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Wunderbar versorgt, jetzt und immer


Erben möchte jedeR gern: Etwas geschenkt bekommen, das einen großen Wert hat. Emotional und am besten auch finanziell.
Heute im Gottesdienst war das Erbe Thema, das für alle gläubigen Menschen vorbereitet ist: „Du, HERR, bist alles, was ich habe; du gibst mir, was ich zum Leben brauche. In deiner Hand liegt meine Zukunft. Ich darf ein wunderbares Erbe von dir empfangen, ja, was du mir zuteilst, gefällt mir.“ (aus der Bibel, Psalm 16, Verse 5 und 6)
Das Erbe ist das ewige Leben nach dem Tod voller Freude, Leichtigkeit und Erfüllung einerseits, aber noch mehr eine Vorauszahlung hier und heute: Durch den Heiligen Geist schenkt Gott uns jetzt schon Frieden, Hoffnung, Mut, Liebe und Kraft.

Während der Predigt gab es eine Zeit, in der wir darauf warten sollten, welchen Eindruck Gott uns von unserem Erbe schenkt. Schließlich ist das nichts, worüber wir uns sonst Gedanken machen. Schon der Begriff ist ziemlich steif und sperrig…
Im ersten Moment schaute ich wie auf ein leeres weißes Blatt, aber dann sah ich einen übervollen Tisch. Darauf so viel Essen in wildbunten Farben, wie die holländischen Maler sie früher in ihren üppigen Stillleben als Ölgemälde festhielten. Fast hörte ich den Tisch ächzen, weil er so überreich beladen war. Blumen leuchteten im Hintergrund und schenkten dem Festmahl zusätzlich Schönheit.
Direkt danach fiel mir ein Vers aus Psalm 23 ein: „Vor den Augen meiner Feinde deckst du mir deinen Tisch; festlich nimmst du mich bei dir auf und füllst mir den Becher randvoll. Deine Güte und Liebe umgeben mich an jedem neuen Tag; in deinem Haus darf ich nun bleiben mein Leben lang.“ Neben der Versorgung unserer Bedürfnisse mit Essen, Trinken, Frieden (Tisch vor den Augen der Feinde) und Schönheit beschenkt Gott uns damit, dass wir für immer bei ihm bleiben dürfen. Jetzt erleben wir nur im Gebet, dass unser Herz bei Gott zu Hause ist. Eines Tages werden wir an dieser riesigen Party teilnehmen und sie wird nie enden, weil wir auf ewig dort zu Hause sind.
Danach forderte der Pastor uns auf, uns zu dritt mit den SitznachbarInnen austauschen: Welche Eindrücke hat Gott ihnen zu ihrem Erbe geschenkt? So konnten wir uns gegenseitig etwas abgeben und einander stärken.

Einen Vorgeschmack auf den Himmel erleben wir, wenn wir beten. Im Stillen für uns, weil Gott unser Herz beruhigt oder durch Ermutigung neue Energie schenkt. Und gemeinsam mit anderen, weil Gottes Kraft spürbar wird, wenn wir Freundinnen und Nachbarn Gutes wünschen. Wenn wir Gott nicht nur unsere eigenen Wünsche und Sorgen erzählen, sondern von uns weg auf andere schauen und ihnen durch das gemeinsame Gebet Liebe und Erfüllung schenken. Dadurch sitzen wir schon jetzt zusammen an Gottes übervollem Tisch und geben einander das Leckerste weiter.

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Buchempfehlung: „Unter Tränen gelacht. Mein Vater, die Demenz und ich“ von Bettina Tietjen

 

>>Das ist das Problem, über das ich viel zu selten nachgedacht habe, das aber viele Angehörige von Demenzkranken kennen. Die Familienmitglieder, die im unmittelbaren Umfeld des Betroffenen leben, bekommen alles hautnah mit: die Unsicherheiten, die fortschreitende Orientierungslosigkeit, die Launen, die Ängste und die Aggressionen. Je weiter man entfernt ist, desto größer ist auch die emotionale Distanz. „Das geht doch alles noch“ lässt sich leicht sagen, wenn man selbst nicht diejenige ist, die alles unter Kontrolle halten muss, das eigene Leben und das des Vaters, das zunehmend aus den Fugen gerät.<<

Dass ich einen Bericht aus dem Leben mit Demenz lese, hängt natürlich eng mit meiner Arbeit zusammen. Dass ich es gern (und freiwillig…)  gelesen habe, ist Bettina Tietjen zu verdanken: Sie schreibt ehrlich, direkt aus dem Leben, benennt Hoffnungen und Ängste. Trotz aller Schwierigkeiten im Alltag ist es ein lebensbejahendes, fröhliches Buch.
In einer Gesellschaft, in der Gesundheit und geistige Leistungsfähigkeit das höchste Gut sind, grenzen wir alles aus, was nicht dazu zu passen scheint: Von der Abtreibung potentiell behinderter Kinder bis zu Alter und Sterben. Umso wichtiger ist es, über Tabuthemen mit Respekt aufzuklären. Denn früher oder später wird es in unseren Familien Angehörige mit Demenz geben – oder es erwischt uns eines Tages selbst. Wer sich mit offenem Herzen mit solchen Themen auseinandersetzt, geht anders durch´s Leben, da bin ich mir sicher.

