aufmerksam, glaubhaft

Zu Besuch im Flüchtlingsheim

Seit einigen Wochen findet in „unserem“ Flüchtlingsheim, das in Luftlinie ca. 200 m von uns entfernt liegt, einmal pro Woche der „Kinderclub“ statt. Ehrenamtliche spielen mit den Kindern, sammeln Spenden und verteilen sie. Bisher hatten wir gutes Wetter, sodass ich mit einigen Mädchen draußen sportlich aktiv war: Springseil schwingen und „Teddybär, Teddybär, dreh dich um“ gefühlte hundert Mal singen, Frisbee werfen, Fußball spielen. Neben vielen guten Erlebnissen gehören dort ganz andere Umgangsformen der Erwachsenen gegenüber den Kindern dazu – für mich schwer zu ertragen, aber ich bin nur Gast.

An dieser Stelle möchte ich teilen, welche Unternehmungen geplant und durchgeführt werden, um andere Ehrenamtliche zu inspirieren. Über weitere Ideen freue ich mich!

Für die Kinder

– Angebote zum Spielen, Basteln, Malen. Drogerien spenden dafür benötigte Mittel wie Papier, Stifte, Knete, wenn sie darum gebeten werden.

– Vorlesen und gemeinsames Anschauen von Büchern mit den Kleinkindern. Hier ist es besonders schön, wenn die Mütter mitmachen und den Kleinen Sicherheit vermitteln. Gleichzeitig entsteht ein besserer Kontakt auch zu den Eltern, als wenn sich Ehrenamtliche und Eltern nur flüchtig auf dem Gelände sehen.

–  Bei gutem Wetter sportliche Gruppenangebote zwischen den Häusern der Unterkunft, um Energie abzubauen und Koordination sowie Fitness aufzubauen: Fußball, Federball, Volleyball (klappt auch mit einem aufgeblasenen Wasserball ohne Netz), Frisbee, Seilspringen, Hüpfekästchen, Tauziehen, usw. Da manche Flüchtlingsunterkünfte auf Sportplätzen oder neben Schulen entstehen, lässt sich erfragen, ob am Wochenende die Turnhalle genutzt werden darf: Damit die Kinder aus den engen Räumen der Unterkunft kommen und auch die Erwachsenen Frust und Angst durch Sport abbauen.

– Hausaufgabenhilfe in den Fällen, wo es keine Ganztagsschule gibt: Schließlich können die Eltern ihren Kindern nicht helfen, wenn diese beim Lernen nicht weiterwissen.

– Kartenspiele, die sich auch nonverbal und mit wenig sprachlichen Mitteln spielen lassen: Beispielsweise Memory, einfach Quartette (keine mit komplexen Merkmalen von Kampfjets und zu erklärenden Sportautos) oder Uno. Andere Spiele wie Make´n´Break, Jenga und ähnliche garantieren gemeinsamen Spaß jenseits sprachlicher Grenzen. Auch Interaktives wie Pantomime (einen Begriff ausdenken oder als Zettelchen ziehen und vorspielen, die anderen raten, was gemeint ist) ist möglich. Schlechte Erfahrungen haben wir mit elektronischem Spielzeug gemacht, da es sehr begehrt ist und viel Streit darum entsteht. Oft machen die fiepsenden Geräusche der Spielzeugspenden zusätzlich die Mitarbeiter im Kinderchaos wahnsinnig. Bei Spenden lohnt es sich, darauf zu achten, dass mehrere Kinder tendenziell friedlich damit spielen können…

– Bei uns spendeten die Viertklässler der örtlichen Schule ihre Ranzen für die einzuschulenden Flüchtlingskinder. Schultüten wurden in der hiesigen Kirche gebastelt und gerecht (!) gefüllt – alle bekamen das Gleiche und mussten nicht erleben, dass deutsche Kinder dicke Schultüten tragen und sie selbst gar nichts. Generell lassen sich Aktionen der Schulen für das örtliche Flüchtlingsheim organisieren: Von bunten Briefen, die überbracht werden, über gemeinsame Aktionen bis hin zu einem „Wandertag“ ins örtliche Flüchtlingsheim, wo die Kinder den Mitschülerinnen zeigen, wie sie leben.

 

Erwachsene

– Lustigerweise fand die AG „Spaziergänge“ kaum positive Annahme, da die teilnehmenden Frauen nicht den Sinn von „Spazierengehen“ verstanden und laut Aussage der Mitarbeiterinnen schon nach kurzer Zeit ausruhen wollten. Davon unabhängig finde ich die Idee, mit den Flüchtlingen zusammen die Umgebung zu erkunden, sehr gut. Bis auf wenige junge Männer aus Afrika (Eritrea?) sind kaum Flüchtlinge außerhalb „unserer“ Unterkunft unterwegs, die Frauen am wenigsten. Rechtlich ist bei Ausflügen mit Kindern zu bedenken, dass dies eine ausdrückliche Rücksprache sowohl mit den Angestellten vor Ort als auch mit den Eltern erfordert.

