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Reportage: Die Pille für den Mann

Bis heute fällt es mir sehr, sehr schwer zu verstehen, warum Männer der Meinung sind, dass Frauen sowohl für das Verhüten als auch das Gebären zu hundert Prozent allein verantwortlich sind.
Ich denke: Geteilter Spaß ist geteilte Verantwortung, aber das sehen die allermeisten Männer anders.
Seit sechzig Jahren nehmen die Frauen die Pille, viele erleben ausgeprägte Nebenwirkungen, und an der Front der männlichen Verhütung tut sich weiter wenig. Denn die gesundheitlichen Schäden, denen Frauen durch die Einnahme der Pille ausgesetzt werden, können auf gar keinen Fall einem Mann zugemutet werden. Auf gar keinen Fall! Nicht einem einzigen Mann!
Obwohl die Anwenderinnen der Pille in den letzten Jahren weniger werden, ist die „Hormon-Müdigkeit“ noch längst nicht so groß, dass alternative Zielgruppen für die einschlägigen Pharmafirmen finanziell spannend würden. Dabei gibt es seit fünfzig Jahren sichere Verhütungen, mit Hormonen und ohne, für den Mann (vom Kondom mal abgesehen).
Diese Dokumentation zeigt, wie der wissenschaftliche Stand aussieht, wie weit die Forschung fortgeschritten ist und warum dennoch ständig den Instituten die Fördermittel gekürzt werden.
60 Jahre Pille – Wo bleibt die Pille für den Mann?

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Die „Pille für den Mann“ gibt es nicht, weil niemand die Nebenwirkungen den Männern antun will. Die gleichen Nebenwirkungen, die Frauen seit knapp 60 Jahren erleben. Ach?

Ende letzten Jahres fiel mir dieser Artikel über das Ende der Forschung an der „Pille für den Mann“ in die Hände.
Wer mich kennt, weiß, dass ich aus Prinzip keine wie auch immer gearteten Mittel der Pharmaindustrie meinem gesunden Körper zumute. Wenn ich krank bin, nehme ich Medikamente, soweit nötig – wenn ich gesund bin, nicht.
Erst recht nicht die Antibabypille, die das Leben der Frauen, die sie konsumieren, fundamental verändert. Nicht nur durch eine Veränderung der natürlichen körperlichen Abläufe, sondern noch mehr durch eine Veränderung der Selbstwahrnehmung sowie die Folgen der diversen Nebenwirkungen. Über die bis heute nur unzureichend aufgeklärt wird, was ich jeder einzelnen Gynäkologin persönlich nehme. Die Macht der Pharmakonzerne allein durch das jahrzehntelange Einnehmen der Pille von 200 Millionen von Frauen weltweit ist immens.

„Die Forscher stellten fest, dass Frauen unter hormoneller Verhütung deutlich häufiger erstmals Antidepressiva verschrieben bekamen als die Nichtanwenderinnen: Bei der Einnahme von Kombi-Präparaten um 23 Prozent und von Gestagen-Pillen um 34 Prozent häufiger, bei der Verhütung mit Norelgestromin-Pflastern sogar doppelt so oft. Außerdem benötigten Frauen, die hormonell verhüteten, öfter eine stationäre Behandlung aufgrund von Depressionen.
Auffällig war dabei: Das Phänomen trat vor allem in der ersten Zeit der Anwendung auf. Nach sechs Monaten wurden die Frauen am häufigsten erstmals wegen einer Depression behandelt, das Risiko war gegenüber Nicht-Anwenderinnen um 40 Prozent erhöht – bei Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren, die eine Kombipille einnahmen, sogar um 80 Prozent. Danach ging die Häufigkeit langsam wieder zurück.“ Gefunden auf Baby und Familie

Daraus folgt, dass Mädchen, deren Körper sich noch in der Entwicklung befinden und die parallel mit den Auswirkungen der Pubertät auf ihr Leben kämpfen, unnötiger Weise überdurchschnittlich häufig depressiv werden: Und das als Nebenwirkung eines Medikaments, das ihnen häufig verschrieben wird, „um den Zyklus gleichmäßiger laufen zu lassen“. Was vorrangig Männern als Denkweise geläufig ist und von der Pharmaindustrie kräftig unterstützt wird. Kein weiblicher Zyklus dieser Welt ist hundertprozentig gleichmäßig, er ist ja keine Atomuhr. Braucht er auch nicht sein. Dennoch wird es vielen jungen Frauen, die sich noch im Wachstum befinden, als Argument verkauft. Und die Nebenwirkungen, die auf einen unreifen Körper treffen und ihn lebenslang beeinflussen können, gleich mit.
Umso schlimmer, dass Schlaganfälle, Lungenembolien und Thrombosen (Blutgerinsel) mit teils tödlichem Ausgang bis heute als „Einzelfälle“ dargestellt werden und immer noch jeder Versuch unternommen wird, den Zusammenhang zur Pille zu verneinen.

