von dem Gesetz der Resignation

Lehre uns die Kraft
der kleinen Leute zu spüren
und keine Angst mehr zu haben
wenn wir widersprechen

Erneuere auch unser Herz
und lass uns wieder miteinander reden
lehre uns zu teilen statt zu resignieren:
das Wasser und die Luft,
die Energie und die Vorräte
zeig uns, dass die Erde dir gehört
und darum schön ist

Dorothee Sölle

 

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