„Unter Tränen gelacht. Mein Vater, die Demenz und ich“ von Bettina Tietjen, Pieper

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Lebendige Vergänglichkeit

Wildblumenwiese

 

Heute stieß ich zufällig auf diese wunderbare, stimmungsvolle und sehr authentische Reportage über den größten Parkfriedhof der Welt, den Friedhof Ohlsdorf in Hamburg. Im Stil eines englischen Parks gestaltet, dominieren mächtige Bäume, wilde Blumenwiesen und viele Gewässer das 391 Hektar große Areal. Hier leben neben vielen Vögeln (auch bedrohten Uhus) Füchse, Rehe, Waschbären und Wasserschildkröten, die sich ihren eigenen Lebensraum erobert haben.
Märchenspaziergänge, Lesungen zu erotischen Grabmalen, Veranstaltungen im Garten der Frauen, naturkundliche Wanderungen – hier ist viel lebendige Kultur zu erleben.
Wen es interessiert: „Im Wald der Engel“ im NDR

 

Rosen auf dem Friedhof Ohlsdorf

 

„Alle Geschöpfe der Erde fühlen wie wir,
alle Geschöpfe streben nach Glück wie wir.
Alle Geschöpfe der Erde lieben, leiden und sterben wie wir,
also sind sie uns gleich gestellte Werke des allmächtigen Schöpfers
– unsere Schwestern und Brüder.“

Franz von Assisi

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Ideen zu Trauerfeier und Beerdigung

Vor einer Beerdigung oder Trauerfeier stellt sich die Frage, wie dieser Anlass so gestaltet werden kann, dass Abschiednehmen auf eine gute Weise möglich wird. Dazu habe ich im Folgenden Ideen gesammelt:

* Schöne Blumen zu einem kleinen Strauß binden lassen und statt Erde als letzten Abschied in das Grab auf den Sarg werfen.
Dafür bieten sich Blumen an, die die/der Verstorbene besonders mochte,
die eine Lieblingsfarbe der/des Verstorbenen haben,
die einen besonderen Duft der Erinnerung an gemeinsame Zeiten verströmen
oder die mir als Trauernde besonders am Herzen liegen.

* Einen Abschiedsbrief schreiben und mit der Erde oder den Blumen ins Grab werfen.

* Ein Abschiedslied am offenen Grab singen oder mit einem Instrument spielen.

* Eine Kerze am Grab zurücklassen.

* Einen persönlichen „Schatz“ aus der gemeinsamen Zeit ins Grab legen.

* Einen Segen, der mich berührt, am Grab sprechen oder einen eigenen Segenswunsch erfinden.

* Gemeinsam über die verstorbene Person (durch ♥ symbolisiert) sprechen, in Erinnerungen schwelgen, das Gute betonen, über bestimmte Situationen aus der Vergangenheit noch einmal lachen:

Welche Momente und Begebenheiten erinnern dich an ♥ ?

Was sind deine schönen Erinnerungen, die du teilen möchtest?

Welche Sprüche und Zitate von ihr/ihm fallen dir ein?

Worüber schmunzelst du im Zusammenhang mit ?

Welche Botschaft nimmst du für dein Leben mit?

 

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Eine Hebamme und eine Bestatterin im Gespräch

In der Zeitschrift „BrigitteWoman“ ist ein schönes Interview zwischen einer Hebamme und einer Bestatterin zu lesen. Beide setzen sich mit dem Tod auseinander; die Hebamme bietet Trauerbegleitung für Eltern, die ein Kind verloren haben, an.
Wie sehr ähneln sich Geburt und Tod?
Warum werden beide Ereignisse so schnell und professionell wie möglich erledigt, am besten unsichtbar und antiseptisch?
Was fehlt unserer Gesellschaft und damit uns selbst in unserem Umgang mit diesen Themen?
Fragen, über die es sich Nachzudenken lohnt.