Hier habe ich schon einmal über die Erfahrungen eines Mannes geschrieben, der als Versuchsteilnehmer die „Pille für den Mann“ genommen hat.
Das Buch erschien im April 2007 auf deutsch, im englischen Original entsprechend früher. Seitdem hat sich nichts getan, nur Frauen schlucken weiterhin hormonelle Verhütungsmittel.

Bereits 2011 schrieb ich über andere Möglichkeiten der Empfängnisverhütung und hoffe sehr, dass sie bald populärer werden. Im Sinne der Selbstbestimmung der Frauen sowie der Gesundheit ihrer Körper. Und um die Macht der Pharmaindustrie wenigstens etwas einzudämmen – denn das täten wir, würden wir alle auf die Pille verzichten. Es gibt genügend Möglichkeiten mit gleich hoher Sicherheit.

 

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Glücklich ohne eigene Kinder – für Frauen weiterhin ein Standpunkt, der mit viel Kritik bestraft wird

„Nach wie vor wird von Frauen gerade in Deutschland erwartet, sich der Mutterrolle ganz hinzugeben, ihr zumindest eine Zeit lang oberste Priorität einzuräumen und andere Ziele weit hintenan zu stellen. Mädchen und Frauen merken in unserer Gesellschaft früh, dass Kinderkriegen eine Abwägungssache ist: zwischen Autonomie einerseits und der Gefahr jahrelanger Mehrfachbelastung und Selbstaufgabe andererseits. (…)
Aber das verträgt sich natürlich nicht mit der Mär vom Mutterinstinkt, den Frauen natürlicherweise haben sollen. Und wenn sie dem nicht selbstlos nachkommen, gelten sie als selbstsüchtig, gefühlskalt und irgendwie nicht normal. Die „Natur“ scheint dabei keine Freundin der Frau zu sein, denn sie wird rhetorisch immer gegen ihr Recht auf Entscheidungsfreiheit über ihr eigenes Leben in Stellung gebracht. (…)
Vielleicht werden den freiwillig kinderlosen Frauen auch deshalb die angeblich tickenden Uhren vorgehalten: Wenn man ihnen schon keine sonstigen Anreize schaffen kann, will man ihnen nun Angst machen, dass sie aufgrund ihrer „Natur“ psychologische Schäden erleiden, wenn sie keine eigene Familie gründen wollen. Unsere Gesellschaft, so scheint es, lauert fast spöttisch auf das späte Bedauern der Kinderlosen: „Du wirst es später mal bereuen.“ Diesen Satz hören Frauen wie ich so häufig, explizit und implizit, dass es schwer ist, ihn nicht zu verinnerlichen und sich zu fragen, ob vielleicht tatsächlich etwas nicht stimmt. (…)
Männern wird zugestanden, dass sie ihrem Bedürfnis nach Selbstentfaltung in verschiedener Weise nachkommen und deshalb Kinderlosigkeit verkraften können. Die kinderlose Frau hingegen gilt als tragisch und einsam. Oder als Opfer der Emanzipation, das seine natürlichen Bedürfnisse einfach nicht mehr sehen kann.
Für kinderlose Frauen gibt es gesellschaftlich gesehen keine positiven Role-Models. Als Gegenmodell zur Mutter gibt es nur die verhärmte, gefühlskalte Karrierefrau (was natürlich lächerlich ist, schon allein wenn man bedenkt, wie wenig Frauen es immer noch in Führungspositionen gibt). Aber davon mal abgesehen: Das Bild von der spröden Frau im grauen Kostüm hinterm Schreibtisch passt weder zu mir noch zu den Frauen, die ich kenne. Für uns ist ein Leben ohne Kind so selbstverständlich, dass wir uns noch nicht einmal bewusst dagegen entschieden haben. Die Frage hat sich für mich und meine kinderlosen Freundinnen einfach nie gestellt.
Studien zeigen, dass kinderlose Paare im Durchschnitt zufriedener als Eltern sind. Sie weisen oft einen stärkeren inneren Zusammenhalt auf, da sie mehr gemeinsame außerhäusliche Aktivitäten unternehmen und der intellektuelle und emotionale Austausch größer ist. Ihre Beziehung ist oft gleichberechtigter als die von Ehepaaren, denn normalerweise ist es immer noch die Frau, die ihr Leben mehr an die neuen Herausforderungen anpassen muss. Es gibt gute Gründe, Kinder zu bekommen – es gibt allerdings auch gute Gründe dagegen.(…)
In Wahrheit lässt einem Kinderlosigkeit eher mehr Raum, sich sozial und gesellschaftspolitisch zu engagieren. Und statt sich in die Familie zurückzuziehen, schaffen viele Kinderlose heute neue Formen des solidarischen Zusammenlebens, die unsere alternde Gesellschaft dringend braucht. (…) Sie machen so auch ihre Unzufriedenheit über die herkömmlichen Familienkonzepte und Geschlechterverhältnisse nach außen deutlich, denn sie schaffen Alternativen abseits der gewohnten Kleinfamilie, die dann auch wieder das Zusammenleben mit Kindern ermöglichen – es müssen ja nicht immer zwingend die biologisch eigenen sein. (…) Denn Kinder, um die man sich im eigenen Umfeld kümmern kann, gibt es schließlich genug – und die Eltern sind oft für Unterstützung sehr dankbar.
Es gibt viele Möglichkeiten, als Frau zu leben. Je mehr Formen von Weiblichkeit sichtbar und „normal“ werden, um so mehr kann es Frauen nützen. Und zwar allen Frauen.“
Sarah Diehl