– Gemeinsames Kochen sowohl deutscher als auch „heimischer“ Gerichte. Diese Idee finde ich hervorragend, weiß aber nicht, ob sie in unserem Fall schon umgesetzt wurde und wenn ja, wie das Echo war.

– Begleitung auf Ämter und zum Arzt. Oft reicht es nach Aussagen der Zuständigen in der Verwaltung, wenn der Besuch beim Amt begleitet stattfindet: Dann erfährt die Begleitperson, worum es sich handelt und kann diese Informationen an die Heimleitung weitergeben. Auch werden Flüchtlinge, die von Deutschen begleitet werden, oft wesentlich positiver seitens der Ämter behandelt. Dass Verfahren verschleppt werden, weil die betroffene Person keine Ahnung hat, was von ihr erwartet wird, passiert so deutlich weniger.

– Deutschkurse dort, wo noch keine offiziellen angeboten werden oder zu wenig Plätze vorhanden sind. Wenn der offizielle Deutschkurs zwei Stunden pro Woche stattfindet, ist ebenfalls ehrenamtliche Hilfe nötig, damit es vorwärts geht.

– Sportliche Angebote, um nahe der engen Unterkünften (aber nicht darin) Druck abbauen zu können. Jogging, Fußball, Angebote in einer Sporthalle, die vom entsprechenden Verein zu bestimmten Zeiten zur Verfügung gestellt wird: Vieles ist ohne Mittel und mit wenig Aufwand möglich. Gezielte Angebote nur für Frauen sind eine Möglichkeit, dass sich nicht nur Männer dabei beteiligen.

 

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So sehr wir Deutschen eine umfangreiche Ausstattung lieben:
Es geht auch ohne.

aufmerksam, glaubhaft

Die Welt und wir

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Alles, was das Böse zum Siegen braucht,
sind gute Menschen, die nichts tun.

Edmund Borke, brit. Staatsmann

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Kompass

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Wir sind nicht nur verantwortlich für das,
was wir tun,
sondern auch für das, was wir nicht tun.

Moliere

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Kompass2

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Viel ist schon gewonnen,
wenn nur eineR aufsteht und NEIN sagt.

Berthold Brecht

aufmerksam, feminin, glaubhaft

Warum ich meine Kirchengemeinde liebe

Heute nach dem Gottesdienst.

Während Christian* die Noten vom Bösendorfer sammelt, gehe ich zu ihm hinüber und frage ihn, ob er Zeit hat, uns am 35.89.2014 bei der Trauung musikalisch zu begleiten.
Daraufhin geht ein Strahlen über sein Gesicht, er versichert mir, dort keinesfalls vorzuhaben in den Urlaub zu fahren und gerne die Orgel und den Flügel für uns zu spielen. Voller Begeisterung beglückwünscht er mich zu dem anstehenden Ereignis, notiert es sich sofort im Taschenkalender, und schwärmt anschließend von Hochzeiten und wie gern er für uns das Musikalische übernimmt und wie gern er an die Hochzeit seiner Tochter im letzten Jahr denkt. Und was ich so vorhabe und wie man das instrumentieren könne und dass wir uns bald etwas Passendes dafür ausdenken sollten. Und wer sich noch so alles anbieten würde, zum Beispiel Louise* mit der Violine, und die bekäme doch sicher aus ihrem Orchester noch SpielerInnen dazu organisiert.
Da Christian voller Begeisterung mit der Planung loslegt und ich nicht zu meinem Verlobten zurückkehre (der bisher gemütlich in der Kirchenbank saß), schlendert er nun doch zu uns hinüber und wird von Christian mit großer innerer Anteilnahme beglückwünscht. Angesichts Christians Rührung (der als Wissenschaftler nun wirklich ein gestandener Mann ist, der stets die Ruhe weg hat), werde ich selbst ganz ergriffen.

