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Gerechtigkeit für Frauen

„Frauen, wehrt euch!“, forderte die Schriftstellerin Sibylle Berg in ihrer Kolumne auf „Spiegel Online“:
„Bitten Sie nicht um Einsicht und Anerkennung, bitten Sie nicht um Gleichberechtigung, um die Gleichheit aller Menschen, um Respekt und all die schönen Dinge – nehmen Sie sich all das!“

Alltags-Sexismus ist nur ein Symptom.
Die Krankheit heißt: fehlende Gleichberechtigung.
Das Heilmittel: mehr Frauen in Führungspositionen, die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen für gleiche Arbeit, familienfreundlichere Arbeitsbedingungen, eine ausreichende, bedarfsgerechte Versorgung mit Betreuungsplätzen und Ganztagsschulen.
Und nicht zuletzt:
Väter, die genauso oft putzen, einkaufen, kochen und Kinderkotze wegwischen wie Mütter.
Erst dann, wenn es normal geworden ist, dass Männer und Frauen sich Macht, Privilegien und Familienpflichten teilen, wird sich das Thema Sexismus erledigt haben.

Die fünfte Erkenntnis verdanke ich einem Freund, Vater von drei Mädchen:
„Männer, fragt euch, bevor ihr den Mund aufmacht,
wie ihr reagieren würdet,
wenn ein anderer Mann so mit eurer Tochter spricht.
Dann wisst ihr, was geht und was nicht.“

 

 

sagte Julia Karnick in der „Brigitte“, Ausgabe 6/2013

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Mutterschaft? Für mich keine Option

Dies ist ein pointierter, gesellschaftskritischer Beitrag zur aktuellen Diskussion bezüglich der Stichpunkte „Wie weit sind wir in der Gleichberechtigung der Geschlechter gekommen?“ sowie der Frage „Lassen sich Familie und Berufstätigkeit für Frauen befriedigend verbinden?“
Ja, dieser Artikel ist einseitig.
Ja, er ist hart.
Ja, das mute ich meinen LeserInnen zu.

Ich liebe Kinder.
In der Praxis.
Außerhalb liebe ich es, mich zu entfalten und all das zu tun, was meiner Kreativität und meiner Lebenslust entspricht.
Ich bin täglich einen Großteil des Tages Vollblut-Therapeutin und gebe mein Bestes für kleine und große Patienten – aber meine Freizeit ist für mich unantastbar und ich stehe zu meinem Motto „Double income, no kids“.
Dabei finde ich es überaus unangebracht, wenn ich für meine Aussage „Kinder kriegen kommt in meinem Lebensplan nicht vor“ schief angeschaut werde und höre:
„Aber es passt so zu dir, mit Kindern umzugehen! Die Sehnsucht nach Familie kommt sicher noch, warte mal ab.“
Besten Dank! So sehr ich Menschen liebe: Es reicht mir völlig, eine unterbezahlte Logopädin zu sein. Unbezahlt Mutter spiele ich sicher nicht.

Dazu Caitlin Moran:
Dass Männer nie gefragt werden, wann sie Kinder wollen, liegt natürlich daran, dass Männer auch mit Kind im Großen und Ganzen ihren Stiefel weiter durchziehen und durchziehen können. So tickt unsere Gesellschaft eben immer noch.
(…)
Die Wahrheit ist: Wenn Frauen darauf angesprochen werden, wann sie Kinder wollen, schwingt eine ganz andere, hinterhältigere, aber wesentlich treffendere Frage mit. Wenn Sie genau hinhören, störende Geräuschquellen beseitigen und allen Anwesenden mit dem Finger auf den Lippen bedeuten, mucksmäuschenstill zu sein – dann können Sie sie hören.
Sie lautet: „Wann werden Sie sich wegen ein paar Blagen Ihr Leben versauen?“
Wann hängen Sie ihre Karriere freiwillig für mindestens vier Jahre an den Nagel -und zwar ausgerechnet in einem Alter, in dem die eigene Attraktivität, Kreativität und Energie normalerweise Höchstwerte erreicht -, indem Sie ein Baby in die Welt setzen? Wann werden Sie all Ihre Talente und Ambitionen auf Eis legen und sich rund um die Uhr um die Bedürftigkeit eines hilflosen Neugeborenen kümmern, ganz wie es sich übrigens gehört und schön ist?
Wann beenden Sie Ihre Karriere als Schauspielerin/Musikerin/Autorin/Managerin? Wann werden die ersten Löcher in Ihrem Lebenslauf auftreten?
Wann geraten Sie erst ins Hintertreffen und dann in Vergessenheit?
DÜRFEN WIR POPCORN KAUFEN, ES UNS GEMÜTLICH MACHEN UND DABEI ZUGUCKEN?

