aufmerksam

Therapiematerial für die Logopädie

Projekte liebe ich. Dass ich jemals aufwache und denke, mir fehle ein Projekt, kann ich mir nicht vorstellen. Überhaupt, die Welt ist, wohin ich schaue, voller Vorhaben und Konzepte.
Die Krux ist: Meiner Beobachtung nach benötigen die Kirchen, Konzerne, Praxen, Unis und anderen Anbieter von Dienstleistungen und Bildungsangeboten in Deutschland weniger neue Programme als vielmehr eine bessere, transparentere Darstellung des vorhandenen Portfolios an interessanten Angeboten.
Auch ich selbst könnte, statt wieder in meiner Freizeit ein neues privates oder ehrenamtliches Projekt zu eröffnen, mein vorhandenes Engagement klarer darstellen. Da ich keine Public-Relations-Trulla bin, ist mir das eher fremd, aber irgendwo muss ein Anfang ja beginnen 😉

So denn:
„Madoo.net“ ist eine Homepage, auf der SprachtherapeutInnen aller Berufsgruppen ihr Therapiematerial aus der eigenen Herstellung dem riesigen „Kollegium“ artverwandt Tätiger zur Verfügung stellen. Es kann kostenlos herunter geladen und in der täglichen Arbeit benutzt werden. Ich habe davon schon oft profitiert und ebenfalls Arbeitsblätter, die ich erstellt habe, hochgeladen.
Auch für SozialpädagogInnen, LehrerInnen und interessierte Eltern sind Informationen zur Aufklärung über Sprachschwierigkeiten sowie passende Ideen zur Förderung zu entdecken.

Hier geht es zu meinen therapeutischen Informationsblättern und Übungen.

 

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Irgendwann habe ich mir vorgenommen, es zur Gewohnheit werden zu lassen, die Abschiedsgeschenke der Patienten zu fotografieren – oft vergesse ich es aber auch…

aufmerksam, glaubhaft

Butterfahrt zur Logopädin

Neue Patienten bedeuten für eine Therapeutin jedes Mal einen neuen Anfang – man beschnuppert sich, sammelt Fakten, versucht ein ganzheitliches Bild aus Einzelteilen zusammen zu fügen, beginnt zu arbeiten und hofft, dass bald eine tragfähige Patienten-Therapeuten-Beziehung entsteht.
So auch bei mir als Logopädin.
Manche Kinder sind zu Beginn offen und begeisterungsfähig – ein Teil davon bleibt es (ca. 40-70%), ein Teil langweilt sich nach einigen Wochen der Therapie mehr oder weniger dezent (ca. 5-30%) und ein Teil entwickelt sich im Laufe der Zeit zu hartnäckigen Fällen (ca. 5-20%).
Manche Kinder müssen wochenlang „aufgewärmt“ werden, bis sie offen mit mir sprechen und arbeiten, was auf der psychologischen Ebene so viel Konzentration erfordert, dass logopädisch wenig passiert. Dann jedoch entdecke ich immer wieder wahre Schätze.
Andere Kinder treten am Anfang wie ein Alptraum aus Erziehungsbüchern auf,  sodass ich um meine Nerven bange (wie soll ich das aushalten?), aber nach einigen Stunden unter vier Augen und klaren Ansagen läuft es plötzlich doch.
Wieder andere verabschieden sich nach der zweiten Stunde mit Küsschen von mir.
Kurz: Wie sich die Zusammenarbeit entwickelt und welche Resultate im Therapieprozess möglich sind, zeigt die Zeit.

Momentan habe ich durch Zufall einen ganzen Schwung älterer Damen in Behandlung (natürlich jede einzeln), was derzeit noch ungewohnt ist.
Die Störungsbilder reichen von neurologischen, degenerativen Erkrankungen über einen Schlaganfall bis zu Stimmstörungen.
Die Damen sind teilweise energiegeladen und taff, teilweise antriebslos, selbstmitleidig und psychisch auffällig – die ganze Bandbreite also.
Die eine wünscht sich klare Instruktionen, viele Übungen und kein Gespräch, die andere scheut vor jeder Form von therapeutischer Intervention zurück und möchte nur reden (oder, wie meine Chefin sagt: „Saug! Saug! Wie ein Vampir. Die zieht deine Energie und Aufmerksamkeit, wo sie nur kann!“). Das erinnert denn mehr an eine Butterfahrt in die Praxis als an konsequente logopädische Übungen.
Alle sind sie deutlich älter als ich, sodass ich momentan sehr damit beschäftigt bin, gleichzeitig respektvoll aufzutreten und klare Grenzen zu ziehen. Mein Job ist die Anamnese (therapiebegleitend, nicht nur in der ersten Stunde), das Angebot von störungsspezifischen Aufgaben sowie die Erarbeitung von alltagsrelevanten Strategien, um der Patientin den Umgang mit der Krankheit zu erleichtern.
Mein Job ist nicht, von vorn bis hinten nett zu sein und für jedes beliebige Thema ein offenes Ohr zu haben, wie offensichtlich gerade ältere, alleinstehende, einsame Damen glauben.