Wir gehen Richtung Foyer.
Ich nähere mich zwei älteren Damen im Gespräch, warte kurz, bis sie ihre Aufmerksamkeit auf mich richten und begrüße sie: „Guten Morgen Ingrid*, guten Morgen Gertrud*, ich schleiche mich hier so an, weil ich ein Attentat auf euch vorhabe.“
Gertrud, lachend: „Na, Marie, das habe ich mir schon gedacht!“
Ich: „Ja, folgendes: Wir heiraten am 35.89.2014 und ich würde mich freuen, wenn ihr mir beim Sektempfang helft – als Braut kann ich ja schlecht selbst servieren.“ Dann erkläre ich kurz den Ablauf des Tages und werde herzlich von beiden mit Freude überschüttet:
Ingrid: „Ach, das ist aber schön! Wie freu ich mich da für euch! Wir haben hier auch geheiratet…“
Gertrud: „…und wir auch. Da war der Clubraum gerade fertig, aber da passten nur 40 Gäste rein…“
Ingrid: „- ach, aber wir hatten auch nur 40 Gäste und das ging doch alles gut….“
Beide schwelgen in Erinnerungen und freuen sich, wie gut Vergangenheit und nahe Zukunft zusammen passen. Dann werden sie praktisch:
Ingrid: „Ja, dann komme ich so gegen 13.00 Uhr, das schreib ich mir gleich auf. Und ach, die Ingelore* kannst du auch gleich fragen, ob sie mitmacht.“ (Besagte Ingelore hatte mich vor dem Gottesdienst bei der gleichen Bitte liebevoll gedrückt und versprochen, sollte sie nicht mit Ingrid auf Korsika sein, natürlich beim Servieren mitzumachen. Und wie gern sie das doch täte, wo sie sich doch so genau daran erinnert, wie sie damals die Woche vor ihrer Trauung die ganze Zeit Servietten gefaltet hat.)
Gertrud: „Ja, ich bin auch dabei. Was sagst du, Ingrid? 13.00 Uhr? Ist gut, notier ich mir.“
Beide kritzeln eifrig in ihre winzigen Taschenkalender und fühlen sich kein bißchen zu einem pflichtschuldigen Arbeitseinsatz genötigt.

Anschließend treffen wir im Gemeindesaal auf die anderen Gottesdienstbesucher, wo es zu Ehren eines Missionarspaares Dias von ihrer Arbeit, Franzbrötchen und Brezeln für alle (statt nur Kaffee wie sonst) gibt. Die beiden werden seit vielen Jahren von unserer Gemeinde unterstützt, nun sind sie im Rentenalter und immer noch viel im Einsatz. Während die Ehefrau des Missionars die Dias erläutert, zeigt mir Katja* das Fotoalbum ihrer Hochzeit aus dem letzten Jahr. Natürlich war ich bei der Trauung dabei, aber als angehende Braut hat Frau auf die Dekoration der Kirche und die nötigen „Umbaumaßnahmen“ in Gottesdienstraum und Foyer doch einen anderen Blick. So zeigt sie mir eifrig Bilder und wir tauschen uns sehr offen aus, wie viel Budget für welche Posten zu veranschlagen sind.
Beim Hinausgehen werde ich von Annika* umarmt, die ständig überall in der Welt unterwegs ist und gerade mit ihrem englischen Mann für eine Familienfeier nach Deutschland gekommen ist. Ihr erzähle ich kurz, dass ihr Vater mir letzten Sonntag ihr Hochzeitsalbum mitgebracht und gezeigt hat, damit wir uns besser vorstellen können, wie wir das Ganze planen. Daraufhin berichtet sie mir, was für großartige Ideen sie von einer anderen Hochzeit mitgenommen hat (leider war ihre eigene da schon vorbei…). Aber vielleicht ist es für uns das Richtige?

Mein Verlobter auf der Rückfahrt mit der U-Bahn: „Also ihr Baptisten habt schon eine ganz eigene Euphorie, wenn es um die Gemeinschaft geht. Bei uns Katholiken hätten sich auch alle gefreut, aber die Gemeinde hier sprudelt ja vor Begeisterung, bloß weil wir heiraten!“

Darum liebe ich meine Gemeinde:
Wir bilden ein großes Gefüge, in dem JedeR einen Platz findet. Demnächst gibt es wieder eine Gemeindeversammlung: Dann wird es um Finanzielles und die Pläne für das neue Jahr gehen. Die Wellen werden hochschlagen, es werden alle Plädoyers für ihren Standpunkt halten, es wird heftige Streitgespräche und herzliche Dankesreden geben. Eine schier endlose Reihe an Abstimmungen erfolgt ebenfalls. Das nennt man Basisdemokratie, und die ist uns Freikirchlern wichtig.
Zum Schluss werden wir hungrig und etwas sehr erschöpft zu einem verspäteten Mittagessen nach Hause gehen.
Doch letztlich zählt, dass wir uns im Herzen doch trotz der persönlichen Macken alle gern haben und wissen, dass DER, wegen dem wir uns in der Kirche versammeln, uns noch viel mehr liebt, als das Gemeindeglieder untereinander tun können.

 

*Alle Namen wie immer geändert.

feminin

Verheißungsvolle Perspektiven

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Eine Frau ist wie eine Blume,
die blühen will…

„… und dann kam der Tag,
an dem es mir größere Schmerzen bereitete
eine verschlossene Knospe zu bleiben

als zu wagen, mich zur Blüte zu öffnen…“
Anais Nin

Liebe dich selbst, jeden Tag mehr, und liebe Dein Leben!
In dir steckt eine sinnliche, kraftvolle, dynamische,

lebendige, erotische, wache, wunderbare, einzigartige Frau.
Lasse sie zum Vorschein kommen und spiele.
Die Welt wartet auf Dich!


Quelle Text: http://www.weg-der-weiblichkeit.de/
Brigitte Hebekeuser