aufmerksam

Petition für eine bessere Vergütung in therapeutischen Berufen

Über eine Kollegin erfuhr ich von der aktuell laufenden Petition zur besseren Vergütung von LogopädInnen, PhysiotherapeutInnen und ErgotherapeutInnen (wobei die Logopädinnen mit Abstand am wenigsten verdienen, laut Aussagen meiner Praxisleiterin).
Nach wie vor hat diese Berufsgruppe keine Lobby und wird seitens der Krankenkassen durch Kürzungen und Streichungen im Rahmen der neuen Heilmittelrichtlinien zunehmend unter Druck gesetzt – jenseits der Öffentlichkeit.

Im Folgenden zitiere ich Inhalte aus der Internetseite der Petition auf change.com

Die Vergütung einer Behandlungseinheit in der physiotherapeutischen, ergotherapeutischen und logopädischen Praxis ist nicht mehr zeitgemäß! Zudem werden viele Leistungen kaum- bis gar nicht vergütet (Berichte an den Arzt, Dokumentationen etc.). Es wird endlich Zeit, dass die Gesetzlichen Krankenkassen die erbrachten Leistungen dieser Berufe besser vergüten, denn sie leisten einen wichtigen und verantwortungsvollen Beitrag in der Gesellschaft!

Warum unterschreiben Sie die Petition?
„Ein beträchtlicher Teil der Leistungen dieser Berufsgruppen sind Prävention, mindestens Sekundärprävention! Die Kosten für eine Behandlung sind äußerst gering im Vergleich zu anderen Maßnahmen und besonders im Vergleich zu dem Verlust an Partizipation und den damit verbunden Kosten. Lebensqualität und Wohlbefinden können besonders durch diese Berufsgruppen besonders verbessert werden. Die Bezahlung und die Gängelung (Minutentakt!) sind eine Zumutung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen. Direktzugang zum Patienten ist ebenso wichtig.“
Dr. Konstantin Kowalewsky

„Der derzeitigen Vergütungssituation durch die Gesetzlichen Krankenkassen fehlt jede gesunde Relation. In kaum einem anderen Sektor wird allein soviel Geld für Fortbildungen ausgegeben und trotz einer unglaublichen fachlichen Qualifikation keine bessere Vergütung erzielt. Ich würde gern einmal sehen wie Mitarbeiter einer Krankenkasse mit dem Gehalt leben, dass sie uns Therapeuten zuweisen. Ändert sich nichts an der Situation werden immer mehr Therapeuten nur noch mit Privatpatienten arbeiten und Gesundheit ein Luxus werden, den sich nicht mehr jeder leisten kann.“
Robert Haueisen

„Nach 12 Jahren als engagierte, verantwortungsvolle Physiotherapeutin bin ich von der finanziellen Vergütung und den drauf bezogenen Zukunftsaussichten nur noch frustriert. Ich würde dahin blickend dem Nachwuchs dringend von dieser Berufswahl abraten! Das finde ich extrem bedauerlich, da die Gesellschaft gut geschulte Physiotherapeuten benötigt!“
Christina Büttner

Bitte unterstützt das Anliegen und sichert damit eine zuverlässige therapeutische Versorgung für alle Altersklassen!

http://www.change.org/de/Petitionen/physiotherapeuten-ergotherapeuten-und-logop%C3%A4den-besser-verg%C3%BCten

 

aufmerksam, feminin, glaubhaft

Fehlende Lobby für TherapeutInnen

Im Rahmen der Protestaktion „Die Logopädie geht baden“ entstand ein Gespräch mit Vertretern der Interessensgemeinschaft „Freie Therapeuten“

therapeutenonline (+o): Was machen die Freien Therapeuten?

Freie Therapeuten: Die Freien Therapeuten sind eine Interessengemeinschaft selbstständiger Heilmittelerbringer. Wir setzen uns ein für die Belange von Logopäden, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Podologen.

Unsere drei Hauptforderungen: Wir fordern die Abschaffung der Richtgrößen! In Anbetracht der Überschüsse der Krankenkassen in Milliardenhöhe sehen wir die Budgetierung nicht mehr gerechtfertigt.

Wir fordern eine bessere Vergütung! Wir Heilmittelerbringer machen nur rund 3% der Gesamtausgaben im Gesundheitsbereich bundesweit aus. Letzte Daten aus 2012 zeigen, dass wir Logopäden davon alleine nur geschätzte 0,3% ausmachen. Es kann nicht angehen, dass wir dafür bestraft werden und für einen Netto-Lohn von13 Euro die Stunde arbeiten.

Wir fordern eine Vereinfachung der Bürokratie! Durch den Gesetzesgeber unterliegen wir der Prüfpflicht von Verordnungen. Es ist wirklich schwierig, durch diesen Kram noch durchzukommen und ich nenne das ganz bewusst ‚Kram’. Es kostet uns viele Nerven und viel Zeit, welche wir nicht bezahlt bekommen.