Kurz: Die Arbeit als Logopädin bleibt immer spannend und herausfordernd – gut, wenn es Kollegen gibt, die den Rücken stärken und ähnliche Erfahrungen gemacht haben!

aufmerksam

Umgang der Krankenkassen mit TherapeutInnen

LogopädInnen, Physio- und ErgotherapeutInnen wird die Arbeit durch ausufernde bürokratische Maßnahmen erschwert. Statt sich voll auf eine individuelle, kompetente Behandlung der Patienten konzentrieren zu können, verbraucht die tägliche Büroarbeit immer mehr unbezahlte Arbeitszeit. Die neuen Heilmittelrichtlinien der Krankenkassen beziehen sich darauf, wie Verordnungen des Arztes an die Therapeuten auszufüllen sind. Dabei ist es inzwischen von größer Wichtigkeit, ob ein Kreuzchen fehlt oder die ärztliche Formulierung der Leitsymptomatik minimal vom Indikationsschlüssel abweicht. Wenn ja, muss die Logopädin im eigenen Interesse so lange der Rezept-Änderung hinterher sein, bis alles perfekt stimmt – und die Frage, was „korrekt“ bedeutet, ändert sich von Seiten der Kassen häufiger, als man sich an die Vorgaben gewöhnen kann.
Sollte die Therapeutin eine Kleinigkeit übersehen und die Dreistigkeit besitzen, statt des bürokratischen Wahnsinns einfach den Patienten zu behandeln, wird sie dadurch bestraft, dass die Kosten der bereits stattgefundenen Therapie-Einheiten nicht bezahlt werden.
Was bedeutet: Der Patient bezahlt die Kasse, die Kasse jedoch nicht die Therapeutin.
Darunter leidet sowohl die Qualität der Therapie (weil Logopädinnen zu bürokratischen Prinzipienreitern werden müssen, statt ihrer Kompetenzen gemäß zu agieren) als auch die Versorgung der Patienten. Ebenso ist das Verhältnis zwischen verordnenden Ärzten und Logopädinnen zunehmend angespannt, da ungültige Verordnungen vom Arzt wiederholt geändert werden müssen, bis die Krankenkasse zufrieden ist und die Logopädin ihrer Arbeit nachkommen kann.

Mehr dazu unter Frontal 21 von Minute 8 – 17, Sendung vom 22. 05. 2012

aufmerksam

Kindermund: Gefährliche Geschenke

Szenen aus meinem Alltag als Logopädin

Wir spielen „Pixi hat Geburtstag“, ein visuelles Merkspiel, bei dem von Runde zu Runde mehr Gäste auftauchen, deren Geschenk man sich merken muss (Pixi hat Geburtstag. Der Hase kommt und bringt Blumen mit, die Maus schenkt ihm einen Kuchen, der Frosch einen Luftballon, das Eichhörchen zeigt ein Kunststück usw).
Unter anderem taucht auch ein Reiher auf, den die wenigsten Kinder kennen. So ergab sich folgendes Geschenk:
Kind: „Der Geier schenkt ihm einen Rundflug.“
Na, ob Pixi, der kleine Kobold, von diesem Geschenk wohl lebend wiederkam?!

Stottertherapie, letzte Stunde vor der Therapiepause. Das Mädchen und ich nehmen eine Radiosendung auf, dabei kommt eine russische Sängerin vor. Da die Patientin noch nicht lesen kann, malen wir alles, was in der Sendung vorkommen soll, auf ein Blatt. Als Spickzettel quasi.
Ich zeichne über der Sängerin Scheinwerfer mit buntem Licht und frage: „Kannst du erkennen, was das sein soll?“
Sie: „Klar, Bühnenscheiner.“

Ein Junge, ungefähr sieben Jahre alt, verlässt den Raum meiner Kollegin.
Während er sich die Schuhe anzieht, meint er ganz lässig (ohne Blickkontakt) zu ihr:
„Man sieht sich!“ und steht auf. Als er den Flur schon halb hinunter gegangen ist, ruft er plötzlich ganz ehrlich und ohne Pose über die Schulter: „Hat Spaß gemacht heute!“