aufmerksam

Später. Das heben wir uns für einen besonderen Moment auf.

Vor Kurzem haben mein Mann und ich erlebt, was es bedeutet, sich „etwas Besonderes für später aufzuheben“: Der Likör meines Mannes verlor an Geschmack und verwandelte seine Konsistenz, meine raffinierten Teemischungen aus dem Urlaub dienten als Zuhause für winzige Lebensmittelschädlinge. Seitdem herrscht nach einer Vorrats-Razzia ein strenger Essiggeruch in der Küche, der vom Auswischen der Schränke herrührt.

Wer kennt das nicht? Die teuren Pralinen warten auf Ehrengäste, der besondere Wein auf einen romantischen Augenblick, die afrikanischen Gewürze aus den Flitterwochen auf ein passendes Gericht. Und was passiert? Während der Alltag uns im Griff hat, gehen die „Schätze“ im Vorratsschrank den Weg alles Irdischen und Vergänglichen. Bis wir eines Tages feststellen, dass die Leckereien an Aroma eingebüßt haben und besser zeitnah genossen werden sollten.

In diesem Sinne plädiere ich dafür, Gutes zu genießen, wenn es uns erreicht.  Nicht einen Grund zum Feiern abwarten: Wir brauchen keinen Arbeitsvertrag für unseren Traumjob unterschreiben, den Umzug in die neue elegante Wohnung vollziehen, die nächste Beförderung erleben, das erste Hochzeitsjubiläum bevorstehen haben, um etwas Schönes zu zelebrieren.

Das Leben ist hier und jetzt genießenswert. Die anwesenden Gäste sind die Ehrengäste. Die Partnerin / der Partner ist auch ohne Jubiläum oder inszenierte Romantik meine Aufmerksamkeit wert.
Jenseits von neuen Erfolgserlebnissen und vorzeigbaren Aufstiegen in finanzieller oder sozialer Hinsicht dürfen wir uns selbst so wertschätzen, dass wir uns einen kulinarischen „Schatz“ gönnen.

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aufmerksam, glaubhaft

Buchempfehlung: „DAS GROSSE LOS“ von Meike Winnemuth

Mangroven

„Aber ich schweife ab. Was ich eigentlich erzählen wollte, weil es mir hier wieder in den Sinn gekommen ist: die Paradies-Übung. Dies war Teil einer Session, die eine Psychologin auf der Basis von Barbara Shers Buch „Wishcraft“ mit mir für den Artikel gemacht hat.
>Was würden Sie tun, wenn alles, absolut alles möglich wäre, ohne Rücksicht auf Zeit, Raum, Geld oder Logik? Wie würden Sie leben? Was würden Sie den ganzen Tag tun?<
Ich musste mir in allen Einzelheiten meinen perfekten paradiesischen Tag ausmalen. Mach das mal, das bringt unglaublich viel Spaß! Meiner ging, stark verkürzt, so:
(…)
>Sehr nett,< sagte die Psychologin. >Und wie sieht der Tag danach aus?<
Und wie, fragte sie weiter, die ganze Woche, der Monat, das Jahr? Das Spannende war: Je länger der Zeitraum wurde, desto realistischer wurden meine Spinnereien. Immer noch weit genug entfernt von meinem Leben, aber gleichzeitig auch eine Essenz treffend von dem, was ich liebe: Freiheit, das gemeinsame Nachdenken mit anderen, das Neue, das Querverbinden. An einem gewissen Punkt habe ich gesagt: Ich will eigentlich gar nichts Bestimmtes, vergessen Sie Clooney und Rickman. Aber ich will, dass mir etwas passiert. Ich will, dass mich das Leben überrascht.
>Dafür könne Sie was tun,< sagte die Psychologin.
Und das ist wahr.“

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Die Journalistin Meike Winnemuth gewinnt bei  „Wer wird Millonär?“ mit Günther Jauch 500 000 Euro. Von diesem Geld möchte sie ein Jahr lang jeden Monat in einer anderen Stadt verbringen, mitten unter Ortsansässigen, und damit jeden Monat in einen anderen Alltag schlüpfen. Um jeweils für eine Etappe ihres Wegs in einer anderen Kultur eine neue Version ihrer selbst zu erleben.