Viele unserer Kollegen stehen vor einer echten Existenzbedrohung, egal, ob angestellt oder selbstständig. Heute eine Praxis zu führen bedeutet Luxus. Man muss einen guten finanziellen Background haben, um das überhaupt noch leisten zu können.

+o: Sie beschreiben die Situation als untragbar. Was sollten die betroffenen Therapeuten aus Ihrer Sicht tun, um etwas zu verändern?

Freie Therapeuten: Die Therapeuten sitzen zu viel da und jammern. Wir müssen mutiger sein, mehr auf die Straße gehen, so wie heute zum Beispiel. Aber ganz im Gegenteil: Viele Therapeuten treffen sich in irgendwelchen Foren und jammern über immer dasselbe Thema. Wenn es dann darum geht, mal eine Aktion zu starten, dann kann Keiner.

Dass hier heute über 200 Leute gekommen sind, wundert uns wirklich, aber freut uns natürlich auch total. Aber es muss mehr werden! Wir müssen mehr Mut und Selbstbewusstsein haben und für uns einstehen, so wie das zum Beispiel auch die Hebammen machen.

+o: Wie hat Ihnen die Aktion „Die Logopädie geht baden“ gefallen? Was sagen Sie zu den Statements der Politiker?

Freie Therapeuten: Die Politiker sehen ja immer alles ein und wissen von der schwierigen Situation. Jetzt gilt zu prüfen, ob sie ihren Worten Taten folgen lassen. Horst Seehofer selbst sagt, dass das, was vor den Wahlen gesagt wird, nach den Wahlen nicht mehr gilt. Das wissen wir ja schon seit Jahren. Ich habe beim Zuhören gemerkt, wie mir der Hals schwillt. Das ist natürlich alles Geschwafel. Da passiert gar nichts, wenn wir selbst nicht dran bleiben.

Sehr interessant war ja auch zu sehen, dass keiner der Politiker die Frage beantworten konnte, was eine Logopädin eigentlich macht. Sie sagen uns wie toll wir sind und wie viel Wertschätzung wir verdienen, aber was wir wirklich tun, weiß keiner.

Die Politiker sagen, man müsse über die Budgetierung reden. Darüber muss man gar nicht reden! Die Krankenkassen haben einen Milliardenüberschuss. Warum muss man da noch über Richtgrößen sprechen? Das Geld ist doch da!

Wir Heilmittelerbringer haben ja auch einen volkswirtschaftlichen Wert. Viele unserer Patienten werden durch unsere Arbeit wieder in den Arbeitsprozess gebracht und fallen dem Staat somit nicht mehr zur Last.

Unsere Arbeit muss honoriert werden! Wir können unsere Mitarbeiter bald nicht mehr so bezahlen, dass sie einigermaßen davon leben können und wir sprechen hier nicht von Luxusgehältern. Viele kratzen am Existenzminimum. Da bekommt mancher Fabrikarbeiter, der nie einen Beruf erlernt hat, mehr als ein Therapeut, der sich nach jahrelanger Ausbildung mit Menschen beschäftigt. 1200 Netto für eine 40-Stunden-Woche, das ist eine Zumutung!

+o: Welche Forderungen stellen Sie an die Politiker?

Freie Therapeuten: Ich glaube nicht, dass sich die Politiker Gedanken über uns und unseren Beruf machen. Es geht scheinbar eher darum, den eigenen Hintern zu retten und das eigene Ego aufzublasen.

Das Einzige, das die Politik gemacht hat, ist die Bindung an die Grundlohnsumme. Wir dürfen ja nur nach der Grundlohnsummensteigerung eine Tariferhöhung  bekommen und die ist dann ja auch noch Verhandlungssache.

Der CDU-Politiker hat gesagt, die Tarifverhandlungen finden zwischen Ärzten, Krankenkassen und unseren Verbänden statt. Das stimmt aber nicht! Unsere Verbände haben da nur ein Anhörungs- aber kein Mitbestimmungsrecht! Verhandelt wird das zwischen dem gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen. Die entscheiden also im Endeffekt darüber, wie unsere Leistungen vergütet werden.

Wir müssen uns eine Lobby erarbeiten, sind aber ja gerade auf einem ganz guten Weg dahin!

+o: Vielen Dank für das interessante Interview!

 

gefunden auf http://therapeutenonline.de/branchennews/berufspolitik/details/artikel/die-logopaedie-geht-baden-die-freien-therapeuten-im-interview-zur-berufspolitischen-lage/

 

Kerstin von Heyden im Gespräch mit Corina Keller, Thomas Etzmuß und Evi Kaiser

aufmerksam

Kindermund: Neue Verben und Adjektive

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Ein Fünfjähriger erklärt mir, dass seine Mutter wegen des anstehenden Umzugs „noch ein Gespräch abführen“ müsse.

