aufmerksam, feminin

Vergütung und Arbeitsbedingungen von LogopädInnen verbessern – Equal Pay Day

Anlässlich des „Equal Pay Day“ gibt es aktuell zwei Aktionen, mit denen die Logopädie als typischer Frauenberuf sowie permanent unterbezahlter Heilberuf durch Unterschriften Unterstützung erfahren soll.
Ich freue mich über jede Interessierte, jeden Interessierten, die sich unter den beiden Links informieren und die Wichtigkeit dieses therapeutischen Berufs durch ihre Unterschriften bekräftigen.

Unterschriften-Aktion des Deutschen Bundesverbands der LogopädInnen

Online-Petition zur Vergütung von LogopädInnen

Ein herzliches Dankeschön an alle, die sich dafür einen Moment Zeit genommen und diese wichtige Chance der Einflussnahme unterstützt haben.
Gemeinsam sind wir stark!

aufmerksam

Ein Satz, der mich erfreut – Erster Teil

„Neeiiin, ich will nicht zum Tanzen, ich will zu Frau Krüerke! Katrin ist nicht Frau Krüerke, ich will wieder Logopädiiiiieee machen!“

Hintergrund: Mein persönliches Herzenskind, das viele Kilometer quer durch Hamburg für eine logopädische (Dreiviertel-)Stunde fuhr, hatte sich „leider“ so gut entwickelt, dass es keine therapeutische Indikation mehr gab. Bereits im vorbereitenden Gespräch, dass wir uns bald nicht mehr sehen würden, weil sie so gute Fortschritte gemacht hatte, hatte es große Tränen gegeben. Den obigen Satz zitierte die Mutter in einem Telefonat einige Wochen nach unserer Abschiedsstunde.

aufmerksam, glaubhaft

Tod und Sterben – Gespräch mit einem Kind

Vor längerer Zeit schrieb ich einen Bericht über das Buch „Weltwissen der Siebenjährigen“ von Donata Elschenbroich, in dem eine der Thesen war, dass sich jedes Kind mit der Sterblichkeit auseinandersetzen sollte.
In der vergangenen Woche entspann sich zufällig ein Gespräch über Tod und Sterben mit einem Fünfjährigen, der bis vor einiger Zeit so schlecht deutsch sprach, dass längere Unterhaltungen kaum stattfanden.
Aus der Erinnerung greife ich einige seiner Äußerungen auf, das Gespräch ist an dieser Stelle nicht vollständig.

Er: „Wenn ich tot bin, komm ich dann ins Krankenhaus?“
Ich: „Nee, dann können die Ärzte im Krankenhaus nichts mehr machen. Dann kommst du, hm, in die Erde.“ Ich hatte Angst, ihm davon zu erzählen, dass er in einen Sarg genagelt wird, deshalb ließ ich es weg, was sich sofort rächte:
Er: „Iiiiieh, nein, dann krieg ich Sand in den Mund!“
Ich: „Nee, kriegst du nicht, aber du merkst dann sowieso nicht, was mit dir passiert.“
Er: „Und was mach ich dann?“
Ich: „Nichts. Die ganze Zeit: Nichts. Aber das merkst du auch nicht, weil du tot bist – dann fühlt man nicht, dass man nichts macht.“
Er: „Und morgen?“ Er meinte den auf den Tod folgenden Tag.
Ich: „Dann machst du auch nichts und spürst auch nichts davon.“
Er: „Und dann morgen?“
Ich: „Wenn du erstmal tot bist, bleibt das so.“

Er: „Müssen Mama und Papa auch sterben?“
Ich, zögerlich: „Jaaa….“
Er, mit aufgerissenen Augen: „NEIN! Aber wer gibt uns dann Essen?“
Ich: „Mama und Papa sterben bestimmt erst, wenn du schon ganz groß bist. Dann bist du vielleicht selbst ein Papa und deine Brüder auch und dann arbeitest du und verdienst Geld und dann kaufst du selbst Essen.“

Er: „Sterben auch Babies?“
Ich: „Ja, aber meistens erst wenn sie ganz alt sind, wenn sie Omas und Opas sind und noch älter.“
Er: „Sterben auch (zählt verschiedenste Personen und Berufe auf)?“
Ich: „Jaaa, aber erst, wenn sie ganz alt sind.“
Er, erschrocken: „Aber dann ist hier ja keiner mehr! Dann sind ja alle tot!“
Ich: „Nein, es sterben mal hier eine Oma oder da ein Opa und währenddessen gibt es neue Babies, die irgendwo geboren werden, und dann gibt es immer Leute – alte und junge.“

