aufmerksam, glaubhaft

Vergebung ist der Schlüssel zum Handeln und zur Freiheit

 

Gerade lese ich ein wunderbares, sehr inspirierendes Buch, von dem ich sicher bald mehr erzählen werde.
Heute möchte ich die Idee teilen, sich mit Vergebung auseinander zu setzen.
Dass Vergebung gut tut und innerlich befreit, sagen seit einigen Jahren immer mehr PsychologInnen und Studien. Lange Zeit war „Vergebung“ etwas für christliche Weicheier und verknöcherte Bibelleser, kurz: Sehr unattraktiv. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet, was ich sehr begrüße. Denn Verzeihen hat eine Kraft und bewirkt eine tiefe Freiheit, auch wenn es im ersten Moment Überwindung kostet. Und im zweiten auch. Und im dritten auch.
Denn je enger wir den alten Ärger und Groll bei uns halten, desto mehr finden wir, wir hätten die Kontrolle über das, was uns angetan wurde. Indem wir jemanden gedanklich büßen lassen oder im langfristig böse sein können. Was natürlich eine Sackgasse ist, die uns in Opferrollen und negativen Vergangenheitsszenarien festhält. Mit Kontrolle hat das wenig zu tun, viel mehr mit alter Gewohnheit und anhaltend schlechten Gedanken.
Mir gefällt die Idee sehr gut, absichtlich die einzelnen Lebensbereiche und Beziehungen zu betrachten und zu schauen, ob es alten Groll gibt. Einerseits anderen Personen gegenüber, von denen wir uns schlecht behandelt und verraten fühlen. Aber auch wir selbst verzeihen uns vieles nicht, was längst seit Jahren in der Vergangenheit liegt. Natürlich kommt beim Nachdenken im ersten Moment der ganze „Schiet und Dreck“, wie wir in Hamburg sagen, so richtig ins Bewusstsein. Aber gleichzeitig wird uns meistens auffallen, wie lange her diese Erlebnisse schon sind: Jahre und Jahrzehnte sind seitdem vergangen, und immer noch haben wir eine dunkle Ecke, in der wir unsere düsteren Gefühle kultivieren. Und jeder dieser verletzenden Momente hat eine eigene dunkle Ecke, sodass sie alle zusammen eine Menge Energie und Lebensfreude blockieren.
So lautet die Frage, wie sehr wir der Person und dem Geschehen verziehen haben. Gar nicht, ein bißchen, fast ganz?
Vergebung muss wachsen und entsteht nicht über Nacht, darin sind sich TheologInnen und PsychologInnen einig. Nur wir selbst haben es in der Hand, ob wir die Türen und Fenster zu unseren dunklen Ecken öffnen und damit frische Luft und helles Licht hereinlassen. Das befreit uns selbst. Denn die kalte Wut und die vernarbte Verletzung hat uns immer nur selbst weh getan, die „Täter“ haben davon nichts gemerkt.
Oft sind die Täter ja nicht die anderen, sondern wir selbst. Fehler und Versäumnisse kreiden wir uns selbst auch unerbittlich an. So halten wir uns als „böse Täter“ einerseits und „Opfer der Umstände“ andererseits an der Kette. Wer anderen nicht vergeben will, kann vielleicht damit beginnen, sich selbst zu vergeben. Die Vergangenheit ist vorbei und kommt nie wieder, völlig egal, wie sehr wir uns innerlich zerfleischen. All die Lebensfreude, die dabei verloren geht, könnten wir so viel sinnvoller einsetzen – für uns selbst und andere.
Also, was haben wir uns selbst nie vergeben? Wäre es an der Zeit, loszulassen? Was brauchen wir dafür? Können wir zumindest „ein bißchen“ vergeben, als ersten Schritt?
Und was können wir anderen vergeben, indem wir die inneren Vorwürfe ausmisten?

Vergebung ist der Schlüssel zum Handeln und zur Freiheit.

Hannah Arendt

 

 

Die giftigen Erinnerungen einfach davon fliegen lassen und Freiheit atmen…

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Wie ein Fest nach langer Trauer

Wie ein Fest nach langer Trauer,
wie ein Feuer in der Nacht.
Ein off’nes Tor in einer Mauer,
für die Sonne aufgemacht.
Wie ein Brief nach langem Schweigen,
wie ein unverhoffter Gruß.
Wie ein Blatt an toten Zweigen
ein Ich-mag-dich-trotzdem-Kuss.

So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung, so ist Vergeben und Verzeih’n.

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Wie ein Regen in der Wüste,
frischer Tau auf dürrem Land.
Heimatklänge für Vermisste,
alte Feinde Hand in Hand.
Wie ein Schlüssel im Gefängnis,
wie in Seenot „Land in Sicht!“.
Wie ein Weg aus der Bedrängnis
wie ein strahlendes Gesicht.

So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung, so ist Vergeben und Verzeih’n.