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„Völlig gerührt saß ich hinterher in der Sonne vor dem Museumscafé, dachte über die Vogels nach und über Doris Duke. Die eine wie die anderen haben nichts anderes getan, als ihrer Intuition zu folgen. Etwas Fremdes, Aufregendes, unerklärlich Schönes hat zu ihnen gesprochen, und sie haben ganz einfach hingehört. Und sich anstecken lassen.
Genau so geht das richtige Leben, dachte ich: Finde heraus, was du liebst, und mach es dann. Das sagt sich so leicht und lebt sich so schwer, aber hier, in Hawaii, an diesem Tag, schien es plötzlich wahnsinnig einfach.“

„Man darf sein Leben nicht damit verschwenden, Erwartungen zu erfüllen. Nicht einmal die eigenen. Es ist erstaunlich, wie wenig man wirklich muss, wenn man mal ernsthaft darüber nachdenkt.
Man hat jederzeit das Recht, die Regeln, die man sich selbst aufgestellt hat, zu ändern.“

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In einem Brief aus Kopenhagen an ihr jüngeres Ich:
„Aber ich will Dich nicht verwirren. Ich erzähle Dir das nur, um mir selbst etwas bewusst zu machen: In Deinem Alter hatte ich keine Ahnung, wie die Welt in meinem Alter aussehen würde. Wenn ich mir überlege, was sich in den letzten 35 Jahren alles verändert hat, wird mir klar: Ich habe nicht den leisesten Schimmer, was in den nächsten 35 Jahren passieren wird. Ich weiß nur: Ich will dabei sein. Mit jedem Tag mehr auf dieser Erde finde ich sie sensationeller, überwältigender, unglaublicher.
Ich schreibe Dir diesen Brief von einer Weltreise. Dass ich sie mache, habe ich nicht geplant. Ich habe nicht darauf hingearbeitet, es hat sich so ergeben.Wie sich auch alle anderen wichtigen Ereignisse in meinem Leben irgendwie ergeben haben. Und deshalb möchte ich Dir eines zu Deiner Beruhigung sagen: Du musst Dir nicht die geringsten Gedanken um die Zukunft machen, die kommt von allein. Du machst das alles ganz richtig so, auch wenn Du nicht weißt, was das alles soll. Und ob es einen Sinn hat. Das mit dem Sinn kommt auch von allein. Ich bin vorhin am Assistens-Friedhof vorbeigeradelt, am Grab des Philosiophen Søren Kirkegaard. Der hat zu diesem Thema alles gesagt, was man wissen muss:
>Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.<“

Packender, humorvoller Reisebericht und philosophische Einladung an das Leben zugleich:
„DAS GROSSE LOS“ von Meike Winnemuth, btb-Verlag

 

Die Fotos stammen von unserem Ausflug in die Mangroven auf Zanzibar, Tanzania.
Wer das passende Lied sucht: „Toes“ von der Zac Brown Band

aufmerksam, glaubhaft

Mit Gottes Wort von Tag zu Tag

In der Küche der Schwiegerfamilie hängt ein Abreisskalender mit einem Bibelvers pro Tag.
Als ich verschlafen daran vorbei lief, las ich:
„Mit Gottes Wort von Tat zu Tat“

Das erschien mir logisch und sinnvoll, da ich es liebe, „von Tat zu Tat“ unterwegs zu sein. Ich schaffe sehr viel an einem Tag und werde dafür von anderen wertgeschätzt – was dazu beiträgt, dass ich umso mehr tue, um meinem Ruf gerecht zu werden: Arbeitskolleginnen, Freundinnen, Familienmitglieder und Ehrenamtliche aus der Kirchengemeinde – sie alle freuen sich, wenn ich viel leiste und nach dem offiziellen Feierabend im privaten Rahmen Ideen für verschiedenste Projekte liefere und am Besten auch gleich umsetze.
Was aber, wenn nach all der Zeit mit Höchsttempo und großem „Output“ das Motto stattdessen „kaputt“ lautet? Wenn ich mich nach Ruhe und „Input“ sehne? Wenn ich mir bewusst eine Auszeit nehme, um mich um mich selbst zu kümmern statt ständig um andere – wie sieht es dann aus mit dem Motto „Schwungvoll von Tat zu Tat“?

