aufmerksam, glaubhaft

Tod und Sterben – Gespräch mit einem Kind

Vor längerer Zeit schrieb ich einen Bericht über das Buch „Weltwissen der Siebenjährigen“ von Donata Elschenbroich, in dem eine der Thesen war, dass sich jedes Kind mit der Sterblichkeit auseinandersetzen sollte.
In der vergangenen Woche entspann sich zufällig ein Gespräch über Tod und Sterben mit einem Fünfjährigen, der bis vor einiger Zeit so schlecht deutsch sprach, dass längere Unterhaltungen kaum stattfanden.
Aus der Erinnerung greife ich einige seiner Äußerungen auf, das Gespräch ist an dieser Stelle nicht vollständig.

Er: „Wenn ich tot bin, komm ich dann ins Krankenhaus?“
Ich: „Nee, dann können die Ärzte im Krankenhaus nichts mehr machen. Dann kommst du, hm, in die Erde.“ Ich hatte Angst, ihm davon zu erzählen, dass er in einen Sarg genagelt wird, deshalb ließ ich es weg, was sich sofort rächte:
Er: „Iiiiieh, nein, dann krieg ich Sand in den Mund!“
Ich: „Nee, kriegst du nicht, aber du merkst dann sowieso nicht, was mit dir passiert.“
Er: „Und was mach ich dann?“
Ich: „Nichts. Die ganze Zeit: Nichts. Aber das merkst du auch nicht, weil du tot bist – dann fühlt man nicht, dass man nichts macht.“
Er: „Und morgen?“ Er meinte den auf den Tod folgenden Tag.
Ich: „Dann machst du auch nichts und spürst auch nichts davon.“
Er: „Und dann morgen?“
Ich: „Wenn du erstmal tot bist, bleibt das so.“

Er: „Müssen Mama und Papa auch sterben?“
Ich, zögerlich: „Jaaa….“
Er, mit aufgerissenen Augen: „NEIN! Aber wer gibt uns dann Essen?“
Ich: „Mama und Papa sterben bestimmt erst, wenn du schon ganz groß bist. Dann bist du vielleicht selbst ein Papa und deine Brüder auch und dann arbeitest du und verdienst Geld und dann kaufst du selbst Essen.“

Er: „Sterben auch Babies?“
Ich: „Ja, aber meistens erst wenn sie ganz alt sind, wenn sie Omas und Opas sind und noch älter.“
Er: „Sterben auch (zählt verschiedenste Personen und Berufe auf)?“
Ich: „Jaaa, aber erst, wenn sie ganz alt sind.“
Er, erschrocken: „Aber dann ist hier ja keiner mehr! Dann sind ja alle tot!“
Ich: „Nein, es sterben mal hier eine Oma oder da ein Opa und währenddessen gibt es neue Babies, die irgendwo geboren werden, und dann gibt es immer Leute – alte und junge.“

Wir fuhren mit unserer Aufgabe fort.
Am Ende der Stunde, als wir seine Mutter herein riefen:
Er: „Mama, du musst sterben! Weißt du das?“
Sie: „Jaaa, weiß ich.“
Er: „Willst du das?“
Sie: „Nein, aber alle müssen sterben, auch wenn das keiner will.“

Zum Glück nahm die Mutter es ganz gelassen, dass sich ein Gespräch über ein derart „schwieriges Thema“ ergeben hatte – aber wenn es dran ist, ist es dran.