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Wie ein Wort von toten Worten Lippen,
wie ein Blick, der Hoffung weckt.
Wie ein Licht auf steilen Klippen,
wie ein Erdteil neu entdeckt.
Wie der Frühling, wie der Morgen,
Wie ein Lied, wie ein Gedicht.
Wie das Leben, wie die Liebe,
wie Gott selbst, das wahre Licht:

So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung, so ist Vergeben und Verzeih’n.

Text: Jürgen Werth 1988
gefunden auf Songtexte.com

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Dieses Lied haben wir Anfang der neunziger Jahre jeden Mittwoch in der Jungschar gesungen. Jeden Mittwoch wieder, wenn wir uns noch ein letztes Lied wünschen durften.
In einem wunderbaren Seminar vorgestern kam es mir im Rahmen einer Aufgabe zu positiven Assoziationen wieder in den Sinn.
Gibt es für dich ein Lied, das dir einmal wichtig war und noch heute eine wichtige Botschaft enthält? Vielleicht lohnt es sich, den Liedtext auszudrucken, über den Bildschirm zu hängen, an den Spiegel, über den Küchentisch. Es auf den Nachtschrank zu legen und mit der Melodie im Kopf, der Botschaft im Herzen einzuschlafen.

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Mitten im Sturm

Wenn die, die du liebst und denen du vertraust,
dich verletzen und zerstören,
kannst du mutlos werden.
Denk bestimmt nicht daran aufzugeben
Wenn du zerrissen bist
Wenn du verletzt bist
Vergib denen, die dich verfolgen
Denn es ist in Ordnung, verletzt zu sein
und es ist keine Schande zu weinen.

Aber ich möchte nicht, dass du an diesem Platz der Zerbrochenheit bleibst.
Selbst wenn ich dort mit dir bin, möchte ich nicht, dass du dort verweilst.

Wo du Knochen siehst, sehe ich die Armee
Wo du Fluten siehst, sehe ich das Ufer
Wo du trockene Winde blasen siehst, sehe ich neues Leben wachsen
Wo du Wolken auf dem Weg siehst, ist es Gott

Wie ich Mose aus der Wüste geführt habe, so will ich dich hindurch leiten
Du wirst ein Feuer in der Nacht sehen und eine Wolke am Tag
Ich werde vor dir gehen
Und du wirst vergeben können, wenn deine Seele geflickt ist
Du wirst sehen, da ist Gold, pures Gold von unschätzbarem Wert in deinem Leben.

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When the ones you love and trust
Hurt and destroy you
You may be discouraged
Certainly don´t think of giving up
When you are broken
When you are wounded
Forgive those who persecute you
For it´ s alright to be broken
And it is no shame to cry

But I do not want you to remain in that place of brokeness
Even though I am in that place with you still I do not want to stay there

Where you see bones I can see the army
Where you see floods I see the shore
Where you see dry winds blow I see the new life grow
Where you see the clouds in your way it is the Lord

Like I delivered Moses out from the desert place so I will lead you through
You will see a fire in the night and a pillar of cloud in the day
I will go before you
And if you can forgive then when your soul is really mended
You will see there is gold pure real gold of great worth in your life

Brian Houston, Kingsways Thankyou Music 2001
(Übersetzung von mir)

Hier lässt sich das Lied anhören.

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Ostern, hier und jetzt

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Jesus Kreuz, der Ort seines Todes, bestand damals aus groben Holzbalken.
Als er dort hing, mit Nägeln angeschlagen, nahm er den gesamten Dreck der Welt auf sich:
Unseren Streit, unseren Neid, unsere gemeinen Sticheleien über andere, unser Unvermögen zu Vergeben, unser kleinkariertes Denken, unsere Lügen, unsere krummen Touren, unser Unvermögen ein fehlerfreies Leben zu führen.

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Aus dem alten, rostigen Kreuz, das im Zuge der Renovierung aus Trägern des Kirchenbaus zusammen geschweißt wurde, wächst neues Leben: Zarte Blumen, ganz unbeeindruckt von Rost und Tod.

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„Bei einem Waldbrand gibt es immer eine Stelle, die das Feuer nicht mehr erreicht:
den Platz, den das Feuer schon ausgebrannt hat.
Golgatha (der Ort von Jesus Tod) ist die Stelle, wo das Feuer vom Gericht Gottes über unsere Sünde schon ganz erloschen ist.

Jesus liebt dich so sehr, dass er auch dann bereit gewesen wäre, für dich am Kreuz zu sterben, wenn du der einzige Mensch auf Erden gewesen wärst.“

Corrie ten Boom

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Versöhnung

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Wenn wir in das verborgene Leben
selbst unserer Feinde Einblick nehmen könnten,
würden wir darin genug Leid und Kummer entdecken,
um allen Feindseligkeiten ein Ende zu machen.