Später stellte ich fest, dass der Kalender tatsächlich den Titel „Mit Gottes Wort von Tag zu Tag“ trägt.
Wie angenehm.
Wie erleichternd.
Wie entspannend.
Wie befreiend.
Wenn ich nach einer intensiven Zeit des Aktiv-seins jetzt einfach mit Gott von Tag zu Tag gehen darf – völlig egal, wie viel „Tat“ denn an einem „Tag“ geleistet wird.
Gibt es ein größeres Geschenk?

 

 

Schafe

Und wenn die „Tat des Tages“ nur aus Kuscheln besteht: Schafe finden das völlig legitim.
Wir auch?

aufmerksam

Plädoyer für eine Hochzeit nur zu Zweit

DeichLeuchtturmUnsere Standesamtliche Trauung auf dem Pellwormer Leuchtturm habe ich absolut genossen.
Es ging um uns beide, und nur um uns.
Die Formalitäten hatten wir längst von Hamburg aus erledigt, zwei Tage vorher besuchten wir den Standesbeamten in Tammensiel, dem einzigen Ort der Insel, und schnackten locker mit ihm, während wir das Finanzielle regelten.
Am Tag unserer Hochzeit radelten wir ganz entspannt nach Tammensiel, um dort frische Erdbeeren und Rosinenbrötchen sowie einen kleinen Strauß zu besorgen.
Danach saß ich in aller Seelenruhe, dick mit Sonnencreme beschmiert, am Meer und naschte Erdbeeren, während mein (Noch-)Verlobter meinte, noch mal kurz ins Dorf zurück fahren zu wollen, um etwas umzutauschen. Als ich langsam unruhig wurde, vertrieb ich mir die Zeit damit, durch Wiesen und Hecken zu krabbeln und Blumen zu pflücken, um den kleinen Strauß aus dem Supermarkt zu einem hübschen, sommerlichen Strauß umzuarbeiten.
Frisch geduscht, umgezogen und leicht geschminkt verließ ich mit meinem Liebsten das kleine Hotel, nur um wenige Meter nebenan vor dem Leuchtturm auf den Beginn der Trauung zu warten.
Während der Zeremonie mit dem Standesbeamten und dem Kapitän auf dem neunten Stock des Turms konnten wir uns ganz und gar auf uns konzentrieren – niemand quengelte, niemand rutschte gelangweilt herum, niemand heulte, niemand flüsterte, niemand schlich auf Toilette, niemand verfluchte seine Kamera, niemand war enttäuscht über das Fehlen von Wer-weiß-was. Großartig!
Die Sonne schien, der Wind blies, wir befanden uns weit über allem und es zählte nur das „Wir“.
Im Anschluss sprangen wir vor der auf dem Stativ stehenden Kamera herum und nahmen per Selbstauslöser viele schöne, unbeschwerte, glückliche, leichte, humorvolle, bunte und temperamentvolle Bilder auf.

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PellwormWinzig

 

Ich empfehle es aus vollstem Herzen, bei all dem Hochzeits-Kladderradatsch an sich selbst und die eigenen Wünsche zu denken.
Sorry, Tante Evelin, aber eine intensive Zeit zu zweit zählt in der Erinnerung mehr als ein traditionelles Fest, das einfach nur an den Hauptpersonen vorbei rauscht.
Und ohne Schafe auf dem Deich geht’s schon mal gar nicht…

 

Schaf

aufmerksam

Ausflug nach Lüneburg

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Mit einer Freundin setzte ich mich in die Bahn Richtung Lüneburg, wo wir einen herrlichen sommerlichen Tag verbrachten: Häuser bestaunten, Cafés ausprobierten, „aus Versehen“ alles Mögliche in netten kleinen Geschäften kauften, an der Ilmenau entlang bummelten, Engel betrachteten.

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Die Lüner Straße am alten Kran, eins der Wahrzeichen Lüneburgs.

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Überall romantische alte Backsteinhäuser und Blüten am Weg.

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Jede Menge Manufakturen, Werkstätten und feine Geschäfte, die zum reinschauen einladen.

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Ein hölzerner Engel in einer ruhigen Ecke der Kirche.

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Ausgesprochen gut hat es mir in Lündeburg gefallen – vielleicht als Altersruhesitz, eines Tages?!

