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Der Knacki und der Köter: Eine Geschichte von Gottes überwältigender Liebe zu uns

Jeden Morgen auf dem Arbeitsweg beobachte ich einen Mann, der seinen Hund Gassi führt.
Der Mann sieht aus, als hätte er ein schweres Leben gehabt oder wäre unheilbar krank: Sein Gesicht ist hager und eingefallen, von weißen Stoppeln überzogen. Er steht meist krumm und seine Kleidung schlottert um seinen Körper. Voller Liebe beobachtet er mit einem strahlenden Lächeln seinen winzigen Hund, der aussieht wie eine Mischung aus Fledermaus, Spinne und Wischmopp. Die beiden bilden ein völlig unpassendes Paar, der knallharte Ex-Gefangene oder Krebskranke und sein zappeliges Schoßhündchen.
Der Mann ist komplett in den Anblick seines Hundes versunken und schaut ihn an, als gäbe es für ihn nichts Wertvolleres und Wunderbareres als dieses kleine Lebewesen. Wenn neben ihm eine Bombe explodieren würde, er würde nicht eine Sekunde den Blick von seinem Fifi wenden, der gerade eifrig einen Taubenschiss beschnüffelt.

Gestern ging mir durch den Kopf, dass Gott und ich wahrscheinlich genauso aussehen:
In den Augen anderer Menschen erscheine ich vielleicht genauso grenzwertig hässlich und dämlich wie dieser alberne Köter. Und dennoch schaut Gott mich mit Augen der Liebe an, egal, wie seltsam ich mich benehme und wie gering mein Verstand wirken mag. Nichts kann ihn darin unterbrechen. Niemand lenkt seine Liebe von mir ab, weder meine beschränkte Existenz noch äußere Einflüsse.
Für mein persönliches Versagen, für meine Fehler, meine Schuld anderen gegenüber und meine schlechten Gewohnheiten hat Gott sich foltern und töten lassen.
Karfreitag feiern wir, dass Gottes Liebe größer war als unsere menschliche Schei*e und unsere Ablehnung. Er übernahm allen Dreck, den wir täglich produzieren, und bezahlte dafür. Obwohl wir es nicht verdient haben und die meisten von uns sich lieber über Gott lustig machen, als ihn Ernst zu nehmen.
Nichts kann unseren Wert in seinen Augen mindern, und nichts hält ihn davon ab, sein heiliges Leben für unser Versagen wegzuwerfen, damit wir ein neues, unbelastetes Leben gewinnen.

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Ihr Standort wird neu berechnet: Wenn wir uns fragen, wo wir uns im Leben gerade befinden

Am Wochenende besuchte ich einen Theater-Workshop, den Hin- und Rückweg fuhr ich mit der S-Bahn. Während ich in meinem Buch schmökerte, schaute ich gelegentlich hoch, wenn wir in eine Station einfuhren, um meinen Bahnhof nicht zu verpassen. Da das Display in den Waggons manchmal falsche Haltestellen anzeigt (und die Ansage ebenfalls gelegentlich falsche Stationen durchsagt), verrenkte ich mir den Kopf, um im Dunkeln die Schilder draußen lesen zu können.
Denn nichts ist so doof, wie sich auf die falsche Ansage zu verlassen und zu kurz oder zu weit zu fahren.