Henry W. Longfellow

 

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Sein wie ich bin, werden wie ich sein soll: Ein Fürbittegebet

Gott,
wir möchten sein, wie wir sind.
Doch immer wieder entdecken wir an uns selbst Verkehrtes.
Wir bitten dich, füge du das, was wir beginnen –
auch das Schlimme – zum Guten.
Lass Worte wachsen, wo wir uns verstocken.
Lass Stille wachsen, wo wir reden und reden.
Lass Taten wachsen, wo wir resignieren.
Lass Ruhe wachsen, wo wir in Aktionismus verfallen.
Lass Frieden wachsen, wo wir im Streit liegen.
Lass Konflikte aufgehen, wo die Sucht nach Harmonie alles lähmt.

 

Gott, du gibst unserem Leben Form und Gestalt.
Du setzt uns Grenzen, schneidest ab, was übersteht,
auch wenn es uns schmerzt.
Du nimmst von uns, was dir missfällt, und lässt Neues wachsen.
Wir bitten dich:
Nimm von uns alle Gier und schenk uns Genügsamkeit.
Nimm von uns allen Stolz und schenk uns Demut.
Nimm von uns alle Trägheit und schenk uns Mut.
Nimm von uns alle Unrast und schenk uns Schlaf.
Nimm von uns alles Alte, was uns in Gedanken quält, und schenke uns Zufriedenheit.
Nimm von uns alle Bitterkeit und schenke uns, dass wir danken können.

 

Amen

 

aus: „Dieser Gottesdienst wurde Ihnen präsentiert von….“, Ulrich Haag

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Leuchtkraft

Es gibt Menschen, die erscheinen uns wie Edelsteine.
Nicht dass sie anders als andere Menschenkinder von sich aus leuchten oder göttliches Licht hervorbringen könnten;
aber sie reflektieren und entfalten das empfangene Licht so farbenfroh und strahlend,
dass man sich unwillkürlich nach der Lichtquelle umschaut.

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Hans-Joachim Eckstein

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aufmerksam

„Obwohl mein Mann normalerweise nicht viele Worte macht, findet er manchmal genau die richtigen.“

Wenn wir beide gesund bleiben und mehr Zeit haben – ich meine als Mann und Frau – nutzen wir sie dann, um mehr über einander zu erfahren? Oder verbringen wir die Zeit nur damit, miteinander auszukommen und Frieden zu halten?“

Ist das wichtig? Muss es das eine oder das andere sein?“

Ich glaube schon.“

Ich nicht. Du musst nur leben, Ave, und das Leben sich entfalten lassen. Sag, was du meinst. Du kannst nicht immer darüber nachdenken, was du verloren hast, was du nicht besitzt oder was du nicht bekommen kannst. Denn wenn du das tust, verpasst du das Jetzt. Ich bin heute Nacht bei dir, aber ich kann nicht wissen, ob ich es morgen oder in einem Jahr sein werde – und ob du hier sein wirst. Egal, wie viele Pläne man macht, man kann dennoch nichts mit Sicherheit vorhersagen. Wir sollten keinen Tag verstreichen lassen, ohne innezuhalten und darüber nachzudenken, was wir uns bedeuten, und uns bewusst werden, dass der beste Teil davon derjenige ist, der sich verändert. Das Unbekannte anzunehmen und darauf zu vertrauen.“

Woher weißt du das?“

Jack lächelt. „Weil ich um ein Haar alles verloren hätte. Und ich dachte darüber nach, was ich wäre, wenn du mich nicht lieben würdest.“

Und was wärst du?“

Ich hätte nie wirkliche Freude und auch keine wirkliche Trauer kennnengelernt. Ich war böse auf dich, weil du mich manchmal traurig gemacht hast, und das ist nur allzu menschlich. Es war nicht deine Schuld, aber wenn es ganz schlimm wurde, wollte ich einen Schuldigen finden. Das hieß nicht, dass ich dich weniger geliebt habe – es hieß nur, dass wir gemeinsam etwas lernen mussten, und wenn wir nur zusammen blieben, würden wir es auch schaffen. Du hast es immer geschafft. Als ich es am nötigsten brauchte, hast du für mich gesorgt. Nie hat eine Frau für einen Mann so gesorgt wie du für mich – außer vielleicht meine Mama für meinen Pa. Ich habe so lange mit der Ehe gewartet, weil ich nicht wusste, ob es so einen Menschen überhaupt gibt. Und dann habe ich dich gefunden. Du hast mich nicht enttäuscht. Ich habe eine gute Frau geheiratet, die mich und meine Kinder zu lieben wusste. Du hast zwei Engel in mein Leben gebracht: Etta war die Freude, und Joe – Joe war die Trauer. Und beide haben mich für die Dauer, die sie bei uns waren, zu einem besseren Menschen gemacht. Was keine Kleinigkeit ist.“

Obwohl mein Mann normalerweise nicht viele Worte macht, findet er manchmal genau die richtigen.

 

Auszug aus: Adriana Trigiani, „Himmelslichter“, Heyne