Wenn jemand eine Frau fragt: „Wann wollen Sie Kinder haben?“, fragt er in Wirklichkeit immer: „Wann sind Sie weg vom Fenster?“

Wobei interessanterweise standardmäßigWann wollen Sie Kinder bekommen?“ gefragt wird und nicht etwa: „Wollen Sie eigentlich Kinder?“ (…)
Den Frauen, die sich gegen Kinder entscheiden, macht die Gesellschaft das Leben ziemlich schwer. Es wird nicht gern gesehen, wenn eine Frau sagt: „Ich will keine Kinder.“ oder: „Also ehrlich gesagt klingt mir das alles ein bißchen zu heftig.“
Wir werfen diesen Frauen vor, sie seien „egoistisch“. Gleichzeitig ruft das Wort „kinderlos“ negative Assoziationen hervor, die allesamt mit Mangel und Verlust zu tun haben. In unserer Vorstellung sind Nicht-Mütter wie drahtige einsame Wölfinnen – immer auf dem Streifzug und genauso unberechenbar und gefährlich wie Halbstarke. Oder Männer. Wir geben diesen Frauen das Gefühl, sie würden spätestens mit Mitte, Ende dreißig ihre eigene Lebensgeschichte mutwillig abbrechen, wenn sie „ihrer eigentlichen Bestimmung“ nicht nachkommen, sprich: sich gegen Kinder entschließen.
Männer wie Frauen hängen immer noch einem sich sehr hartnäckig haltenden Irrglauben an: dass nämlich eine Frau ohne Kind irgendwie unvollständig ist. Damit sind nicht etwa die biologischen Fakten gemeint – Fortpflanzung und Weitergabe der eigenen DNA als Daseinszweck jedes Lebewesens -, sondern dahinter steckt eine Unterstellung auf der persönlichen Ebene.
Eine hinterhältige, erniedrigende Unterstellung.
Sie besagt, dass eine Frau so lange ein Kind bleibt, bis sie selbst Kinder hat – und dass sie grundsätzlich erst dann zum Erwachsenenstatus „heranreift“, wenn sie ein junges Wesen auf die Welt gebracht hat. Dass es bestimmte Lebenslektionen gibt, die einzig und allein die Mutterschaft vermitteln kann – und dass jeder andere Versuch, zur entsprechenden Weisheit und Selbsterkenntnis zu gelangen, zwangsläufig nur ein mickriger, erbärmlicher Abklatsch ist. (…)
Das Alter hält für Frauen in der Regel weder Ruhm noch Ehre bereit – anders als Blake Carrington haben wir nichts, worauf wir uns freuen können. Unser großer Auftritt ist mit Ende der Brutpflege vorbei. Die Frauenfeindlichkeit – und Idiotie -, die hinter dem Ganzen steckt, verschlägt mir die Sprache.

Denn dieses Dekret, jede Frau müsse irgendwann zur Mutter werden, ist, bei Licht betrachtet, ziemlich absurd. Wer sich ein bißchen umschaut, der sieht sofort, dass es überall reichlich Babys gibt. Es ist wahrhaftig nicht nötig, dass wir alle welche in die Welt setzen.
Vor allem nicht in die Erste Welt. Erste-Welt-Babys verbrauchen Unmengen an Erdöl, Holz und Wasser; sie erzeugen gewaltige Müllberge und tragen mit jedem Bäuerchen zum Anstieg der Kohlendioxidbelastung bei.
(…)

Kein Mensch hat je ernsthaft behauptet, dass kinderlose Männer arm dran sind, einen integralen Teil ihres Mannseins verpassen und auf Dauer zu seelischen Krüppeln werden.
Da Vinci, van Gogh, Newton, Faraday, Platon, Thomas von Aquin, Beethoven, Händel, Kant, Hume, Jesus. Die sind offenbar alle auch ohne Kinder ganz gut klargekommen.
Jede Frau, die sich ganz bewusst, aus freien Stücken und leichten Herzens gegen Kinder entscheidet, erweist ihrem Geschlecht langfristig einen Gefallen. Wir brauchen mehr Frauen, die sich als Mensch behaupten, anstatt sich damit abzufinden, dass ihre Wertschätzung einzig und allein davon abhängt, ob sie mindestens einen neuen Menschen in die Welt setzt. Fünfzig Prozent dieser neuen Menschen sind wiederum Frauen, die sich womöglich wiederum damit abfinden, dass ihre Wertschätzung einzig und allein von der Frage abhängt, ob sie mindestens einen neuen Menschen in die Welt setzen. Undsoweiter undsoweiter undsoweiter……
Mutterschaft ist eine unglaubliche Berufung. Und trotzdem darf der Entschluss, dieser Berufung zu folgen, nicht automatisch höher bewertet werden als die Entscheidung einer Frau, auf Kinder zu verzichten und weiterhin ein selbstbestimmtes, den eigenen Neigungen und Talenten entsprechendes Leben zu führen. (…)