Das Interview ist zu finden unter http://woman.brigitte.de/leben-lieben/psychologie/geburt-und-tod-1151230/

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Tod und Sterben – Gespräch mit einem Kind

Vor längerer Zeit schrieb ich einen Bericht über das Buch „Weltwissen der Siebenjährigen“ von Donata Elschenbroich, in dem eine der Thesen war, dass sich jedes Kind mit der Sterblichkeit auseinandersetzen sollte.
In der vergangenen Woche entspann sich zufällig ein Gespräch über Tod und Sterben mit einem Fünfjährigen, der bis vor einiger Zeit so schlecht deutsch sprach, dass längere Unterhaltungen kaum stattfanden.
Aus der Erinnerung greife ich einige seiner Äußerungen auf, das Gespräch ist an dieser Stelle nicht vollständig.

Er: „Wenn ich tot bin, komm ich dann ins Krankenhaus?“
Ich: „Nee, dann können die Ärzte im Krankenhaus nichts mehr machen. Dann kommst du, hm, in die Erde.“ Ich hatte Angst, ihm davon zu erzählen, dass er in einen Sarg genagelt wird, deshalb ließ ich es weg, was sich sofort rächte:
Er: „Iiiiieh, nein, dann krieg ich Sand in den Mund!“
Ich: „Nee, kriegst du nicht, aber du merkst dann sowieso nicht, was mit dir passiert.“
Er: „Und was mach ich dann?“
Ich: „Nichts. Die ganze Zeit: Nichts. Aber das merkst du auch nicht, weil du tot bist – dann fühlt man nicht, dass man nichts macht.“
Er: „Und morgen?“ Er meinte den auf den Tod folgenden Tag.
Ich: „Dann machst du auch nichts und spürst auch nichts davon.“
Er: „Und dann morgen?“
Ich: „Wenn du erstmal tot bist, bleibt das so.“

Er: „Müssen Mama und Papa auch sterben?“
Ich, zögerlich: „Jaaa….“
Er, mit aufgerissenen Augen: „NEIN! Aber wer gibt uns dann Essen?“
Ich: „Mama und Papa sterben bestimmt erst, wenn du schon ganz groß bist. Dann bist du vielleicht selbst ein Papa und deine Brüder auch und dann arbeitest du und verdienst Geld und dann kaufst du selbst Essen.“

Er: „Sterben auch Babies?“
Ich: „Ja, aber meistens erst wenn sie ganz alt sind, wenn sie Omas und Opas sind und noch älter.“
Er: „Sterben auch (zählt verschiedenste Personen und Berufe auf)?“
Ich: „Jaaa, aber erst, wenn sie ganz alt sind.“
Er, erschrocken: „Aber dann ist hier ja keiner mehr! Dann sind ja alle tot!“
Ich: „Nein, es sterben mal hier eine Oma oder da ein Opa und währenddessen gibt es neue Babies, die irgendwo geboren werden, und dann gibt es immer Leute – alte und junge.“

Wir fuhren mit unserer Aufgabe fort.
Am Ende der Stunde, als wir seine Mutter herein riefen:
Er: „Mama, du musst sterben! Weißt du das?“
Sie: „Jaaa, weiß ich.“
Er: „Willst du das?“
Sie: „Nein, aber alle müssen sterben, auch wenn das keiner will.“

Zum Glück nahm die Mutter es ganz gelassen, dass sich ein Gespräch über ein derart „schwieriges Thema“ ergeben hatte – aber wenn es dran ist, ist es dran.

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Danke für die schöne Zeit

 

Gestern erfuhr ich im Gottesdienst, dass ein älterer Herr gestorben ist, der schon lange krank war. Wenn er mit seiner Frau nach Krankenhaus-Aufenthalten und Zeiten des Rückzugs wieder im Gottesdienst war, überraschte er mich jedes Mal mit einer ungebrochenen Lebensfreude:
Er freute sich, im Gottesdienst zu sein. Er freute sich, angesprochen und begrüßt zu werden.
Er freute sich, mich zu sehen, auch wenn wir uns genau genommen nicht gut kannten.
Diese Freude, dabei sein zu können, war ansteckend und bereicherte die Gemeinschaft.
Zu sehen, wie gern er in die Kirche kam, auch wenn es nur selten passierte, ließ auch mir die Gemeinde umso wertvoller erscheinen.
So schrieb ich eben seiner Frau einen Brief und legte eine Karte mit folgendem Spruch bei:

Danke für die schöne Zeit!

Ich hoffe, sie versteht die Zeile trotz des unmittelbaren Eindrucks von Krankheit und Tod – denn genau daran denke ich, wenn ich an P. denke: Das Paradox zwischen langer Krankheit und unübersehbarer Lebensfreude und Dankbarkeit.
Ich hoffe, dass ich als Außenstehende die Situation der Witwe richtig einschätze und sie in das „Danke!“ einstimmen kann.

 

Das Bild entstand beim Ratzeburger Dom und zeigt eine Plastik von Ernst Barlach