 

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Wer den Artikel, dessen Auszüge ich hier teile, gerne weiter verfolgen will und wen die Argumentationslinien über die Renten-Diskussion, das Egoismus-Klischee, den Umwelt-Aspekt des Themas und weitere Thesen interessieren:
Die Brigitte Nr. 23 vom 22.10.2014 (aus deren Dossier die Zitate stammen) ist zwar nicht mehr im Handel zu erwerben, aber in vielen Bücherhallen und Bibliotheken vorhanden.
Aktuell ist der Artikel auch online lesbar.
Das Buch von Sarah Diehl zu diesem Thema ist hier zu finden.

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Verhütung ohne Chemie

Vor zwei Jahren schrieb ich einen Artikel über die absolut sichere, gut erforschte Möglichkeit, jenseits der Gewinnoptimierung von Pharmakonzernen und GynäkologInnen eigenverantwortlich zu verhüten: „Frauengesundheit“

Nun zeigte mir mein Verlobter einen Beitrag auf Spiegel.de zum Thema „Natürlich verhüten“, der endlich einen Beitrag leistet, die Methode aus der „Nischenposition“ in die Öffentlichkeit zu rücken:
Sämtliche Verhütungsmethoden, die Geld bringen, werden allerorten vermarktet und reihenweise verschrieben (Im Zweifelsfall wird die Patientin so lange überredet, bis sie glaubt, dass es in der modernen Welt wirklich nicht ohne den Dauerkonsum der Pille geht).
Da ist die „Sensiplan“-Methode, die auf der täglichen Messung der Basaltemperatur („Aufwachtemperatur“) und dem Beobachten des Zervixschleims (wahlweise des Muttermundes) besteht, einfach nicht lukrativ: Die Frau braucht lediglich ein zuverlässiges Thermometer, ein Handbuch und ein Blatt Papier mit der nötigen Tabelle, in die eingetragen wird. Jahrzehntelang an der Universität Heidelberg entwickelt und erforscht, auf der Basis der eingesandten Daten von 40.000 Zyklusauswertungen und mit einem Pearl-Index von 0,4 (die Pille liegt bei 0,3 bis 0,9) versehen – das ist eine Methode, die mehr Aufmerksamkeit verdient.
Ich habe grundsätzlich etwas gegen marktführende Großkonzerne, gegen Lobbyisten und gegen Pharmakonzerne. Im Falle der Pille sehe ich alle Stichpunkte in Personalunion vereint – schon allein das regt meinen Widerstand an, von Nebenwirkungen und Verhütungsunfällen „trotz Pille“ ganz abgesehen.

