aufmerksam, glaubhaft

Der Knacki und der Köter: Eine Geschichte von Gottes überwältigender Liebe zu uns

Jeden Morgen auf dem Arbeitsweg beobachte ich einen Mann, der seinen Hund Gassi führt.
Der Mann sieht aus, als hätte er ein schweres Leben gehabt oder wäre unheilbar krank: Sein Gesicht ist hager und eingefallen, von weißen Stoppeln überzogen. Er steht meist krumm und seine Kleidung schlottert um seinen Körper. Voller Liebe beobachtet er mit einem strahlenden Lächeln seinen winzigen Hund, der aussieht wie eine Mischung aus Fledermaus, Spinne und Wischmopp. Die beiden bilden ein völlig unpassendes Paar, der knallharte Ex-Gefangene oder Krebskranke und sein zappeliges Schoßhündchen.
Der Mann ist komplett in den Anblick seines Hundes versunken und schaut ihn an, als gäbe es für ihn nichts Wertvolleres und Wunderbareres als dieses kleine Lebewesen. Wenn neben ihm eine Bombe explodieren würde, er würde nicht eine Sekunde den Blick von seinem Fifi wenden, der gerade eifrig einen Taubenschiss beschnüffelt.

Gestern ging mir durch den Kopf, dass Gott und ich wahrscheinlich genauso aussehen:
In den Augen anderer Menschen erscheine ich vielleicht genauso grenzwertig hässlich und dämlich wie dieser alberne Köter. Und dennoch schaut Gott mich mit Augen der Liebe an, egal, wie seltsam ich mich benehme und wie gering mein Verstand wirken mag. Nichts kann ihn darin unterbrechen. Niemand lenkt seine Liebe von mir ab, weder meine beschränkte Existenz noch äußere Einflüsse.
Für mein persönliches Versagen, für meine Fehler, meine Schuld anderen gegenüber und meine schlechten Gewohnheiten hat Gott sich foltern und töten lassen.
Karfreitag feiern wir, dass Gottes Liebe größer war als unsere menschliche Schei*e und unsere Ablehnung. Er übernahm allen Dreck, den wir täglich produzieren, und bezahlte dafür. Obwohl wir es nicht verdient haben und die meisten von uns sich lieber über Gott lustig machen, als ihn Ernst zu nehmen.
Nichts kann unseren Wert in seinen Augen mindern, und nichts hält ihn davon ab, sein heiliges Leben für unser Versagen wegzuwerfen, damit wir ein neues, unbelastetes Leben gewinnen.

aufmerksam, glaubhaft

Zum Karfreitag

Andacht zum Wort des Tages vom erf

„Oben über sein Haupt setzten sie eine Aufschrift mit der Ursache seines Todes:
Dies ist Jesus, der Juden König.“
aus der Bibel, Matthäus 27, Vers 37

Als Archäologen in Rom den Palast des Kaisers ausgruben, entdeckten sie an einer Wand ein eingeritztes Bild aus dem zweiten Jahrhundert. Auf diesem Bild in der Wand ist ein Mann am Kreuz zu sehen, ein Mann mit Eselskopf. Und davor ist eine Gestalt mit erhobenen Händen zu sehen. Darunter steht zu lesen: „Alexamenos verehrt seinen Gott.“ Mit dieser Karikatur sollte offensichtlich ein römischer Soldat namens Alexamenos, der sich zu Jesus bekannte, in seiner religiösen Überzeugung getroffen werden. Man wollte ihm sagen: Du bist ein Esel, wenn du einen Gekreuzigten anbetest. Wie kannst du dich nur auf einen Verlierer einlassen.

Dem ist zunächst nicht zu widersprechen, denn in den Evangelien, in den Berichten über das Leben Jesu auf dieser Erde, wird uns tatsächlich auch das Bild eines erbärmlichen Königs gezeichnet. Eben auch eines Königs, den man verspottet mit der Aufschrift: „Dies ist Jesus, der Juden König“ und man damit sagen will: Er ist möglicherweise vieles gewesen, aber ein König ist er nicht, sonst würde er nicht hier hängen.

Aber beim genaueren Hinsehen auf diesen König, kann man entdecken, dieser scheinbare Verlierer ist ein Gewinner. Doch diesen Verlierer will zunächst keiner haben. Der große englische Dichter George Bernard Shaw hat gesagt: „Was Christus gesagt hat, wäre nicht weniger wahr, wenn er auf einem großen Landsitz mit einem hohen Jahreseinkommen gelebt hätte.“ Das klingt wie eine positive Äußerung über Jesus, doch diese Aussage enthält einen großen Irrtum.

Das Evangelium wäre keine befreiende Botschaft, wenn Jesus nicht auch die Leiden menschlicher Existenz mit uns geteilt hätte, wie z. B. Heimatlosigkeit und Verlassenheit, Schmerzen und Todesangst.

Genauso hat ihn der Prophet Jesaja angekündigt: „Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat1 willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“ (Jes 53,3-5). Deshalb kam Jesus auf diese Erde. Deshalb ließ er sich schließlich ans Kreuz schlagen.

Das muss ich mir einmal vorstellen: Der Ewige kam in das Zeitliche – dahin, wo ich mich mit den harten Realitäten des Lebens herumschlagen muss. Der Unendliche war in der Gestalt des Endlichen, d. h. ca. 33 Jahre war Jesus in den Schranken einer bestimmten Zeit. Der Heilige kam mitten in die Daseinsformen des Fleisches.
So war Jesus. So ist Jesus. Er kennt mein Leben. In jeder Form. Ihm ist nichts fremd. Er weiß, was mir fehlt. Er kann mir helfen – gerade weil er so ist.

Friedrich  Justus Perels (1910-1945), ein deutscher Jurist und Widerstandskämpfer gegen das Naziregime, der später auch von Nazis ermordet wurde, hat aus dem Gefängnis am Karfreitag an seine Frau geschrieben: „Heute am Karfreitag steht der ganze Trost des Kreuzes Jesu Christi unmittelbar vor unseren Augen. Das ist eine starke und ewige Gewissheit, dass er für unsere Sünden dahingegeben ist und dass wir durch seine Wunden geheilt sind. Diese Gewissheit gibt er uns und macht uns damit in der größten Trübsal fröhlich und reißt uns aus Angst und Qual. Das erfahre ich hier im ganz großen Maße und daran und an nichts anderes dürft und sollt ihr euch halten.“

Zu diesem König Jesus Christus kann ich kommen. Nicht nur, wenn ich Hilfe nötig habe. Jederzeit. Mit allem, was mich umtreibt. Mit meiner Krankheit und mit meiner Schuld. Diese Tatsache kann ich mir heute am Karfreitag ganz neu bewusst machen und froh darüber werden.

Autor: Pastor Udo Vach

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