Wir fuhren mit unserer Aufgabe fort.
Am Ende der Stunde, als wir seine Mutter herein riefen:
Er: „Mama, du musst sterben! Weißt du das?“
Sie: „Jaaa, weiß ich.“
Er: „Willst du das?“
Sie: „Nein, aber alle müssen sterben, auch wenn das keiner will.“

Zum Glück nahm die Mutter es ganz gelassen, dass sich ein Gespräch über ein derart „schwieriges Thema“ ergeben hatte – aber wenn es dran ist, ist es dran.

aufmerksam

Kindermund: Das Kind hat einen Ton am Leibe…

Aus meinem Alltag als Logopädin:

Während einer Therapiestunde: Meiner Einschätzung nach halten wir uns gerade zu lange mit dem Malen auf, ohne dass der Vorschüler sprachlich wesentlich davon profitiert. Eigentlich wollen wir unsere Erzählung durch die Zeichnung festhalten, aber er ist so vertieft, dass er kaum Kapazitäten für das Sprechen hat. Also kürze ich die Aufgabe ab und sage:
„So, die Stifte räumen wir schon mal weg, du brauchst ja nur noch Schwarz. Und dann sind wir auch gleich fertig damit,“ während ich zack, zack die Stifte einpacke.
Er keift mich entrüstet an: „Denk mal kurz nach, hä?! Wozu brauch ich alle Farben?!“

aufmerksam

Kindermund: Aufsatz über Katzen

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin:

Ein Mädchen sollte sich als Hausaufgabe überlegen, was die Katze den ganzen Tag tut und während des Erzählens auf die Artikulation des /s/ aufpassen.
Sie malte daraufhin ein Bild mit sehr lustigen Katzen und schrieb:
„Die Katze kratzt an Kratsbaum. Die Katze siet ihn dunkeln. Die Katze klettert auf dem Baum. Die Katze mag wolknoil.“

Ich erklärte einem Sechsjährigen nachdrücklich, dass jetzt aufgeräumt wird.
Er schaute mich mit blitzenden Augen und strengem Gesichtsausdruck an und rief empört:
„Ich warne dich!!!“
Amüsiert schaute ich zurück und fragte: „Was bedeutet das denn?“
Er, ganz fröhlich: „Das weiß ich auch nich!“

aufmerksam, glaubhaft

Butterfahrt zur Logopädin

Neue Patienten bedeuten für eine Therapeutin jedes Mal einen neuen Anfang – man beschnuppert sich, sammelt Fakten, versucht ein ganzheitliches Bild aus Einzelteilen zusammen zu fügen, beginnt zu arbeiten und hofft, dass bald eine tragfähige Patienten-Therapeuten-Beziehung entsteht.
So auch bei mir als Logopädin.
Manche Kinder sind zu Beginn offen und begeisterungsfähig – ein Teil davon bleibt es (ca. 40-70%), ein Teil langweilt sich nach einigen Wochen der Therapie mehr oder weniger dezent (ca. 5-30%) und ein Teil entwickelt sich im Laufe der Zeit zu hartnäckigen Fällen (ca. 5-20%).
Manche Kinder müssen wochenlang „aufgewärmt“ werden, bis sie offen mit mir sprechen und arbeiten, was auf der psychologischen Ebene so viel Konzentration erfordert, dass logopädisch wenig passiert. Dann jedoch entdecke ich immer wieder wahre Schätze.
Andere Kinder treten am Anfang wie ein Alptraum aus Erziehungsbüchern auf,  sodass ich um meine Nerven bange (wie soll ich das aushalten?), aber nach einigen Stunden unter vier Augen und klaren Ansagen läuft es plötzlich doch.
Wieder andere verabschieden sich nach der zweiten Stunde mit Küsschen von mir.
Kurz: Wie sich die Zusammenarbeit entwickelt und welche Resultate im Therapieprozess möglich sind, zeigt die Zeit.

Momentan habe ich durch Zufall einen ganzen Schwung älterer Damen in Behandlung (natürlich jede einzeln), was derzeit noch ungewohnt ist.
Die Störungsbilder reichen von neurologischen, degenerativen Erkrankungen über einen Schlaganfall bis zu Stimmstörungen.
Die Damen sind teilweise energiegeladen und taff, teilweise antriebslos, selbstmitleidig und psychisch auffällig – die ganze Bandbreite also.
Die eine wünscht sich klare Instruktionen, viele Übungen und kein Gespräch, die andere scheut vor jeder Form von therapeutischer Intervention zurück und möchte nur reden (oder, wie meine Chefin sagt: „Saug! Saug! Wie ein Vampir. Die zieht deine Energie und Aufmerksamkeit, wo sie nur kann!“). Das erinnert denn mehr an eine Butterfahrt in die Praxis als an konsequente logopädische Übungen.
Alle sind sie deutlich älter als ich, sodass ich momentan sehr damit beschäftigt bin, gleichzeitig respektvoll aufzutreten und klare Grenzen zu ziehen. Mein Job ist die Anamnese (therapiebegleitend, nicht nur in der ersten Stunde), das Angebot von störungsspezifischen Aufgaben sowie die Erarbeitung von alltagsrelevanten Strategien, um der Patientin den Umgang mit der Krankheit zu erleichtern.
Mein Job ist nicht, von vorn bis hinten nett zu sein und für jedes beliebige Thema ein offenes Ohr zu haben, wie offensichtlich gerade ältere, alleinstehende, einsame Damen glauben.

