aufmerksam, feminin

Von Talentierten und Verrückten

Mit meiner Tante war ich neulich in der „Kunststätte Bossard“ unterwegs. Sie liegt südlich von Hamburg am nördlichen Rand der Lüneburger Heide. Der Name war mir natürlich seit Langem bekannt, auch Fotos hatte ich von dem Ensemble schon öfter gesehen, nur war ich bisher nie dagewesen.
Um es kurz zu machen: Johann Bossard, der seine 29 Jahre jüngere Schülerin heiratete (wie immer: alter Mann ehelicht talentierte, junge Studentin), hatte einen außergewöhnlich gruseligen Geschmack und träumte viel vom „nordischen Heldenmenschen“. Er baute sich ein Wohnhaus, einen Kunsttempel, weitere Gebäude und obskure Naturdenkmäler auf ein weitläufiges Heidegrundstück am Wald. Seine liebste Farbe war braun (na, woran erinnert uns das?) und sogar die Fenster seines Wohnhauses bemalte er mit brauner Farbe. Die gesamte Wohnhalle ist mit heroischen Gestalten, nordischen Helden, viel dunklem Holz, düsterem Metall und wilden Farben vom Boden bis zur Decke gestaltet. Schon im Sommer graust es einen, im Winter will ich dort nicht länger verweilen…
Draußen war es, dank des sommerlichen Wetters, besser auszuhalten – bis die Skulpturenreihe voller arischer Gesichter mich äußerst irritierte. Wobei ich es interessant fand, die Skulpturen sofort mit Nazi-Kunst zu assoziieren, und nicht genau zu wissen, warum. Mit meiner Tante philosophierte ich darüber und kam zu folgendem Ergebnis: Sie zeichnen sich durch spitze, sehr gerade lange Nasen aus. Die Augen sind scharfe Ellipsen mit einer blauer Iris und undurchdringlichem Blick, sie zeigen keine Emotionen. Kantige Kiefer, hohe Wangenknochen, kein Gramm Fett im Gesicht lassen sie kühl und kämpferisch aussehen. Mit ihrer hohen Stirn und dem relativ weit „hinten“ beginnenden Haaransatz wirken sie altmodisch und leiderprobt (als hätten sie geschlechterübergreifend früh Glatzen entwickelt). Sie sind groß, haben breite Schultern, einen hageren Körperbau, lange Arme und sind nirgends rund oder weich. Selbst die Frauen sehen aus wie Männer mit langen, blonden Haaren, denen jemand halbierte Apfelsinen auf den Brustkorb geklebt hat. Zusammengefasst sind sie das komplette Gegenteil des Kindchenschemas.
Nun lässt sich fragen, warum Johann Bossard unter den Nazis keine beispiellose Karriere machte, war er doch ein früher Wegbereiter des Gedankenguts, das er völlig freiwillig entwickelte und künstlerisch umsetzte. Bei allem gruseligen Helden-Quatsch bleibt festzuhalten, dass seine Kunst leider viel zu wild und durcheinander war, um den Nazis zu gefallen. Ich behaupte, dass seine Formensprache schwer nach „entarteter Kunst“ in den Augen der Nazis ausgesehen haben muss. Da halfen dem Herrn Bossard auch die Lieblingsfarbe braun und all die blonden Schöpfe nichts.

 

Dahlie

 

Dennoch entwickelte sich der Besuch erfreulich, wofür ein ganz anderes Thema zuständig war: Vor Ort ist die Ausstellung „Die Malweiber von Paris. Deutsche Künstlerinnen im Aufbruch“ zu sehen. Frauen wurden bis in die zwanziger Jahre davon abgehalten, Kunst zu studieren, sie galten als körperlich und seelisch zu schwach, um die Strapazen auszuhalten. In extra dafür eingerichteten Malklassen durften die begüterten Frauen Unterricht nehmen, dabei zeichneten sie natürlich gefällige Stillleben und niemals anatomische Studien oder gar Akte. Da die erfolgreichen Dozenten selbstverständlich Männer unterrichteten, waren die Stundeninhalte der weiblichen Kurse meist dilettantisch, was zu entsprechend mäßigen Produkten führte. Dies sahen die Männer als Beweis, das Frauen eh kein Talent besäßen und ihnen das Wahrnehmen und Erschaffen von Kunst gänzlich fremd sei. In Paris durften Frauen die Kurse der Männer zum doppelten Preis besuchen – was für uns völlig dreist klingt, war die einzige Hoffnung deutscher Frauen, sich ausbilden zu lassen. Dafür, dass es dennoch verhältnismäßig wenig Frauen waren, zeigen viele von ihnen gute bis hervorragende Ergebnisse. Nur ein geringer Teil der Künstlerinnen und ihrer Werke ist heute bekannt, hier möchte die Ausstellung für mehr Öffentlichkeit und Anerkennung sorgen. Bedauerlicher Weise heirateten die meisten Künstlerinnen dann doch (auch wenn ihnen oft bewusst war, dass ihre Selbstständigkeit und damit die Zeit zum Malen oder Bildhauern damit ein Ende hätte), bekamen Kinder und rutschten in ein bürgerliches Leben. Zu Lasten der eigenen Kreativität und Ausdrucksmöglichkeit, natürlich. Einige schafften es, sich mit ihrer Kunst alleinerziehend durchzuschlagen oder für ihren Mann mit zu verdienen. Wie sie es geschafft haben mögen, unter sehr unbequemen Bedingungen drei Kinder aufzuziehen, den Haushalt zu schmeißen, Aufträge zu ergattern und diese erfolgreich abzuarbeiten, frage ich mich wirklich. Entsprechend früh starben einige…
Die Ausstellung hartnäckiger Künstlerinnen ist noch bis zum neunten September 2016 zu sehen, Dienstag bis Sonntag von 10.00 bis 18.00 Uhr.

aufmerksam, Gäste & Feste, kreativ

Finissage meiner Foto-Ausstellung, mit kreativer Anleitung für silberne Bilderrahmen

Finissage 1

Seit Ende Januar waren Fotos meiner festlichen Momente und geschmückten Tafeln im Sitzungsraum unserer Kirche ausgestellt. Dort versammeln sich der Kirchenvorstand und ähnliche Gremien ebenso wie afghanische Christen, koreanische Sängerinnen und Stadtteil-Initiativen.