Neulich war genau diese falsche Beurteilung des eigenen Standorts Thema in einem Gespräch. Mein Gegenüber hatte eine lange Leidenszeit hinter sich und fühlte sich darin immer noch gefangen. Ich hatte im Gebet den Eindruck, dass die schmerzhafte Phase der Entwicklung hinter ihr lag und es Zeit war, die Flügel auszubreiten und zu fliegen: Hinein in ein positives Lebensgefühl und neue Horizonte. Darüber war sie sehr erleichtert und freute sich, dass es „nur noch“ die Anpassung der eigenen Perspektive an die veränderten Verhältnisse brauchte, um endlich wieder Freude am Leben zu haben.
So geht es uns oft: Wir haben ein verrutschtes Gefühl für die Lebensstation, die wir gerade passieren oder in der wir stehen.
Wir glauben den Ansagen der anderen, wo sie meinen, dass wir uns im Leben befinden. Oft unterschätzen uns unsere Mitmenschen und entmutigen uns (bewusst oder unbewusst), statt uns dabei zu unterstützen, unser ganzes Potenzial auszuleben. Meist deshalb, weil sie sich selbst nicht trauen, den nächsten Schritt zu tun und deshalb anderen den eigenen Entwicklungsweg abschneiden wollen.
Oder wir verharren in alten Gedankenmustern und Gefühlswelten, die uns vorgaukeln, dass wir zu klein und zu schwach sind, um wirkmächtig unseren Einflussbereich auszuweiten. Gerade nach Zeiten der Krisen, des inneren Umbaus und damit des seelischen Wachstums fällt es uns schwer, zu bemerken, wann wir uns häuten und in einer veränderten Identität in die Luft heben können. Dann glauben wir, eine Station zurück zu liegen, statt zu sehen, dass wir längst ein neues Ziel erreicht haben.

„Ich habe oft darüber nachgedacht, warum manche Menschen mit ihrem Leben Großartiges bewirken, während andere nur wenig bis gar nichts anpacken. Ich weiß, dass das, was wir mit unserem Leben erreichen, nicht nur von Gott abhängt, sondern auch von dem, was in uns ist. Jeder von uns muss sich entscheiden, ob er sich ein Herz fasst und den Mut aufbringt, durch alles hindurch zu gehen: Durch Zeiten der Furcht, Fehler, unfairer Behandlung durch andere, offensichtliche Ungerechtigkeiten und durch all die Herausforderungen des Lebens. Das kann niemand anderes für uns tun. Das müssen wir selbst tun.
Ich möchte Sie ermutigen: Übernehmen Sie Verantwortung für Ihr Leben und für das, was Sie in Ihrem Leben erreichen. Was werden Sie mit dem tun, was Gott Ihnen gegeben hat? Werden Sie Ihre Talente und Ihre Zeit einsetzen oder werden Sie alles verstecken, weil Sie Angst haben?“
Joyce Meyer in „Gib niemals auf“

Damit wir wissen, was in unserem Leben dran ist, müssen wir wissen, wo wir stehen:
Im Stau, wo es weder vor noch zurück geht und wir geduldig im Gebet nach Antworten suchen sollen?
Auf der Überholspur, wo alles wunderbar läuft, aber wir vor lauter Tempo vielleicht den Blick auf das Wesentliche verlieren?
Auf irgendeinem Bahnhof, wo wir schon diverse Chancen verpasst haben, weil wir uns nicht trauten, eine Entscheidung zu treffen und in einen der (Lebens-)Züge einzusteigen?
Eine Station hinter dem Bahnhof, auf dem wir meinten bereits zu sein, sodass es Demut erfordert, bewusst zurück zu gehen und uns neu zu justieren?
Eine Station weiter vorwärts, als gedacht, wo wir es kaum wagen, dem Frieden zu trauen, weil so viel Trauer und Krise hinter uns liegen?

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Licht ins Dunkel tragen: Ideen für uns und andere

Licht ist momentan Mangelware und allgegenwärtig zugleich.
Das Tageslicht fehlt, künstliche Beleuchtung begleitet uns durch den Tag. Oft warten wir im übertragenen Sinn auf Licht, um Durchblick zu haben oder uns innerlich hell und hoffnungsvoll zu fühlen. Vergangene Woche wartete ich auf Licht, da erst nach dem Anbringen der Lichterkette der große Tannenbaum in der Lobby geschmückt werden kann. Mir halfen drei Damen jenseits der achtzig beim Dekorieren der Zweige, während ich oben auf der Leiter herum turnte.