Für mich sind meine Kinder ein unglaublich wichtiger Teil meines Lebens. Trotzdem muss ich Ihnen eines sagen: als ich neulich in einer Ausstellung über Coco Chanel war, habe ich spontan gedacht, dass ihr Leben und Werk eine ganze Ecke beeindruckender ist als mein bisheriges. Es ist mir wichtig, das an dieser Stelle ganz offen zuzugeben.
Wenn Sie also wahnsinnig talentiert sind und überhaupt nicht der Gluckentyp – warum gehen Sie dann nicht einfach ihren Weg und genießen das Leben in vollen Zügen?
Inzwischen ist schließlich allgemein bekannt, dass sich durch aufopferungsvolle Plackerei kein Blumentopf gewinnen lässt.
Jesus führt kein Heiliges Märtyrerinnennotizbuch, in dem er jedes Mal einen Strich macht, wenn Sie einen Babyhintern abputzen.

aus: Caitlin Moran, „how to be a woman – WIE ICH LERNTE, EINE FRAU ZU SEIN“

 

Kinder sind großartig und ein Geschenk Gottes.
Wer mit Freuden freiwillig schwanger wird und Kinder bekommt: Genießt es. Mein Leben wäre ohne Kinder (d.h. die Kinder anderer Eltern) bedeutend farbloser und langweiliger.
Der Punkt ist: MEINS ist die Mutterschaft nicht.

 

Dazu passt ebenfalls dieser Artikel, den ich vor fast einem Jahr zitiert habe und bis heute sachlich und stimmig finde.

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Ein Satz, der mich erfreut – Fünfter Teil

Eine ältere Dame sagte nach dem Gottesdienst zu mir, nachdem sie einige Bedenken in Bezug auf eine Angelegenheit geäußert hatte:
„Ach, aber du bist ja emanzipiert. Du gehst schon deinen Weg!“

Ich finde es herrlich zu beobachten, wenn sich ältere Damen von ihren Pantoffelhelden distanzieren und entdecken, was sie sich noch vom Leben wünschen, während sie kräftig die junge weibliche Generation unterstützen…

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Equal Pay Day – Gleichstellung am Bankautomat

„Das Prinzip der Gleichstellung von Frau und Mann ist seit 1981 in der Schweizer Bundesverfassung verankert. Trotz der 32jährigen gesetzlichen Pflicht sind die Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau in der Schweiz immer noch frappant:
Für die gleiche Ausbildung, Leistung und Position verdienen Frauen rund 20% weniger als Männer. Die Zürcher Frauenzentrale lässt anlässlich des Equal Pay Day Switzerland für einmal Männer spüren, wie sich finanzielle Diskriminierung anfühlen kann.“

Ein Mann sucht einen Bankautomaten auf und erhält 20% weniger Geld als angefordert.
Er wundert sich.
Ein Mann sucht einen Bankautomaten auf und erhält 20% weniger Geld als angefordert.
Er reagiert verwirrt.
Ein Mann sucht einen Bankautomaten auf und erhält 20% weniger Geld als angefordert.
Er zeigt seine Wut darüber.

Dazu das Video und die Quelle des Zitats oben,

gefunden auf „Watch Salon“.

 

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Buchempfehlung: „Die Geschlechterlüge“ von Cordelia Fine

Aus dem Klappentext:

Viele bekannte populärwissenschaftliche Bestseller behaupten auf der Basis neurowissenschaftlicher Untersuchungen:
Männer und Frauen haben unterschiedliche Gehirne und daher unterschiedliche Begabungen. Vermeintliche natürliche Unterschiede werden aufgebaut und dienen als Erklärung für gesellschaftliche Rollenstereotype.
Cordelia Fine entlarvt, wie unter dem Deckmantel der Wissenschaft schlampige Untersuchungen, oberflächlich gedeutete Forschung und vage Beweise zu angeblichen Tatsachen gemacht wurden. Sie zeigt, wie unser Leben als Mann und Frau stark von geschlechtertypischen Erwartungen und Vorurteilen beeinflusst wird, selbst wenn wir sie nicht gut heißen. Und welch subtile Macht Stereotype ausüben können.
Das Einzige, was wissenschaftlich bewiesen ist: Es gibt eine neuronale Plastizität.
Unser Gehirn entwickelt sich vor allem durch psychologische Einflüsse, Erfahrungen und Tätigkeiten.
Und für Männer und Frauen gilt: Alles ist möglich!