Eine Achtjährige soll den Unterschied zwischen Holz und Eisen erklären:
„Eisen ist so härtlich (hart)…“

aufmerksam

Kindermund: Molekular-Küche

Aus meinem Alltag als Logopädin:

Ein Fünfjähriger erzählt mir eine Bildergeschichte von Kim (dem Unisex-Kind), die aus einzelnen Bildern gelegt wird.
„Kim macht Sauerstoff auf das Salat drauf.“
Ich erkläre, dass auf dem Bild zwei Flaschen zu sehen seien: Öl und Essig.
Er: „Ja gut, Essigkeit tut er auch drauf.“

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Kindermund: Conni, unsere Heldin

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Es gibt eine Kinderbuchfigur namens „Conni“, die ich aus der Kindheit meiner jüngsten Geschwister kenne. Sie mochten Connis Erlebnisse als Bücher und Kassetten (!) damals so sehr, dass ich heute noch auswendig „Conni, Conni mit der Schleife im Haar. Conni, Conni die ist einfach wunderbar!“ singen kann. Conni kann quasi alles, vom Fußballspielen bis zum Gewinn eines Pferderennens.
Ein neunjähriges Mädchen erzählte mir nun ganz begeistert, dass sie aus der Schulbücherei ein Buch von Conni ausgeliehen hätte. Lebhaft schilderte sie, wie großartig die Geschichte sei und ob ich das Buch auch kenne und ob es Conni ehrlich gibt und wenn ja, wo sie sie mal treffen kann?
Dass Kinder heutzutage freiwillig lesen, und das in einem der sozialschwächsten Viertel Hamburgs, finde ich „einfach wunderbar“. Angesichts des mutmaßlichen Alters von Conni fürchte ich allerdings, dass die gute Hope* nicht viel Freude an einer Studentin hätte…
Trotzdem rührte es mich, wie nah am Leben die Geschichte offenbar erlebt wurde, sodass der Wunsch entstand, Conni „in echt“ kennenzulernen.

* Namen wie immer geändert

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Kindermund: Gleiches Recht für alle!

Aus meinem Alltag als Logopädin:                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     
Wir halten uns meiner Meinung nach zu lange mit einer Aufgabe auf, ohne dass viel Fortschritt passiert. Also dränge ich ungeniert darauf, die Übung zügig zu beenden.
Das passt dem Kind nicht, weil in seinen Augen gerade alles so schön gemütlich ist. Also fragt es mich leicht anklagend:
„Der kuschelt sich da ein, oder dürfen Hasen keine Auszeit haben?!“

aufmerksam

Kindermund: Bonbontaschentücher

Aus meinem Alltag in der logopädischen Praxis:

In einem mir nicht mehr bekannten Zusammenhang erzählte ein Kind etwas von „Bonbontaschentüchern“ und meinte Bonbonpapier.

Eine große Schwester, die sich zusammen mit ihrer Mutter im Therapieraum aufhielt, um dem kleinen Bruder Sicherheit zu geben, musste zeigen, wie schlau sie ist. Also kommentierte sie das „Schneckenrennen“, während ich das gefühlt millionste Mal in meiner Arbeitstätigkeit die Verbzweitstellung hochfrequent anbot und modellierte.
Die Schwester des kleinen Therapiejungen:
„Der Erste ist am Schnellsten und der Letzte ist am Langsamsten.“
Tschä, damit ist wohl alles gesagt.

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Kindermund: Neue Gentechnik

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin:

Wir spielen mit meinem riesigen Fundus an täuschend echt aussehendem Obst und Gemüse Einkaufen, während ich Input zum Thema „Verbzweitstellung“ gebe.
Das Kind äußert Wünsche: „… und hier auch…. eine Apfelzitrone (Apfelsine)?“

Ich frage eine Sechsjährige, wie gut sie denn im Urlaub an die korrekte Zungenruhelage gedacht hat. Sie schaut mich mit großen Augen an und erklärt es mir:
„Weil da hatte ich so viel Spaß, da konnte ich gar nicht dran denken!“

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Kindermund: Leckere Lo-iven

Szenen aus meinem Alltag in der logopädischen Praxis:

Sigmatismus-Therapie. Mit einem Vorschüler spiele ich Quartett (Hast du für mich ein Eis?), bei dem unterschiedliche Gerichte abgebildet sind und gesammelt werden sollen.
Er gibt sich große Mühe: „Hassssst du für mich noch… Lo-iven?“ Er meinte „Oliven“.

Nachdem ich mit einem türkischen Mädchen im Vorschulalter über zwei Monate Verben mit Vorsilbe geübt habe (anmalen, einsammeln, auspacken usw.) und davon scheinbar nur wenig in der Spontansprache ankam, benutzt sie nun plötzlich Äußerungen wie „Was willst du jetzt unternehmen?“ oder „Ich muss das mal überprüfen!“
Ich bin völlig überwältigt!

Das gleiche Mädchen fragt mich über die Putzfrau aus, die abends kommt. Ob sie wohl Angst hat, wenn sie allein abends durch die „verschlossene“ Praxis läuft und putzt? Noch bevor ich antworten kann, meint sie: „Wenn ich hier Putzfrau bin, habe ich keine Angst!“
Ich dagegen hoffe, dass dieses türkische Kind niemals Putzfrau wird, sondern größere Ziele verwirklichen kann.