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aufmerksam

Schöne Tage in Stralsund

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Am Strand vor unserer Haustür

Mit einer guten Freundin habe ich ein verlängertes Wochenende in Stralsund verbracht und dabei Überstunden abgebummelt.
Wir hatten herrlichen Sonnenschein unterwegs und genossen die Auszeit vom Alltag:
– Entspannung in Therme und Sauna
– Fröhlich unterwegs auf Rügen: Auf der deutschen Alleenstraße nach Putbus und zum Badehaus Goor, mit abschließendem Schlenker zu einem kleinen Gutshof
– Quer durch die Stralsunder Altstadt auf der Suche nach Geschenken und schönen Dingen für uns selbst, mit Besuchen im Meeresmuseum und im Ozeaneum.
– Die Rückfahrt führte über den Darss und Fischland, wo wir es uns im Strandkorb gutgehen ließen und am sonnigen Ostseestrand spazierten.

 

P1040140Das „Badehaus Goor“ bei Putbus

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Und so sehr uns der Schnee in den Straßengräben und das morgendliche Eis auf der Ostsee überraschten: Dank milder Temperaturen, ersten Frühblühern und Sommersprossen auf der Nase lässt sich sagen: Der Frühling kommt!

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P1040186Hinter dem Gutshaus Krimvitz

aufmerksam, glaubhaft

Entspannung und Muße

„Ruhe ist für die Seele der Anfang der Reinigung.“
Basilius der Große

„Das glücklichste Los ist die Entbindung von Tun und Lassen.“
Arthur Schopenhauer

„Die Muße scheint Lust, wahres Glück und seliges Leben selbst in sich zu tragen.“
Aristoteles

„Wenn der Mensch zur Ruhe gekommen ist, dann wirkt er.“
Francesco Petrarca

 

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„Das Dasein ist köstlich, man muss nur den Mut haben, sein eigenes Leben zu führen.“
Giacomo Casanova

„Auf dem Pfad zur inneren Ruhe liegen viele weggeworfene Äußerlichkeiten herum.“
Ernst Ferstl

„Dass es so leicht ist, nichts mehr tun zu wollen. Dass es uns so schwerfällt, nichts zu tun.“
Ernst Bloch

„Der Mensch überwindet Hindernisse um endlich Ruhe zu haben, und findet dann nichts so unerträglich wie Ruhe.“
Henry Brooks Adams

 

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„William Powers empfiehlt regelmäßigen „Internetsabbath“.
Er, seine Frau und sein Sohn hätten sich bildschirmfreie Wochenenden verordnet, weil sie gemerkt hätten, dass sie zu Hause kaum noch zusammensaßen, sondern jeder nur noch an seinem Bildschirm.“

(aus: Der Spiegel 29 / 2010)

 

„Oft hilft ein drastisches Rollenspiel, dass die Einsicht von der Bedeutung der sozialen Gemeinschaft zu keimen beginnt. Die Gestressten sollen sich vorstellen, tödlich erkrankt zu sein und den Kindern einen letzten Rat mitgeben zu dürfen.
Unter solchen Umständen herrscht noch unter den nüchternsten Ingenieuren, den arbeitswütigsten Managern eine Einigkeit:
Alle, erzählt von Wahlert, würden sie empfehlen, die Arbeit nicht so wichtig zu nehmen und sich um Freunde und Familie zu kümmern. Nicht das klingelnde Mobiltelefon oder die E-Mail-Melodie beschert positive Erfahrungen, sondern Erlebnisse in der Gemeinschaft. (…)
Sozialer Kontakt gehört zum Grundbedürfnis des Menschen. „Wer es nicht befriedigt, der strandet,“ postuliert von Wahlert.

(aus: Focus 32 / 2010)

 

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„Wer Zeit zur Stille findet, stärkt seine Fähigkeit, seine Ruhe nicht zu verlieren.“
Ernst Ferstl

„Der Mensch braucht einen Platz wo seine Gedanken und Gefühle ausruhen können. Der einzige Platz, wo er Ruhe findet, ist bei Gott.“
Oswald Chambers

„Gott hat die Kirchen wie Häfen im Meer angelegt, damit ihr euch aus dem Wirbel irdischer Sorgen dahin retten und Ruhe und Stille finden sollt.“
Johannes Chrysostomus

„Keine Ruhe ist großartiger als die in Gott.“
Hermann Heinrich Grafe