Dieses Buch lese ich mit großem Gewinn, allerdings recht langsam, da es sich um eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien und deren Auswertung handelt.
Es ist gut geschrieben und inhaltlich überzeugend, da ihm sämtliche Effekthascherei fehlt, die sonst derartigen Büchern zu Eigen ist.
An vielen Stellen wird deutlich, wie der Status Quo aufrecht erhalten wird, indem Geschlechterstereotype wiederholt wiederholt wiederholt werden. -Und offensichtlich viele Zeitgenossen in „unsicheren Zeiten wie diesen“ nach einem Anker suchen und ihn in uralten Vorurteilen über das andere Geschlecht (besonders hartnäckig und abwertend Frauen gegenüber) finden. Wie schön, dass dieser Welt doch eine (selbstgefertigte) Ordnung zu Grunde liegt – und sei sie noch so unheilvoll für die Hälfte der Weltbevölkerung.

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One Billion Rising – Schluss mit der Gewalt gegen Mädchen und Frauen

One Billion Rising ist eine weltweite Bewegung von Frauen für Frauen, die im September 2012 von der New Yorker Künstlerin und Feministin Eve Ensler initiiert wurde. Die Kampagne fordert ein Ende der Gewalt gegen Frauen sowie Gleichstellung und Gleichberechtigung.

Für den Valentinstag 2013, am 14. Februar, werden weltweit eine Milliarde (=USA-Zahl: „Billion“) Frauen zu Streiks und Protestkundgebungen aufgerufen. Indem sie ihre Häuser, Geschäfte und Arbeitsstellen verlassen und gemeinsam öffentlich tanzen, wollen sie ihre Solidarität und gemeinsame Kraft demonstrieren. Das Ereignis ist auch der 15. Jahrestag der V(agina)-Day-Aktionstage gegen Gewalt gegen Frauen (victory over violence). Die „Milliarde“ hat im Hintergrund die statistische Aussage, dass ein Drittel aller Frauen und Mädchen in ihrem Leben Opfer von Vergewaltigungen oder Misshandlungen werden.

Die Aktion wurde von Ensler initiiert, nachdem sie mit der Veröffentlichung der „Vagina-Monologe“ schon den Anstoß für die V-Day-Aktionstage gab Einer der Auslöser für ihren Aufruf waren im August 2012 die kontroversen Äußerungen des US-amerikanischen Politikers der Republikanischen Partei Todd Akin über „legitimate rape“ (rechtmäßige Vergewaltigung), die sie mit einem offenen Brief beantwortete.

Bis zum 20. September 2012 hatten Menschen aus 160 Ländern ihre Beteiligung an den Aktionen zugesagt.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/One_Billion_Rising

 

„Dance is holy, sexual, and it’s a way of being very powerful and a little dangerous without being violent.“

Eve Ensler

 

Ein tolles Video von Eve Ensler zu der Aktion ist zu finden unter
Break the chain

Und zum Mitmachen in Hamburg:
One-billion-rising-events-in-hamburg

 

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Reportage „Die Herrschaft der Männer“

Bis zum 14. 03. 2012 ist in der Mediathek von arte die Reportage „Die Herrschaft der Männer“ zu sehen. Näheres dazu ist (auf französisch) zu finden unter http://www.ladominationmasculine.net/