Wenn wir uns nach Aufhellung der Stimmung sehnen, ist die erste Frage, was wir selbst gegen die Dunkelheit tun.
Dunkelheit, die unser Herz verfinstert, können negative Gedanken sein, die wir unbewusst pflegen: Vorurteile, Groll gegen uns selbst oder andere und Lebenslügen, die wir glauben. Enttäuschungen, die uns bis heute klein halten und von denen wir uns die Zukunft begrenzen lassen. Ängste, denen wir uns unterwerfen. Schlechte Angewohnheiten, die uns körperlich und seelisch aus dem Gleichgewicht bringen.
Es hilft wenig, sich nach Licht zu sehnen, wenn wir gleichzeitig die Dunkelheit in unserem Alltag regieren lassen. Ja, auch die Finsternis im Kleinen trägt dazu bei, dass unser Leben nicht die Leuchtkraft entwickelt, die wir uns wünschen.

Kerzen von meinem „Laternen-Nachmittag“ zum Festhalten von Ideen, wie wir Licht zu anderen bringen möchten

 

„Herr, du machst die Finsternis um mich hell,
du gibst mir strahlendes Licht.
Mit dir kann ich meine Feinde angreifen;
mit dir, mein Gott, kann ich über Mauern springen.“

Die Bibel, Psalm 18, Verse 29  -30

Ich glaube, dass wir in uns selbst kein Licht entzünden können. Es ist Gottes Liebe und Gnade, die uns berührt und erhellt. Darum können wir konkret bitten.

„Der Herr ist mein Licht, er rettet mich.
Vor wem sollte ich mich noch fürchten?
Bei ihm bin ich geborgen wie in einer Burg.
Vor wem sollte ich noch zittern und zagen?“

Die Bibel, Psalm 27, Vers 1

Wenn wir bewusst Helligkeit und Gutes in unserem Leben etablieren wollen, hilft es, Dankbarkeit zu pflegen. Beispielsweise abends die Rückschau auf den Tag mit den bekannten „Drei Momenten oder Dingen, wofür ich heute dankbar bin“. Gutes einzuladen in Form von Gebeten und Segen für uns und andere hellt den Alltag auf. Ich bin sehr dankbar dafür, dass seit einigen Monaten schon beim Aufstehen fröhliche Lieder als Ohrwurm in meinem Kopf spielen, die Gott loben und mich ermutigen. Oft bin ich schon vor dem Frühstück im Internet auf der Suche nach dem passenden Lied zu der Zeile, die mir in den Ohren klingt, und starte mit Gottes Lob in den Tag.
Wer anderen bewusst offen und freundlich begegnet, erlebt gelungene Begegnungen, die in uns und dem Gegenüber Positives aufleuchten lassen. Ein lieber Kartengruß, ein Telefonat mit lang verschollenen Freundinnen, ein Tannenzweig für die Nachbarn: Statt zu fragen, wer unser Leben aufhellt, können wir selbst Licht in das Dunkel der Mitmenschen tragen. „Denn die Freude, die wir geben, kehrt ins eigne Herz zurück.“

Und wenn das viel zu anstrengend ist, weil der Verlust eines Familienmitglieds zu schwer wiegt, der Arbeitsplatz eingespart wird oder eine Depression scheinbar bewegungslos über unserem Leben hängt?

In mir ist es finster,
aber bei dir ist Licht.

Ich bin einsam,
aber du verlässt mich nicht.

Ich bin kleinmütig,
aber bei dir ist die Hilfe.

Ich bin unruhig,
aber bei dir ist Frieden.

In mir ist Bitterkeit,
aber bei dir ist die Geduld.

Ich verstehe deine Wege nicht,
aber du weißt den rechten Weg für mich.