Kurz: Die Arbeit als Logopädin bleibt immer spannend und herausfordernd – gut, wenn es Kollegen gibt, die den Rücken stärken und ähnliche Erfahrungen gemacht haben!

aufmerksam, kreativ

Kindermund: Kuscheln unter dem Teppich

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Ich frage einen kleinen Jungen, was er denn so in der Vorschule erlebt. Er benutzt statt /k/ immer /t/, was man eine „Vorverlagerung“ von Konsonanten nennt und in die Gruppe der phonetisch-phonologischen Störungen fasst.
Er antwortet auf meine Frage: „Tuscheln.“
Ich übersetze gedanklich von /t/ zu /k/: „Ihr kuschelt?“
Er: „Nee, so tuscheln, aber nich mit`n Stift…“
Ich: „Ach, ihr tuscht?!“
Er: „Jaaaa…“ und strahlt.

Mit einem Zweitklässler übe ich die Artikel. Wir unterscheiden in Frauen und Männer und üben den jeweiligen Artikel dazu (die bzw. der).
Ich: „Weißt du, wo DER Indianer wohnt? Im Tipi.“
Er schaut mich leicht verwundert an und wiederholt leise: „Im Teppich…“

 

Auch hier die herzliche Einladung, mal auf dem Teppich zu tusche(l)n…. 😉
Schloss Tremsbüttel

aufmerksam, kreativ

Kindermund: Der Umweltverschnupfer unterwegs

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin:

Ein Junge, 8 Jahre alt, erzählt mir empört vom „Umweltverschnupfer“, der seinen Müll auf die Straße wirft; was sehr, sehr verboten ist.

Eine ältere aphasische Dame aus dem Seniorenheim liest ganz eifrig ihre Hausaufgaben zum Thema Kategorisierungen/Taxonomien vor:
„Möbel: Tisch, Bett, Stuhl, Vitamine.“ (Sie las ungenau und meint die „Vitrine“)

 

Hier fehlt ebenfalls eine Vitrine, das fällt angesichts des historischen Ambientes allerdings kaum ins Gewicht 😉  (aufgenommen in Prag)

aufmerksam

Kindermund: Ganz, ganz tief im Ohr

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin:

Mit einem Fünfjährigen übe ich die Unterscheidung von lautem und leisem Sprechen: Schneewittchen ist groß, und die Dinge in ihrem Haus werden laut aufgezählt. Die Zwerge sind klein, und ihre Möbel werden leise genannt. Dabei malen wir alles, was die beiden Parteien brauchen. Der Junge zum Tisch: „Ich mal‘ ein großen….. und im Wohnzimmer ein‘ groß-kleinen Tisch.“
Anschließend erklärt er mir den aktuellen Stand seiner Paukenröhrchen:
„Eins ist draußen. Das andere nicht. Das hat der Krankenmann ganz, ganz tief ins Ohr getan.“

Ein Mädchen singt plötzlich aus heiterem Himmel: „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach, klipp-klapp…“
Ich überlege laut: „Kam das in einem Märchen vor?“
Sie: „Neee. Von Zahnarzt.“
Aha…?!

aufmerksam

Kindermund: Eskiriment im Bakini

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Ein Junge, 5 Jahre alt, während wir auf einer Bärenfigur aus Holz „Kleidung“ mit einer speziellen Schnur befestigen (Geschicklichkeitsspiel für die Feinmotorik) :
„Guck mal, jetzt hat der so ein Bakini. Ich will auch gern mal ein Bakini haben. Alle meine Schwestern haben einen.“
(Er meinte einen „Bikini“)
Später: „Ja, ich weiß schon, wie das geht, das ist ein Eskiriment. Nä?“
Ich: „Du findest, es sieht aus wie ein Experiment?“
Er: „Ja, ein Esperiment.“

Ein vierjähriges Mädchen im Spiel mit Bauernhoftieren und Karotten:
„Ich futter mal die Schweine.“
Wenn aus „füttern“ „futtern“ wird, geschieht mit dem Tier etwas grundlegend Anderes…