Finissage 2

Um die Ausstellung abzuschließen, lud ich am Sonntag im Anschluss an den Gottesdienst zu einer Finissage ein. Entsprechend des Mottos „Gemeinschaft erfahren – das Leben genießen – Dankbarkeit teilen“ stellte ich auf dem Flügel vier Bilderrahmen auf.
Im ersten Rahmen führte ich das Thema weiter aus:

Gemeinschaft erfahren

Wir freuen uns über Gäste und neue Mitglieder.

Wir freuen uns darüber,
dass JedeR von uns einen anderen Blick auf das Leben hat
und wir voneinander lernen können.

Wir stellen Verbindendes über das,
was uns unterscheidet und trennt.

Wir schauen einander wertschätzend an.

.

Das Leben genießen

Wir freuen uns über Gottes Schöpfung:
Obst und Gemüse, die Natur, Sonne und Wind.

Besondere Momente kosten wir miteinander aus.

Wir nehmen uns Zeit, Gutes miteinander zu teilen.

Wir erleben Harmonie und Schönheit und danken Gott dafür.

.

Dankbarkeit teilen

Wir erzählen einander, was wir Gutes erleben.

Wir geben etwas ab von dem, was wir haben.

Wir laden Menschen ein, die fremd oder einsam sind.

Wir danken Gott für alles, womit er uns täglich versorgt.

Finissage 3

.Zu jedem der drei Stichpunkte versammelten sich in jeweils einem eigenen Rahmen schöne Zitate. Diese druckte ich zusätzlich mehrfach aus, sie konnten als Inspiration und Erinnerung mitgenommen werden. Ich war ganz überrascht, dass am Ende bis auf zwei offensichtlich unbeliebte Zitate alle eingesteckt wurden…
Auf einem benachbarten Tisch verdeutlichte das gerahmte Tischlied „Miteinander essen, das kann schön sein“ das Thema. Zusätzlich lagen Exemplare der Zeitschrift, die meine Tischdekoration auf einer Doppelseite veröffentlicht hatte, zum Mitnehmen aus.

Finissage 5

Alle Tische hatte ich mit weißen Tischtüchern sowie bunten Tischläufern, Blumen und Kerzen vorbereitet. Der Raum füllte sich schnell mit begeisterten BesucherInnen, sodass die Tischdekoration nur teilweise oder von hinten fotografiert wurde.

Finissage 4

Damit auch die Kinder Spaß haben, war meine Bonsche-Bar natürlich mit dabei. Ich baute eine Stellwand auf, bezog sie mit rot-weiß gestreiftem Stoff und arrangierte große Blüten aus Pappe daran.

Finissage 6

Die Schokoladen-Herzen mit Orange und Mandel gefielen auch den Erwachsenen ausgesprochen gut…

Finissage 7

Nun zur versprochenen Kreativ-Anleitung:

Ich hatte vor einigen Jahren bereits einen Bilderrahmen aus Holz mit silbernem Schlagmetall verschönert. Da ich für die Finissage mehrere Bilderrahmen brauchte, die zueinander passen und ähnliche Formate haben, gestaltete ich einen zweiten in silber.
Obwohl ich den Bilderrahmen früher schon mit Acrylfarbe auf „Shabby-Chic“ getrimmt hatte, ließ sich das Metall befestigen. Leider fand ich meine Anlegemilch nicht mehr und benutzte daher Alleskleber – eine ganz schlechte Idee! Auch die kleinen Metallflitter aus der Packung waren längst nicht so gut wie das Schlagmetall, das sich (für deutlich mehr Geld) als dünne Blättchen kaufen lässt.

  1. Den Rahmen trocken abwischen, damit alles gut haften bleibt.
  2. Jeweils ein Stück des Rahmens mit Anlegemilch einpinseln, das Schlagmetall vorsichtig auflegen und mit einem trockenen, breiten Pinsel glatt streichen. Dabei kann der Pinsel versehentlich in die Anlegemilch kommen und klebrig werden. Dann reinigen und gut abtrocknen, während dessen mit einem zweiten Pinsel fortfahren. Der erste feuchte Pinsel muss absolut trocken sein, bevor er wieder eingesetzt wird!
  3. Alle drei Seiten des Rahmen kontrollieren und nachbearbeiten: Die Ebene, auf die frontal geschaut wird, ebenso den Rand „nach hinten“ sowie den Rand „zum Glas“ mit Schlagmetall bedecken.
  4. Risse und Löcher im Schlagmetall mit zusätzlichen, kleinen Stücken (oder überlappenden größeren Stücken) ausbessern.
  5. Ein Finish auftragen: Klarlack oder eine andere Versiegelung, die die Oberfläche abdichtet und im Alltag schützt.

Rahmen silber gestalten

Die Fotos der Finissage nahm mein Mann auf, vielen Dank dafür.

Diesen Beitrag verlinke ich bei CreaDienstag, DienstagsDinge, HandmadeOnTuesday Maleviks Rosengarten.