Wer die Pille nehmen möchte, nur zu – jede Seite hat ihre Argumente und ich habe nichts gegen Frauen, die sie nehmen, sondern gegen das, was dahinter steckt.
Der Vorteil der SensiPlan-Methode ist, dass die Frau nicht in das körperliche Geschehen eingreift und durch die Beobachtung ihrer Körpersignale lernt, wie der eigene Zyklus funktioniert. Diese Erkenntnis kann einem niemand beibringen oder „verkaufen“, weil sie nur durch Erfahrungen mit dem eigenen Körper entsteht. Ich beobachte, dass die Lebensqualität deutlich steigt: Wer weiß, was wann im eigenen Körper passiert, was im Bereich des persönlichen Normalen liegt und was nicht, erlebt den Wechsel der Hormone im Laufe des Monats und des Lebens als Frau deutlich gelassener.

 

Ähnliche Artikel zu dem Thema sind hier zu finden: Die Pille für den Mann sowie Tricks gegen PMS

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Buchempfehlung: Die „Pille“ für den Mann

Auszüge aus dem Buch „Die Pille und ich – Ein Mann im Selbstversuch“ von Clint Witchalls (rororo):
Das Buch handelt von einem Journalisten, der sich zu Recherche-Zwecken bei einer englischen Studie anmeldet. Getestet werden soll ein hormonelles Verhütungsmittel für den Mann in Form eines Stäbchens, das in den Oberarm gepflanzt wird und kontinuierlich Hormone abgibt.
Mir hat es sehr gut gefallen, weil es sachlich und gleichzeitig sehr humorvoll geschrieben ist – und die Frage stellt: Warum ist grundsätzlich die Frau für die Verhütung beim Sex (und die möglichen Folgen in Form einer Schwangerschaft) verantwortlich, wenn doch beide dabei Spaß haben?

In den 14 Jahren unserer Ehe habe ich mich noch nie so gefühlt wie jetzt. Ich war nie besitzergreifend und anhänglich. Und hatte nie Zweifel an Sams Liebe.
Als ich Sam erzähle, wie ich mich fühle, meint sie: „Genauso fühle ich mich jeden Monat, kurz vor meiner Periode. Ich hab dir gesagt, es sind die Hormone. Jetzt weißt du, wie das ist.“
Wie kann man es aushalten, sich so zu fühlen, nutzlos, hässlich und ungeliebt? Nach Bestätigung betteln. Ich könnte das nicht jeden Monat ertragen.

(…)
Wasser tropft auf meine Tastatur. Das hat mir gerade noch gefehlt, ein Leck im Dach. Ich schaue an die Decke, um zu sehen, von wo das Wasser kommt. Dann wird mir klar, es tropft aus meinem Gesicht. Ich bin am Heulen.
Ich wische mir das Gesicht an meinem T-Shirt ab und bin irritiert. Obwohl ich durchaus eine feminine Ader habe, bin ich keine Heulsuse. Ich heule nur, wenn Leute sterben, die mir nahe stehen, oder wenn mein Penis im Reißverschluss eingeklemmt wird. Was also ist los? Warum heule ich – nur weil ich einen blöden Artikel neu schreiben muss? Ich weiß es ehrlich nicht.
(…)
„Was glaubst du, bin ich fett?“ frage ich Sam.
Sie schaut von ihrem Buch auf. Und sieht mich vor sich stehen mit einem Handtuch um die Hüfte.
„Du tropfst.“
„Ja, aber bin ich fett?“
„Nein, natürlich nicht.“
„Okay, aber was sagst du dazu?“ Ich packe meinen Hüftspeck und wackle damit hin und her.
„Das ist doch nicht fett.“
„Würdest du mit mir zusammenbleiben, wenn ich ein fettes Schwein wäre?“
„Nein, ich würde dich abservieren,“ sagt sie mit einem schelmischen Grinsen.
„Echt? Nur weil ich fett bin?“
„Was ist los mit dir in letzter Zeit?“
„Ich weiß nicht. Ich komme mir einfach hässlich vor. Ich mache mir Sorgen, du könntest dich in jemand anderen verlieben. In jemanden, der nicht so fett und armselig ist.“
„Weißt du was?“
„Was?“
„Diese Hormone lassen dich langsam zur Frau werden.“