Vor dem ersten Urlaub in Finnland stellen sich viele Fragen:
Wie ist das Klima?
Wie wahr die Legende von den mörderischen Mücken?
Sind die Nahrungsmittel so teuer wie im übrigen Skandinavien?
Und ist in dem zweitleersten Land Europas mit großen Distanzen zwischen den Dörfern ein Urlaub ohne Auto möglich? Hier möchte ich Antworten teilen, weitere Tipps für Helsinki, Turku, die Schäre Kimitoön / Kemiösaariund die Schären generell finden sich in den verlinkten Artikeln.
Wer meint, in Finnland herrsche ganzjährig Bodenfrost, sollte einen Blick auf die Karte werfen: Helsinki und Stockholm liegen fast auf dem gleichen Breitengrad. Sommer sind hier tatsächlich wärmer, als viele vermuten. Dass die Tage gefühlt ewig dauern, weil die Sonne kaum untergeht, sorgt für ein besonderes Freiheits- und Lebensgefühl. Das Beweisbild aus dem Küchenfenster zeigt: Erst am Abend (erkennbar an den dunklen Bäumen und dem hellen Himmel) sinkt die Temperatur nach 20:00 Uhr langsam von der 30° C-Marke.
Dennoch sollten bei jedem Skandinavien-Urlaub ein Pullover, Regenjacke und Regenhose dabei sein. Wir haben sie nur einmal für eine halbe Stunde gebraucht, aber da inzwischen die Flugzeuge derart tiefgekühlt sind, wird der Pullover auf jeden Fall beim An- und Abflug nötig. Sonnencreme und Mückenspray haben wir von zu Hause mitgebracht, da wir nicht wussten, wie gut der Dorfladen ausgestattet ist. Das Mückenspray war tatsächlich sehr nötig, das „deutsche Zeug“ wirkte gut – auch wenn andere Reisende behaupten, man sollte sich mit örtlichem Giftspray einreiben.
Unterwegs mit dem Rad haben wir auf dem Hinweg zwei Stullen in der Plastikdose, auf dem Rückweg sammeln wir in jedem Land Obst. In Finnland primär Blaubeeren, auch Himbeeren und Brombeeren hätte es gegeben. Morgens zum Frühstück, als Backzutat oder mit Milchreis: Jede Verwendung ist köstlich. Die horrenden Preis für Obst und Gemüse motivieren sehr, sich eigene Früchte zu suchen und zu pflücken.
Alle lassen tagsüber die Haustür sperrangelweit offen und nachts wird sie lediglich ins Schloss gezogen. Das Abschließen von Türen, Autos und Rädern ist in Finnland genauso überflüssig wie im restlichen Skandinavien. Zu Beginn hatte ich Angst, dass jede Menge Waldmäuse über die Schwelle gehüpft kommen und in unserer Küche wohnen, wo sie unser teuer erworbenes Essen anknabbern. Mücken sirren und Spinnen krabbeln schnell in allen Zimmern, aber Mäuse fanden tatsächlich nicht den Weg ins Haus. Insofern ließen wir irgendwann auch ganz entspannt die Tür dauer-offen, wie das Foto oben zeigt.
Die herrlichen Abtropf-Schränke, die es auch in Schweden gibt, sind eine lustige Erfindung: Geschirr abwaschen, Schrank öffnen, nasses Geschirr ins Abtropfrost stecken, Türen schließen, draußen Spaß haben, später trocken wegräumen. Und es sieht durch die geschlossenen Schränke, hinter denen sich der (saubere) Abwasch verbirgt, immer ordentlich aus!
Wer längere Zeit als einen Urlaub im Holzhaus bleibt und daher einen Briefkasten braucht: Er befindet sich in kleinen Dörfern nicht am Haus, sondern gesammelt an der Landstraße mit allen anderen Briefkästen der Siedlung. Natürlich stehen sie alle offen, sodass theoretisch alle Nachbarn bestens über alles informiert wären. Aber die SkandinavierInnen lassen sich gegenseitig ihre Freiheit… Und außerdem braucht sich heute niemand mehr Erotik-Kataloge oder ähnlich sensible Poststücke schicken lassen, schließlich ist das Internet noch auf dem letzten Felsen der hintersten Schäre sehr schnell und sehr stabil! Besser als in Deutschland allemal.
Finnische Überlandbusse sind hervorragend:
Pünktlich, mit sehr netten FahrerInnen bei fairen Preisen, und selten voll besetzt. Wenn der Bus den Flughafen verlässt, sind noch viele Plätze belegt. Draußen auf den Dörfern fährt maximal eine Handvoll Leute mit. Es handelt sich also eher im üppige Großraumtaxis für drei Personen 😉 Und das Gepäck wird immer sehr liebenswürdig und vorsorglich von den FahrerInnen unten im Bus verstaut, hier muss sich kein Fahrgast bücken oder abschleppen!
Auf dem örtlichen Wochenmarkt, den es in größeren Orten oder in der Stadt gibt, kaufen FinnInnen Erbsen als „Snack auf die Hand“. Die Erbsen werden bei einer Pause im Park direkt aus der Schote geknabbert. Alle Waren werden als Liter mit Metallkrügen abgewogen und verkauft. 90% des Angebots stammt aus Süd- und Osteuropa, einheimische Erzeugnisse werden extra mit finnischen Fähnchen bestückt. Auf dem Markt ist es natürlich, genau wie in Deutschland, preiswerter als im Supermarkt. Wer im Schärengarten unterwegs ist, kann schwedisch sprechen, alle anderen machen sich auf englisch verständlich. Denn wer kann schon finnisch sprechen?!