Dazu der Sender:
Am 6. Dezember 1989 betritt ein Mann die École Polytechnique in Montreal. Er dringt in einen Hörsaal ein, zieht eine Waffe, befiehlt den jungen Männern, den Saal zu verlassen, und kündigt an, alle anwesenden Frauen zu erschießen – im Namen seines Hasses auf die Frauen und vor allem auf die Feministinnen. Dann setzt er seine Jagd auf Frauen in den Korridoren der Hochschule fort und tötet 14 Studentinnen. Danach verübt er Selbstmord. Der von ihm hinterlassene Brief ist Zeugnis seines Hasses auf die Frauen, die den Platz der Männer in der Gesellschaft einnehmen.
Ausgehend von diesem Extremfall, untersucht der Dokumentarfilm die vielfältigen Erscheinungsformen von Frauenfeindlichkeit in der westlichen Welt. Dabei zeichnet sich ein kulturelles Kontinuum ab, das vom Bild der Frau in der Werbung bis zu körperlicher Gewalt, von der frühen Vermittlung von Geschlechterrollen durch Spielzeug bis zur Diskriminierung am Arbeitsplatz reicht. Kaum zu glauben, dass im 21. Jahrhundert Männer die Rückkehr zu den uralten Werten des Patriarchats fordern, denen zufolge Frauen an den Herd und Männer an die Macht gehören. Erstaunlich auch, dass gebildete junge Frauen einen „dominanten Partner“ suchen.
Diese Tendenzen mögen auf den ersten Blick randständig erscheinen. Doch der Dokumentarfilm belegt, dass sich hinter der Illusion von der Gleichheit der Geschlechter ein Abgrund an täglichen Ungerechtigkeiten auftut. Solange Kinder in Geschlechterstereotypen erzogen werden, setzt sich wie selbstverständlich eine frauenfeindliche Ungerechtigkeit fort. Aus dem allgemeinen Gefühl heraus, das Geschlechterproblem sei gelöst, werden die Langsamkeit der Fortschritte und die Vielzahl der Rückschläge kaum wahrgenommen.

Zitat aus der Reportage: „Hierzulande ist mit einem Blick auf die Statistik festzustellen, dass alle drei Tage eine Frau an den Schlägen ihres Mannes stirbt. Alle drei Tage. Eine Frau.“

Quelle: http://videos.arte.tv/de/videos/die_herrschaft_der_maenner-6449552.html

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„Das Schmuckstück“ oder: Wie lange braucht es noch, bis die Emanzipation der Frau vollzogen ist?

Heute war ich mit meinen Hauskreis-Freundinnen im „Magazin“ (Fiefstücken), um „Das Schmuckstück“ von Francois Ozon mit Catherine Deneuve zu sehen. Abgesehen von dem Personenkult um „la Deneuve“ und die übertriebene Theatralik ein guter Film.
Auf dem Heimweg fragte ich mich:
Wie lange dauert es noch, bis die Emanzipation der Frau a) deutlich vorwärts geht und b) vollendet ist?
Ich hoffe, dass ich erst sterbe, wenn Frauen alle Möglichkeiten der Welt offen stehen – muss aber pessimistisch mit weiteren Jahrzehnten, in denen es einen Schritt vor geht und zwei zurück, rechnen.
Ja ja, Frauen können heute tun und lassen, was sie wollen.
Sagt man.
Hört man.
Dass dem nicht so ist, sieht jede/jeder, wohin sie/er auch schaut. In Wirklichkeit hören die Zwänge, wie eine Frau leben soll, nicht auf – alte Zwänge werden durch neue ersetzt, nichts bewegt sich. Und was sich bewegt, wird in den nächsten Jahren wieder rückgängig gemacht.

Dass vorrangig die Mütter ihre Kinder in die logopädische Praxis begleiten, finde ich bedauerlich und gleichzeitig typisch. Wenn dann doch einmal „aus Versehen“ der Vater das Kind bringt, läuft das meist wesentlich holpriger und emotional kühler ab. Zwar frage ich die Väter grundsätzlich genauso wie die Mütter vor Beginn der Stunde, wie die häuslichen Übungen während der Woche klappten. Trotzdem kann ich davon ausgehen, dass die Väter keine Ahnung haben und sich durch meine Frage auch nicht verleiten lassen, sich pädagogisch mehr zu investieren.

Schade, dass den Männern meiner Generation dieses Thema so egal ist.
Und schade, dass wir jungen Frauen ebenfalls nicht richtig wissen, wie wir es anpacken sollen.
Umso angenehmer, wenn es Menschen wie den Phoniater Dr. Graf von Waldersee gibt, der ein interessantes Buch über „Gewalt und die zu hohe Stimme der Frau“ geschrieben hat. Ein Arzt, der mich als (unter ihm stehende) Logopädin zurück ruft, sich Zeit nimmt, am Austausch interessiert ist und mir „noch einen schönen Mai“ wünscht. So heute geschehen.
Inwieweit er auch im beruflichen Alltag eine Lanze für Frauen bricht, weiß ich nicht.
Aber so zugewandte, intelligente Männer gibt es selten. Wenn es mehr davon gäbe, wäre die Mission der weiblichen Emanzipation wesentlich leichter zu bewältigen.