Dietrich Bonhoeffer

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Jeunesse dorée

Normalerweise benutze ich mein Blog als Forum, um über Themen zu schreiben, die zu Kreativität einladen, erheitern, bilden, Ästhetik feiern, zum Nachdenken anregen.
Ich vermeide es, über Themen zu referieren, die mich aufregen.
Einfach, weil es genug Negatives in dieser Welt gibt und weil ich viele Menschen treffe, die lieber lästern und abwerten, statt das Wertvolle zu schätzen.
Aber heute muss ich meinen Unmut äußern.
Es regt mich in gewissen Abständen aus bestimmten Situationen heraus auf, wenn ich erlebe, wie Jugendliche durch Gruppendruck und Markenwahn das Geld ihrer Eltern verprassen. Wenn eine Freundin mir erzählt, dass am örtlichen Gymnasium (das ihre beiden Kinder inzwischen Richtung Universität verlassen haben) das Tragen einer bestimmten teuren Jacke notwendig ist, um in der Clique zu bestehen. Alle Welt stolziert nun in dieser besagten Jacke über den Schulhof, Hautsache „gleich“:
An dieser Stelle denke ich an das Zitat „Alle Tiere sind gleich, nur manche sind gleicher.“ aus „Farm der Tiere“ von George Orwell.
Mir wäre es mit 16 Jahren nie in den Kopf gegangen, warum ich die gleiche Jacke wie bestimmte MeinungsmacherInnen tragen soll. Ich finde es beunruhigend, dass über der Individualität offensichtlich (auch an vielen weiteren Gymnasien Hamburgs) das stromlinienförmige Erscheinungsbild steht.
Seit wann ist die Pubertät dazu da, unreflektiert Standpunkte und Erscheinungsbilder zu übernehmen? Bedeutend erheiternder fand ich damals und jetzt, wenn sich Jugendliche auf der Suche nach einem Sinn und Ziel im Leben unter anderem mit dem eigenen Äußeren beschäftigten und dabei allerhand Kuriositäten entstanden. Wunderbar! Den Mathelehrer interessiert es sowieso nicht! Wenn nicht jetzt experimentieren und „spinnen“, wann dann?
Wenn alle das Gleiche tragen, egal wie die Kleidungsstücke hergestellt werden, wie überteuert sie sind und welches Menschenbild die Marke propagiert (ich sage nur: Abercrombie&Fitch sowie Tochterfirma Hollister), dann ist das in meinen Augen „Verdummen auf hohem Niveau“.
Wer verdient denn das Geld für die „angesagten Teile“?
Im seltensten Fall das verwöhnte Kind selbst. Im „besten Fall“ haben die Eltern keinerlei finanzielle Sorgen, sodass es sich von selbst ergibt, dass das Kind die Konsumgewohnheiten der Eltern übernimmt und es sich, ohne je dafür einen Handschlag getan zu haben, leisten kann, auf jeder modischen Welle zu surfen.
Im „schlechtesten Fall“ versucht das Kind krampfhaft, die weniger begüterten Eltern und sein sparsames Elternhaus gegenüber den KlassenkameradInnen vergessen zu machen, indem es um jeden Preis die überteuerten Markenpullover ebenfalls bekommen möchte.
Wenn Jugendliche Nebenjobs annehmen, um sich ihr Konsumverhalten finanzieren zu können, finde ich es insofern dämlich, als dass Konsumgewohnheiten anderer unkritisch übernommen werden. Es ist aber in meinen Augen allemal korrekter und verantwortungsbewusster, als die Eltern für die eigenen, unausdifferenzierten Wünsche Überstunden machen zu lassen.
Zu meinen Zeiten hieß es noch „Das Aufziehen von Kindern kostet von der Geburt bis zum Auszug einen Lamborghini“.
Ich behauptet, dass es heute „Das Aufziehen von Kindern kostet eine Privatinsel in der Karibik.“ heißen muss.
Traurig, besonders, wenn sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet und es offensichtlich schon in Kindertagen wichtig ist, auf „der richtigen Seite“ zu landen.

Koste es, was es wolle.